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6 Dinge, die ich (als Frau) auf dem Rad nie wieder hören möchte!

by Daniel

Josephine ist Vollblut-Sportlerin.

Sie fährt Cross, sie fährt Straße und auch mal Triathlon – alles auf höherem Niveau.

Sportlich lief’s meistens gut für sie – das ein oder andere Drumherum gefiel ihr dabei nicht immer.

Störgeräusche könnte man es nennen. Dinge, die ihr als Frau bei der Ausübung ihres Sportes richtig auf den Sa** gingen!

Ein Blog aus der Perspektive einer jungen Frau, die sich schon mehrere Jahre in einer eher männlich geprägten Radsportszene bewegt.

Ein Blog über Dinge, sie sie partout nicht mehr hören, sehen und erleben möchte!


Passionierte Radsportlerin: Josephine
Josephine Noack (Foto: Jeppe Kirk)

„Das kann ich nicht!“

Von Josephine Noack

Ladies, das geht an uns!

Wer sich Gleichberechtigung wünscht, der sollte auch die gleiche Verantwortung übernehmen können.
Bei einem kleinen Defekt auf die helfende Hand der Männer zu warten, anstatt es selbst zu versuchen, ist nicht der emanzipierte Weg.

Keine/r kann sofort einen Platten flicken, eine Kettenschloss benutzen oder eine Schaltung einstellen. Aber jede/r kann es lernen!

Es meint nicht, dass man nicht um Hilfe bitten und sie auch dankend annehmen darf!

Mit vereinten Kräften und gemeinsamem Know-How ist jeder Defekt schneller behoben – egal wen es gerade trifft.

Gleiche Rechte, gleiche Pflichten.


„Frauen stellen sich nach hinten und fahren langsam hinterher, damit die Männer unbeeinflusst ihr Rennen fahren können!“

So die Ankündigung des Veranstalters für das kommende Jahr bei einem lokalen MTB Marathon, nachdem ich theoretisch auf’s Podium gefahren bin und der 4. an meiner Stelle geehrt wird.

Ein Jedermann-Rennen ist nicht euer Rennen! Über den Begriff „Jedermann“ ließe sich in diesem Kontext auch streiten, aber das führt selbst mir zu weit.

Das Schöne an „Jedermann“-Rennen ist doch, dass sie für alle sind: Jung und alt, Männer und Frauen, vom Anfänger bis Profi, alle fahren gemeinsam (nur unterschiedlich schnell).

Natürlich beeinflusst man dabei einander, aber macht nicht genau das diese Rennen aus? Ich meine gar nicht den offensichtlichen Einfluss durch Windschatten und Gruppendynamik, wobei der natürlich nicht zu verachten ist, sondern den ganz persönlichen.

Im Rennen fahren wir nicht nur gegeneinander, sondern auch ganz viel miteinander

Das Miteinander lebt von der Vielfalt, von unterschiedlichen Stärken und Schwächen, von Austausch und Persönlichkeit. In der Gruppe zieht man sich gegenseitig mit, unterstützt sich in schwachen Phasen, teilt das Leid und schenkt anderer Stelle Motivation.

Selbst ein stilles Lächeln oder freundschaftlicher aber ebenso gequälter Blick wie mein eigener haben mir über so manches Tief im Marathon hinweggeholfen.

Wieso sollte da jemand „unbeeinflusst“ fahren wollen? Gemeinsam wäre man so viel stärker!


„Lass mal hier bleiben und die Aussicht genießen!“

Im schlimmsten Fall bekommt derjenige auch noch Zuspruch von seinen Begleitern: „Jo, geile Ärsche!“.

Für mich ist das definitiv kein Kompliment, sondern eine Degradierung. Wir sind hier, um Rad zu fahren. Es gibt unzählige Motivation warum Frau (und jeder andere Mensch) Rad fährt, aber meinen Hintern zu präsentieren ist keiner!

Solche Bemerkungen verschieben den Fokus genau darauf. Sie beschränken mich auf Äußerlichkeiten, als sei alles andere zweitrangig.

Auch wenn es vom Verfasser möglicherweise gar nicht abwertend gemeint ist, so bestätigt es zumindest immer wieder das gleiche Rollenbild und ein Cis-Gender-Denken, von dem ich hoffe, dass wir es endlich hinter uns lassen können:

Männer sind stark und Frauen sollen gut aussehen.

Es nimmt mir die Freiheit, so zu sein, wie ich bin und mich zu kleiden, wie ich es möchte. Ich denke zwei Mal nach, ob ich wirklich den engen Aero-Einteiler anziehe.

Doch ich tue es jedes Mal, denn ich will mir nicht von sexistischen Bemerkungen meine Leistung oder meinen Spaß schmälern lassen!

Ich glaube aber kaum, dass ein männlicher Radprofi beim Fitting seines TT-Suits sich jemals solche Gedanken machen musste…


„Wir kürzen das Rennen“

Niemand möchte, dass sein laufendes (!) Rennen verkürzt wird, von extremen Wetterbedingungen abgesehen. Doch hier spielte das Wetterprotokoll garantiert keine Rolle.

Die Begründung lautete, dass das Frauenrennen „zu bummelig gefahren wird“, „sowieso nichts passiert“ oder schlicht und einfach „eh niemanden interessiert“.

Bei einem Männerrennen habe ich das noch nie gehört. Auch nicht, dass im laufenden Rennens die Distanz maßgeblich gekürzt wurde. Mit diesen Gründen? Unvorstellbar!

Was man Männerrennen zu Gute halten muss: sie interessieren in der Regel mehr Zuschauer, es sind mehr Teilnehmer am Start und allein dadurch passiert häufig auch mehr.

Doch das rechtfertigt keineswegs die Verkürzung der ohnehin schon deutlich kürzeren Frauenrennen. Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, denn so verlieren wir die Lust, Rennen zu fahren.

Es werden noch weniger Teilnehmerinnen, die Rennen werden langweiliger und uninteressanter.

Damit ich solche Sätze nie wieder hören muss, ist das ein Aufruf an alle Veranstalter, attraktive Frauenrennen zu organisieren, aber ebenso an alle Frauen (die Lust auf Rennen haben), sie auch mit Engagement zu fahren.

Habt keine Angst, es einfach mal auszuprobieren, denn bei uns „passiert ja eh nichts“.


„Frauen können nicht ohne Männer“

Das war die Erklärung des Ansagers auf die Frage, warum männliche und weibliche Starter gemeinsam fahren – in den Schülerklassen!

  • Wollen wir dem eh schon zahlenmäßig geringen weiblichen Nachwuchs nicht wenigstens eine faire Chance bieten?
  • Wollen wir keine selbstbestimmten, eigenständigen, gesunden Athletinnen hervorbringen?
  • Jungen Menschen im Radsport die Möglichkeit bieten, sich auch persönlich zu entwicklen und sich frei zu entfalten?

Das betrifft nicht nur die Mädchen, sondern alle!

Wir laden den Jungs Verantwortung auf, schreiben ihnen Führungspositionen zu und ignorieren alle(s), was dazwischen liegt.


„Frauen gehören an den Herd und nichts auf’s Rad“

Mir fehlen die Worte!

Eure Josephine


Steckbrief Josephine!

  • studierte Sportwissenschaftlerin B.A.
  • Certificate The Science & Practice of Yoga
  • Jahrgang: 1995
  • Location: Buxtehude
  • Erfolge u.a.: Rad Bundesliga Frauen, Landesmeisterin MTB XCO, Deutsche Meisterin Cross Duathlon
  • Bike: Canyon Aeroad CF SLX 8.0
  • Lieblingsrennen: Gravel Grit’n Grind
  • Lieblingseis: Spagetti Eis mit Schoko Soße
  • Lieblingsessen: Kuchen
  • Lieblings-Podcast: Train Brave
  • Lieblings-(Radsport)-Buch: One way Ticket von Jonathan Vaughters
  • Lieblings-Trainingseinheit: Grundlage, 4-5 Stunden, am liebsten auf dem Gravel-Bike
  • Hass-Trainingseinheit: Sweet Spot in der Ebene

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