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Wie man seine Saison richtig strukturiert, damit die Ziele erreicht werden: 7 nützliche Tipps von Coach Kenny Abel!

by Daniel

Ausgelutscht? Kein Bock mehr aufs Training? Der ganze Aufwand für die Katz? Im Juni 2016 passte diese Beschreibung ziemlich gut zu mir. Nach einer gigantischen Vorbereitung und Motivation ohne Ende zu Jahresbeginn holte mich im Sommer das Motivationsloch ein. Ich hatte einfach kein Bock mehr aufs Rad zu steigen. Ein klassischer Fall von Übereifer: Ohne Sinn und Verstand an die Sache gegangen, viel zu intensiv begonnen, am Ende (im Juni!!) konnte ich das Trainingsvolumen nicht mehr halten. Wie man es richtig macht, seine Energie und Zeit sinnvoll aufteilt, das Training smart in den Alltag und zwischen die gesellschaftlichen Verpflichtungen integriert und am Ende der Saison seine gesetzten Ziele erreicht, darüber spreche ich mit Coach Kenny Abel.

Strukturierte SaisonplanungDer Ofen ist aus! Nix mehr drauf, außer Zahnbelag.

Nach Rund um Köln 2016 hatte ich einfach kein Bock mehr, kein Bock mehr aufs Rennrad zu steigen, keine Böcke mehr, mich nach Feierabend zu quälen. Wofür auch? Interessiert ja eh keine Sau.

Gedanken, die jeder Radsportler irgendwie kennt.

Meine Performance bei Rund um Köln war das Abbild einer unintelligenten Saisonplanung:

Viel zu früh, viel zu viel Gas gegeben (Trainingslager auf Lanzarote im Jan. mit Vollgas), dann im Anschluss deutlich zu viel Kilometer geschrubbt, ohne dass mein Körper wahrscheinlich die Belastung vertragen konnte (ich fuhr erst seit 3 Jahren Rennrad zu dem Zeitpunkt), gefolgt von einem Urlaub in Mexiko/ Kalifornien, den man natürlich machen kann, man sollte im Anschluss aber seine Erwartungen und das Training an die faktische Realität anpassen. Schlussendlich stand ich aber mit Overweight und Underschmackes und viel zu großer Klappe bei Rund um Köln am Start.

Es wurde Zeit für eine Zwischenrechnung. Und die kam. Auf letzter Rille, mit Krämpfen ohne Ende, geriet eins der schönsten Jedermannrennen im deutschen Kalender zu einer wahren Tortur. Sehr ärgerlich.

Und das musste so nicht sein.

Wie es besser ging, zeigte mir im Anschluss Coach Philipp Diegner, der mich an die Hand nahm und mir mit seinen Tipps schlussendlich noch die 2016er Saison rettete. Am Ende sprang sogar noch ein Top 50 Platz beim King of the Lake Zeitfahren bei rum. Immerhin mit einer Durchschnittsleistung von ca. 320 Watt.

Radsport macht Spaß, vor allem wenn man Fortschritt sieht.

Genau über dieses Thema spreche ich heute mit Kenny Abel von Sporformance, einem sehr, sehr sympathischen Coach & Leistungsdiagnostiker aus Hannover.

Strukturierte Saisonplanung – auf einen Blick:

– warum mit Struktur trainieren?
– Relevanz von Belastung vs. Entlastung
– wie wichtig Ziele für die Motivation sind
– ideale Saisonplanung für Hobbyfahrer
– wie kann man Training und Sozialleben kombinieren?
– Obacht bei pauschalen GRATIS Trainingsplänen aus dem Netz
– Ziele für Jedermannrennen UND Lizenzrennen

Thema strukturierte Saisonplanung: Warum macht es Sinn, nicht nur nach Gefühl zu fahren?

Eine strukturierte Saisonplanung ist der Grundbaustein für die Radsaison. Sie hilft dabei, die eigenen Leistungsressourcen sinnvoll einzusetzen und sich kontinuierlich über das Jahr zu steigern. Wenn man immer nur nach Gefühl trainiert und keine Leistungsspitzen setzt, dann wird man im Oktober genauso vom Rad steigen, wie wir die Saison im Frühjahr begonnen haben.

Auf der anderen Seite hilft uns die Struktur, im Training Verletzungen und Übertraining vorzubeugen. Durch ein strukturiertes Training kannst du gleichmäßig deine Form aufbauen und auf deine Saisonziele zusteuern. Wir wollen uns im Idealfall von Jahr zu Jahr verbessern oder ab einem Alter X auch unsere Leistung halten. Wir wollen weiter fahren, schneller fahren und noch entspannter die Pässe bezwingen. Die strukturierte Saisonplanung hilft uns dabei, unsere persönlichen Ziele zu erreichen.

Man darf nicht vergessen, dass das Training und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit ein Prozess ist, der sich über einen bestimmten Zeitraum aufbaut. Durch das strukturierte Training kann auch unsere vorhandene Zeit effizient und sinnvoll genutzt werden. Außerdem bringt es mehr Motivation mit sich und steigert so auch den Spaß beim Radeln.

Belastung vs. Entlastung

Absolut wichtig ist das Zusammenspiel zwischen Be- und Entlastung. Hier teilen sich die Jedermänner 50/50 auf. Die eine Hälfte trainiert zu hart und hat zu wenig Regeneration und kämpft spätestens im Juli gegen das Übertraining und die fehlende Motivation und die andere Hälfte trainiert zu lasch und ist frustriert über den ausbleibenden Erfolg.

Eine passende Mischung ist schwer zu finden. Hier können aber erfahrene Trainer und Sportwissenschaftler Abhilfe schaffen und das Training effizient steuern. Mit Erfahrung und Fachwissen kann die eigene Leistung auf ein neues Level bewegt werden. Eine Leistungssteigerung durch das individuelle und strukturierte Training wird das Ergebnis sein.

Warum sind Ziele so wichtig?

Wir Menschen benötigen häufig den Tritt in den Ar..h!

Ein Ziel im Radsportjahr ist im Prinzip dieser Tritt. Der Eintrag im Kalender erinnert uns regelmäßig an unser Ziel und schafft somit die Motivation für das Training.

Ein Ziel muss nicht immer ein Event sein. Das Ziel kann auch der persönliche Rekord auf der Hausrunde oder eine bestimmte Jahreskilometerleistung sein. Das Radtraining kann auch genutzt werden, um ein bestimmtes Ziel auf der Waage zu erreichen.

Ohne ein fixes Ziel wird häufig weniger oder gar nicht trainiert. Wenn ich aber weiß, dass beim Radrennen 164 km und 2.135 hm auf mich warten, dann möchte man auch entsprechend vorbereitet sein, um sich nicht nur zu quälen, sondern auch den Zieleinlauf zu genießen.

Strukturierte Saisonplanung
Laktatmessung

Wie schaut die typische Saison eines Hobbyfahrers aus? Wie plant man seine Saison richtig?

Die typische Saison des Hobbyfahrers startet im Idealfall nach einer Erholungsphase der Vorsaison im November. Hier empfiehlt es sich, in der ersten Zeit eine Leistungsdiagnostik zu machen, um auf dem IST-Stand des Trainings zu sein. Es gibt wohl nichts Schlimmeres, als Wochen/Monate lang im falschen Trainingsbereich unterwegs zu sein und sich zu überlasten oder zu entspannt zu fahren.

Man sollte die trainingsfreie Zeit nutzen und sich mit der kommenden Saison beschäftigen: Wann will ich wieder mit dem Training starten, was sind meine persönlichen Highlights in der neuen Saison?

Wir fangen also im Prinzip von hinten an: Wir erstellen uns unsere Saisonhighlights und arbeiten uns dann rückwärts zu den Monaten, von da zu den Wochen und zuletzt zu den Tagen vor.

Die klassische Jahresplanung ist der Ausgangspunkt für einen strukturierten Trainingsplan über die ganze Saison.

Danach folgt die Periodisierung.

Tapering & Aufbauphase

Hierbei werden rücklaufend vom Saisonziel die Taperingphase (2-3 Wochen vor dem Event zur max. Leistungsausprägung) und die Aufbauphase (in der Regel min. 12 Wochen vor dem Event) festgelegt.

Die Aufbauphase wird dann unterteilt in Grundlage, spezifische Wettkampfvorbereitung und Wettkampfsimulation. In der Grundlagenphase sollten viele lange Einheiten absolviert werden, um eine gute Ausgangsbasis für die Saison zu schaffen.

In der spezifischen Wettkampfvorbereitung wird passend und individuell zum Saisonziel trainiert (Marathon, Jedermannrennen, Zeitfahren).

In der Phase der Wettkampfsimulation werden die Einheiten wie am Wettkampftag simuliert. Für einen Alpenmarathon über 230 km und 5.000 hm teilt man sich beispielsweise die Distanz auf zwei Folgetage auf.

Für das Jedermannrennen flach werden Intervalle, ähnlich dem Rennverlauf, trainiert und das Zeitfahren wird schon mit gleicher Intensität und leicht verkürzter Distanz trainiert.

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In der anschließenden Taperingphase wird das Trainingsvolumen bis zu 70% reduziert, so dass der Körper am Wettkampftag voll ausgeruht ist.

Nach dem Wettkampf folgt die Erholungsphase und die Periodisierung startet dann wieder von vorne: Aufbauphase, Grundlage, Spezifische Wettkampfvorbereitung, Wettkampfsimulation und Tapering.

Priorisierung mit A- und B-Zielen

Die klassische Saison besteht aus 2-3 A-Zielen und vielen Zwischenzielen (B-Ziele). Je nach Form kann man auch bei B-Zielen um den Sieg mitfahren. Hauptsächlich dienen diese Ziele aber zur Wettkampfvorbereitung. Kein Training ist so effektiv wie ein Wettkampf.

Denn häufig sind die Hobbysportler nicht in der Lage, im Training so viel Leistung zu vollbringen, wie es im Wettkampf dann vonnöten ist. Oftmals findet die Erholungsphase wenig Anklang und die Sportler starten gleich weiter in der Saison.

Eine ausreichende Erholung für den Körper und den Geist ist wichtig für den Fortlauf der Saison. Nach der Erholungsphase zur zweiten Saisonhälfte muss nicht mit dem Grundlagenprogramm der ersten Hälfte gestartet werden, sondern man kann an die Werte vor dem Wettkampf anknüpfen.

Strukturierte Saisonplanung

An welche Themen muss ich bei der Saisonplanung denken, sonst droht kurzfristiger Stress?

Grundsätzlich sollte man versuchen, alle Termine, welche fix sind, mit in die Planung einzubeziehen. So bleibt man von Überraschungen verschont. Den Einstieg sollten wir immer mit einem Besuch beim Arzt starten, um auch das Feedback zur aktuellen Gesundheit zu haben.

Daran ergänzend ist eine Leistungsdiagnostik empfehlenswert. Den großen Hype zum FTP-Test kann ich leider nicht teilen, da die Hochrechnung der Dauerleistung ungenau ist und Studien bereits beweisen, dass auch hier häufig mit zu viel Last oder zu wenig Last getestet wird.

Einen sehr groben Hinweis zur aktuellen Leistungsfähigkeit liefert der Test jedoch schon. Er ist also dafür geeignet, innerhalb der Saison eine grobe Leistungssteigerung oder –verschlechterung zu erkennen.

Dann sollten natürlich auch alle privaten und familiären Termine berücksichtigt werden. Gibt es Geburtstage oder Feiern, die anstehen? Wo eine 6-Stunden-Einheit folglich eher unpassend wäre.

Auch die Betriebsferien oder ggf. Sommerferien bei den Kindern sollten berücksichtigt werden. Ich sollte mir Gedanken zum Zeitfenster machen, sowohl in der Vorbereitungszeit, als auch in der Saison mit Blick zum Saisonhöhenpunkt.

Tipp: Training splitten

Wie viele Stunden Training pro Woche habe ich im Schnitt zur Verfügung? Ein Tipp hierzu zwischendurch: Splittet das Training in zwei Einheiten am Tag. Statt 3,5 Stunden am Stück kann auch morgens 1 Stunde vor der Arbeit und am Nachmittag nochmal 2,5 Std. trainiert werden.

Bei der Trainingsplanung dürfen aber nicht die Pausen vergessen werden. Feste, trainingsfreie Tage helfen bei der Planung. Klassisch ist der Montag immer der trainingsfreie Tag.

Der 3er-Split verzeichnet ebenfalls gute Trainingswerte: Hier sollte auf drei Trainingstage ein Ruhetag folgen: Di., Mi., Do. ist Training, am Freitag ist Ruhetag.

Gibt es Tricks, wie ich trotz intensivem Training ein soziales Umfeld haben kann?

Ich bin selber Familienvater und kenne die Herausforderung. Wenn es der Körper verträgt, dann ist das Nüchterntraining ein absoluter Trainingsbooster. Die Einheit sollte nüchtern gestartet und im Grundlagenbereich absolviert werden. Hierbei wird der Fettstoffwechsel trainiert und die Pfunde purzeln recht schnell.

Es sollte aber darauf geachtet werden, wirklich im Grundlagenbereich unterwegs zu sein, da bei steigender Intensität, mit Leistungsverlust zu rechnen ist.

Ein weiterer Trick ist das Training direkt frühmorgens. In den Sommermonaten kann man super um 4 oder 5 Uhr das Training starten und bringt nach 4-5 Stunden Training anschließend die Brötchen zum Frühstück mit. Da freut sich die Familie zu Hause und der restliche Tag kann gemeinsam verbracht werden.

Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, kann das Training direkt damit verbinden. Einfach auf dem Weg nach Hause noch einen kleinen Umweg fahren und ein paar Kilometer dranhängen. Wenn auch die Familie Spaß an der Bewegung hat, dann besteht die Möglichkeit, morgens eine zügige Intervallrunde über zwei Stunden zu drehen und am Nachmittag startet man dann zur gemeinsamen 20 km Eisdielentour. So haben alle etwas vom Trainingstag ;-)

Ich denke, wichtig ist es hierbei, die Zeit so effektiv wie möglich zu nutzen. Schließlich soll neben dem ganzen Trainingsstress nicht noch das Sozialleben leiden. Außerdem kann man beim Austausch mit der Familie und Freunden viel Kraft für neue Herausforderungen tanken.

Obacht, gratis Trainingspläne. Warum kann das in die Hose gehen?

Gerade als Einsteiger verleiten die gratis Pläne aus dem Internet und vielen Magazinen zu falschem Ehrgeiz. Als Einsteiger im Februar 6-8 Stunden draußen zu trainieren halte ich für sehr unrealistisch. Dann gibt es schnell Frust und das Hobby wird zur Qual.

Wichtig ist ein angepasster Plan an die eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und dem persönlichen Zeitfenster. Die frei verfügbaren Trainingspläne sind einfach zu unflexibel und dogmatisch. Die Pläne sind außerdem nicht an das persönliche Leistungsniveau angepasst.

Der klassische Hobbyfahrer ist bei einem längeren Winter, noch nicht in der Lage im Januar oder Februar lange draußen zu trainieren. Wenn mein erstes Saisonhighlight aber ein Rennen Ende April oder Anfang Mai ist, benötige ich trotzdem gute Grundlagenkilometer, um fit am Start zu stehen.

Was macht der Schichtarbeiter, wenn er am Dienstagnachmittag keine Intervalle fahren kann? Soll er sie dann am Mittwoch fahren? Passt der restliche Plan der Woche dann noch? Verschieben sich alle Einheiten nach hinten? Was ist, wenn ich krank werde? Steige ich einfach in der bestehenden Woche wieder ein? Muss ich eine Woche früher wieder einsteigen?

Das sind alles Fragen, die ich täglich im Austausch mit meinen Athleten höre und wo ich als Trainer helfen kann. Als Trainer in der Trainingsplanung überprüfe und berate ich den Kunden natürlich und kann hilfreiche Tipps geben. Genauso kann ich aber auch das Training umplanen oder Alternativeinheiten vorschlagen.

Wie wähle ich meine Jedermann-Höhepunkte und wie kann ich trotzdem bei der Vereinsmeisterschaft vorn landen?

Hierbei muss sich jeder Sportler bewusst sein, dass seine sportliche Leistung in einer Leistungskurve verläuft und nicht über die gesamte Saison konstant am oberen Limit ist.

Egal ob GCC-Rennen, ein Alpenmarathon oder ein Radrennen zum Ende der Saison, man sollte nicht mehr als 2-3 A-Ziele (Hauptziele) in der Saison haben. Wichtig ist auch ein ausreichender Abstand von min. 6-8 Wochen zwischen beiden Hauptzielen.

Die Jahresplanung wird dann ergänzt mit B- und C-Zielen. Um trotzdem bestmöglich bei einem Zwischenziel abzuschneiden, sollten die letzten 2-4 Wochen sehr spezifisch zum Event trainiert werden. D.h., gibt es ein Kriterium bei der Vereinsmeisterschaft, dann sollte der Fokus auf der Sprintfähigkeit liegen.

Häufig kann man die Zwischenziele perfekt zur Vorbereitung auf das Hauptevent nutzen. Beispielsweise, wenn ich für den Alpenmarathon ein kleines bergiges oder hügeliges Event in der Vorbereitung mit einbaue. Wichtig ist aber auch hierbei der Fokus. Ich nutze das Zwischenziel als sehr harte Trainingseinheit für mein Hauptziel.

Mit diesem Gedanken sollte man auch am Start stehen und sich bewusst sein, es geht nur um die Vorbereitung. Schließlich werden die Lorbeeren beim Hauptziel geerntet.

(c) Fotos: Sporformance

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