Leistungsdiagnostik bei einem (sehr starken) Zeitfahrer!
Was kann man da erwarten?
Sehr spannendes Thema heute auf SpeedVille :-)
Welche Werte (Laktat, Watt, HF) sehen wir gleich bei einem, der bereits das ein oder andere Zeitfahren in der Jedermannszene gewonnen hat?
Einer, der beim King of the Lake knapp über 1:01 h gefahren ist?
Unser Coach & Leistungsdiagnostiker Kenny war die Tage bei Jörg zu Besuch zur Leistungsdiagnostik – im Folgenden ein sehr interessanter Bericht und Einblick in eine „beeindruckende“ Zahlenwelt…
Leistungsdiagnostik bei Zeitfahrer Jörg
Von Kenny Abel
Interessante Passagen im Video:
- ab 10:00 – an wem sich Jörg in der TT Szene orientiert (Sebastian Giesert etc.)
- ab 14:20 – Krass: Bei 200w sinkt bei Jörg der Laktatwert wieder
- ab 16:15 – 90er Kadenz ist das neue 85
- ab 17:30 – bärenstark: 130 HF bei 300w
- ab 21:00 – HRV bei Jörg gemessen mit Whoop
- ab 26:20 – Painzone mit 450 Watt
- ab 32:00 – aktuelle FTP bei 330-335w
- ab 34:00 – Laktat baut sich noch etwas langsam ab
So ihr Lieben,
Jörg ist bei uns seit vielen Monaten im Coaching und ich konnte mich von seiner Leistung schon persönlich beim Eifel BikeCamp überzeugen.
Was die Zusammenarbeit mit Jörg sehr angenehm macht, ist, dass Jörg nicht nur bockstark auf dem Bike und sehr diszipliniert beim Training ist – er ist auch ein verdammt netter Kerl.
Ein paar Eckdaten zu Jörg.
Jörg’s Steckbrief
- Jahrgang: 1978
- Größe: 184cm
- Gewicht: 76,3kg
- ø Trainingsvolumen:9,5h pro Woche (7-12h je nach Trainingsphase)
- Platzierungen in 2021 (Auswahl):
- Sieg TT Auringen
- Sieg TT Aartal
- Sieg TT Göttingen
- 2. Platz TT Würges
- KOTL 2021 – 01:01:37h (7. Platz Liveergebnis)
Wie haben wir mit Jörg trainiert?
Das Training in diesem Jahr war aufgebaut aus Intensiven Einheiten (hauptsächlich SST und VO2max Intervalle) und Grundlageneinheiten am Wochenende.
Durch seine berufliche Tätigkeit (selbstständig) hat Jörg zwar die Möglichkeit jeden Tag zu trainieren, allerdings nur für ein Fenster von 60min. Das ist für unsere Ziele und die Events, die für Jörg im Fokus sind aber kein Problem.
Schließlich geht es beim Zeitfahren um eine möglichst schnelle Zeit und daher viel hochintensive Belastungen auf dem Rennrad.
Die ersten Monate starteten wir mit einem Anteil von 1-2 Intervalle in der Woche (vermehrt Schwellentraining) und aufgefüllt mit 3-4 Einheiten Grundlage.
Ab April kamen dann die ersten VO2max Intervalle dazu und der Fokus änderte sich auf ein Intervall und eine intensive Grundlageneinheit in der Woche und moderates Grundlagentraining (L1-L2) am Wochenende.
Erster Sieg im ersten Rennen in 2021
Das erste Rennen im Mai brachte auch gleich den ersten Sieg. Danach legten wir den Fokus mehr auf die Intensität und es gab teilweise 3 Intervalleinheiten in der Woche. Basis dafür war aber eine sehr gute Grundlagenfähigkeit.
Über den Sommer wurden die Grundlageneinheiten am Wochenende durch Bergintervalle ergänzt und es gab bis zum Saisonhighlight dem KOTL einen sehr guten Aufbau der Form.
Leider hat am Wettkampftag nicht alles zusammengepasst und die Leistung, die in der Vorwoche in der Generalprobe noch gut abgerufen konnte, blieb leider aus.
Ich persönlich habe mit einer Zeit unter 60min. gerechnet und wenn alles gepasst hätte, dann wäre das sicher möglich gewesen.
Warum ist eine Leistungsdiagnostik zum Start der neuen Saison sinnvoll?
Jörg hat nach einer sehr erfolgreichen Wettkampfsaison eine kurze Saisonpause eingelegt und das freie Training genossen. Dabei gibt es keine Vorgaben zur Intensität und Umfang der Einheit.
Der Athlet soll die Zeit genießen und das System resetten.
Hier kann als Alternative auch eine komplette Sportpause eingelegt. Nach einigen Wochen im Wiedereinstieg haben wir dann die Leistungsdiagnostik durchgeführt um den IST-Zustand zu ermitteln.
Wichtig war vor allem die Ermittlung der einzelnen Trainingsbereiche um das zukünftige Training optimal steuern zu können.
Zwar schon sehr gut, aber es gibt (wie immer) noch Potenzial
Jörg verfügt über eine sehr gute Voraussetzung und sehr gute Leistungswerte. Die Saison 2021 lief schon sehr gut, aber es gibt noch Potential und das wollen wir für 2022 herauskitzeln und das Training weiter optimieren. Das Training soll beispielsweise detaillierter auf ein oder zwei Jahreshighlight periodisiert werden.
Stufentest (4 min. – 50w) – warum?
Der Leistungstest wurde als Stufentest mit einer Stufendauer von 4min und einer Steigerung von 50W gefahren. Dieses Protokoll eignet sich, um vor allem im Übergangsbereich von Grundlage zur Schwellenleistung (FTP) und darüber präzise Daten zu liefern.
Bei der körperlichen Voraussetzung von Jörg und seinem aktuellen Trainingsstand hätte eine zu geringe Steigerung der Wattstufe den Test wahrscheinlich unnötig verlängert und der Faktor Erschöpfung hätte zu großen Einfluss auf das Testergebnis gehabt.
Ergebnisse aus der Leistungsdiagnostik
Bei 450W war Schluss. Da Jörg Zeitfahrspezialist ist, sind wir den Großteil des Tests auch in der Aeroposition gefahren. Durch die begrenzte Atemfähigkeit in dieser Position wäre auf einem Straßenrad und in aufrechter Position sicherlich noch eine oder zwei Stufen mehr drin gewesen.
FatMax (194-229w)
Der ermittelte FatMax-Bereich bei Jörg liegt bei 194-229W. Das heißt in diesem Bereich findet der optimale Fettstoffwechsel statt. Darüber verschiebt sich die Energiebereitstellung mehr zum Verbrauch von Kohlenhydraten.
Die Laktatkurve von Jörg ist optimal nach rechts verschoben, d.h. bei hoher Wattleistung wird verhältnismäßig wenig Laktat gebildet und erst zum Ende des Tests steigt die Laktatkurve exponentiell an.
Bis zu einem Wattwert von 150W steigt die Laktatkurve leicht an und sinkt danach leicht wieder. Der Körper hat also bei 150-200W noch die Fähigkeit das Laktat deutlich abzubauen.
Wenig Zeit fürs Training?
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Starke Erholungsfähigkeiten
Dieser Wert ist für mich als Coach schon sehr beachtlich.
Wir stellen uns eine Attacke am Berg vor, Jörg geht mit und erholt sich nach dieser Attacke sehr effizient im Bereich von 200-250W.
Das wird für viele Fahrer bei seinem Gewicht wohlmöglich schon deutlich im höheren Grundlagenbereich sein. Basis für eine nächste Attacke. Ein Szenario, das unserem Laurin aus der Eifel noch bestens bekannt sein dürfte.
Hier ein kurzes Video von unserem Instagram Channel, wie Laurin versucht dran zu bleiben :-)
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Für Jörgs Ziele, im Einzelzeitfahren vorne zu landen, ist es auch enorm wichtig, dass sich der Körper gut von Belastungsspitzen erholt.
Im Zeitfahren gibt s natürlich viele flache Events mit wenig Steigungen.
Ist allerdings ein Event wie der KOTL auf dem Zettel, dann muss am Anstieg für einen kurzen Moment deutlich über der FTP gefahren werden und dann sollte sich der Körper im anschl. Flachstück gut erholen und Laktat aktiv abbauen.
Siehe auch unsere Blogs zum Thema Laktat mit unserem Coach Anton:
** VLAMAX: WIE DIE EXTREM WICHTIGE LAKTATBILDUNGSRATE DEINE LEISTUNG BEEINFLUSST! **
** LAKTAT VON A-Z: WIE BEEINFLUSST DER LAKTATWERT DEINE LEISTUNG IM TRAINING? **
Diese Stärken können wir rauslesen
Die besondere Fähigkeit von Jörg ist es über einen sehr langen Zeitraum, z.B. ein Zeitfahren über 45 oder 60min sehr konstant seine Leistung abzurufen.
Er ist als Fahrer nicht explosiv, kann aber längere Attacken gut mitgehen.
Im Radsport bezeichnet man die Eigenschaft als „Diesel“.
Gut geeignet ist diese Fähigkeit auch um lange von vorne zu fahren. In diesen Genuss bin ich persönlich auch an den drei Tagen im Eifelcamp gekommen und Jörg ist gefühlt an allen Tagen 90% von vorne gefahren.
Danke dafür ;-)
Wie wollen wir die Leistung von Jörg in 2022 noch verbessern?
Schritt eins ist die VO2max weiter zu steigern. Damit erreichen wir eine größere Dauerleistung und der Körper wird lernen, diese Leistung auch dauerhaft über einen längeren Zeitraum gut zu nutzen.
Schritt zwei ist die VLamax zu senken.
Der Körper soll in der Lage sein möglichst wenig Laktat zu bilden oder sehr spät damit zu beginnen. So kann Jörg noch länger in den angestrebten Wattbereichen unterwegs sein.
Unser gestecktes Ziel sind 330-335W über 60min.
Weniger Potenzial bei der Aeroposition
Wenig Optimierungsbedarf gibt es beim Material und der TT-Position.
Hier kann im Übergang von den Armen zum Oberkörper zwar noch leicht optimiert werden, aber grundlegend ist die Position auf dem Rad schon sehr aerodynamisch und das Material schon sehr weit ausgereizt.
Basis für so eine TT-Position sind regelmäßige und umfangreiche Übungen, Athletiktraining und Neuromobility.
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Meine Tipps zum schnelleren Zeitfahren
- hohe Intensität im Trainingsalltag und spezifische Vorbereitung über VO2max Training (gute Basisgrundlage)
- Aerodynamik hat sehr großen Einfluss (Fitting wichtige Voraussetzung, was ist noch fahrbar, wann leidet die Leistung auf Grund der Position, eine gute Mischung muss her) – Tipp: Kenny beim Fitting in unserem Eifel Bikecamp (hier klicken!)
- Kadenzwahl ist sehr wichtig und sollte bei 95-100 U/min liegen
- langfristig sollte die Laktatbildungsrate reduziert werden über lockeres und intensives Training (Periodisierung)
- Pacingstrategie beim Event wichtig (kurzes ZF – von Anfang Vollgas / längeres ZF – locker starten und lieber steigern (kleiner Tick unter FTP starten)
- regelmäßiges, spezifisches Training auf dem Zeitfahrrad (der Körper soll sich an die TT-Position gewöhnen)
- spezielles Stabitraining – Rumpftraining, Plank, Kniebeuge, Liegestütz
- Warmfahren inkl. Sprints, VO2 Zone 5 und hohe Kadenz >> Muskelfasern aktivieren
- Fueling Strategie – wann will ich trinken/muss ich trinken (Flasche hat großen Einfluss auf die Aerodynamik)
- keine Experimente am Renntag machen
- offene Punkte, z.B. Löcher der Kabelführung abkleben, z.B. mit Isolierband
- gelegentlich Training im Kraftausdauerbereich (Kadenz niedriger wählen) um die Pedalkraft zu trainieren
Hast du Interesse an einer Leistungsdiagnostik?
Unser Kenny kommt im Umkreis von max. 2h um Blankenburg (Harz) sehr gerne bei dir vorbei!
Zur Terminvereinbarung & Abstimmung fülle einfach unser Kontaktformular aus (hier klicken!)
Nützliche Links rund um unser Coaching
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