Everesting ist der neueste Gag in der Rennradszene!
Oder: Not macht in Zeiten von Corona und abgesagten Rennen & Marathons bekanntlich erfinderisch.
Im heutigen Blogpost beschreiben wir euch anhand von Tobias Everesting (mit seinem dafür extra bereitgestellten Einhorn Bike; sehr leichtes Rennrad), was man alles bei so einem Everesting bei der Planung beachten musst.
- Training (wie viel Jahreskilometer?)
- wie viel Leistung in den Anstiegen? (in % zur FTP)
- der perfekte Anstieg (hm, Steigung, Länge)
- möglichst leichtes Rennrad mit angenehmer Übersetzung
- Ernährungsstrategie (Kohlenhydrate pro Stunde)
- Herausforderung Logistik
Denn wenn du auch möglichst effizient & schnell, also ohne unnötige Stopps für Flaschen auffüllen oder zu flache Anstiege bei denen du zu langsam die Höhenmeter sammelst, dein Everesting durchziehen möchtest, dann solltest du die folgenden Tipps beachten!
Fangen wir vorne an…
Was ist eigentlich ein Everesting?
Beim Everesting fährst du im Prinzip die Höhenmeter des Mount Everest (8848 hm) auf mehrere Auffahrten (gleicher Anstieg) verteilt.
Wähle dazu einen möglichst geeigneten, steilen Anstieg (mind. 8-9%), und wiederhole diese Auffahrt so oft bis du die 8.848 hm zusammen hast.
Hoch, runter, hoch, runter…
That’s it!
Keine Tour, bei der du auch noch andere Anstiege mit drin hast: Eine Auffahrt und eine Abfahrt an einem Berg.
Und da jeder von uns eine gewisse Ambitionen hat: Mache das Ganze so schnell wie du kannst!
Du kannst deinen Everesting natürlich auch einfach nur fürs Erlebnis fahren, wenn du das Ding aber möglichst schnell von der Backe haben willst, gilt es ein paar Dinge zu beachten…
Die wir jetzt im Folgenden auflisten.
Wie schnell fahren die Besten? Aktueller Weltrekord beim Everesting liegt bei 7:04 Stunden
Der aktuelle Weltrekord liegt bei 7:04 Stunden von Ronan McLaughlin. Davor hatte der ehemalige TDF-Sieger Alberto Contador für ordentlich Furore gesorgt:
Er fuhr seinen Anstieg (Silla del Rey, 960 hm, 13%) nördlich von Madrid hoch und stellte mit 7:27:20 Stunden die vorige Bestmarke auf.
Wenige Tage zuvor hatte Emanuel Buchmann (BORA hansgrohe) ebenfalls einen neuen Rekord mit 7:28 Stunden im Ötztal aufgestellt.
Die offizielle Bestätigung dieses Versuchs steht aber noch aus, da Buchmann anscheinend noch einen anderen Anstieg bei der Anfahrt mitgenommen hat.
Wie gesagt: Nur ein Anstieg und eine Abfahrt.
Wie viel W/kg treten die Besten?
Die Kollegen von Radsport-News veröffentlichten auf ihrer Seite nach Buchmanns Everesting ein paar Leistungsdaten, um dir auch mal aufzuzeigen, was du so auf die Kette bringen musst.
Leistungsdaten von Emanuel Buchmanns Everesting
- bergauf leistete Buchmann über alle Auffahrten laut Radsport-News ca. 300 Watt
- bei einem Gewicht von 59 kg sind das 5,08 W/kg
- der IF lag hierbei bei 0,8 (FTP bei Buchmann demnach von ca. 375 Watt; das wären 6,35 W/kg)
Aber neben natürlich sehr viel Schmackes in den Beinen ist der perfekte Anstieg selbst von entscheidender Bedeutung.
Hast du hier zu viel Autoverkehr, Kurven, nicht steil genug oder einfach eine zu schwierige Abfahrt, verlierst du unnötige Zeit.
Wie steil sollte der Anstieg mindestens sein?
Manche sagen, um möglichst schnell unterwegs zu sein, sollten es mindestens 10% im Mittel sein. Einen entsprechenden Anstieg in Deutschland zu finden, könnte etwas schwierig werden…
Mit einem Anstieg, der im Mittel mindestens 8% hat, bist du sicherlich auch gut unterwegs…
Tipp: Es muss ja auch nicht immer der komplette Anstieg sein. Ihr könnt natürlich auch ein Teilstück innerhalb eines größeren Anstiegs herauspicken (möglichst steil) und diesen dann immer wieder abfahren.
Auswahl von möglichen Anstiegen
Auf unserer FB Seite (siehe den Post!) habe ich in der Community nach perfekten Anstiegen für das Everesting unter unseren Radsportlern gefragt – hierbei sind die folgenden Namen des Öfteren gefallen:
- Rossfeld Panoramastraße (Bayern)
- Große Kalmit (Rheinland Pfalz)
- Gurli (Schweiz)
- Hülfensberg (Thüringen)
- Wasserkuppe (Rhön)
- Oberjochpass (Allgäu)
- Spitzingsattel (Bayern)
- Kandel (Baden-Württemberg)
- Hirzbach (Thüringen)
Tipp: Abonniere einfach unsere FB Seite (ca. 7000 Radsportler folgen uns schon!) und verpasse keine weiteren spannenden Diskussionen rund um das Thema Rennrad, Training & Co.!
Everesting-Planung von A-Z
Mit Tobias sprach ich die Tage über seine Everesting-Planung. Im Video schildert er uns seine Gedanken und weist noch auf einen Fakt hin, der die Komplexität um ein Vielfaches erhöht – wenn man das Ganze v.a. „unsupported“ macht!
Also ohne Helfer, die einem am Straßenrand die Flaschen, Riegel etc. reichen.
[Zeitstempel vom Video]
[0:45]
Tobi stellt sich vor.
Leichtes Einhorn Bike für sein Everesting
[1:10]
Für das Everesting hat Tobi das sehr leichte, unique Einhorn Bike (einhorn 250 – corsa alpine prototype) bekommen. An der Stelle spricht er über das Carbon-Bike mit Gewicht, Agilität etc.
[2:30]
Wir reden über die Planung beim Everesting – worauf muss man alles achten (damit es v..a nicht in die Buchse geht)
Unter 8% macht der Anstieg keinen Sinn?!
[4:50]
Wir reden über den Anstieg – wie lange/steil sollte die ideale Auffahrt sein?
Tobi gibt an der Stelle nochmal zahlreiche Tipps, um ein „korrektes“ und v.a. effizientes Everesting zu vollziehen.
- unter 8-9% Steigung macht es keinen Sinn!
- Abfahrt sollte nicht zu viele Kurven haben
- Regel für ein Everesting: Muss immer der gleiche Berg sein (everesting.cc) => 8848 hm
- ein Anstieg immer hoch und runter
- keine Tour mit mehreren Anstiegen
Schaut bitte auch nochmal auf der von Tobi genannten „offiziellen“ Seite nach – hier findet ihr einiges an Material, Tipps etc.
Die 3-4 präferierten Anstiege
[10:00]
Tobi schildert uns seine 3-4 Anstiege, die für ihn in Betracht kommen, da sie gut für einen Everesting geeignet sind.
- Katzenbuckel im Odenwald (200 hm, steile Rampe bei 10-11% im Schnitt)
- Kitzbüheler Horn (12-13% steil, knapp 926 hm am Stück)
- Kühtai (von Richtung Innsbruck aus)
- Hornisgrinde (knapp 1000 hm am Stück) – hier möchte er sich ein Mittelstück (550 hm bei 9%) aus dem Anstieg nehmen, das etwas steiler ist
[13:20]
Große Herausforderung: er macht das Ganze unsupported. Er wird wohl eine Art Basislager aufbauen, wo er alle Getränke etc. lagert.
Bei 13-15 Stunden Fahrtzeit muss man auch die Startzeit wegen Dunkelheit und v.a. Hitze bedenken!
Auch die Essensverpflegung währenddessen ist eine große Herausforderung…
Pacingstrategie bei typischen 80% der FTP
[16:15]
Mit wie viel Watt will er den Anstieg immer wieder hochfahren? Tobi stellt an der Stelle seinen Motor (w/kg) vor.
Seine FTP liegt bei 300-310 Watt, das Pacing wird sich daher bei 240-250 Watt (80% der FTP) einpendeln.
Tobias über das Never Ending Thema (Gewichtsabnahme für Radsportler)…
„Wenn man viel Rad fährt, isst man auch viel!“ Tobias nimmt leichter in der Offseason ab
An der Stelle kann ich besten Gewissens unsere 5 BESTEN Tipps (Gratis Download) empfehlen, um möglichst schnell Gewicht zu verlieren OHNE dabei wertvolle Leistung an der FTP einzubüßen…
[100,00% Gratis Download]
⬇️ Die 5 Schritt-Anleitung zum Wunschgewicht! ⬇️
[18:20]
Tobi über seine Ötzi Premiere und was er sich in diesem Jahr vorgenommen hätte, wenn Corona den Marathon nicht verhindert hätte.
Seine Ernährungsstrategie beim Everesting
[19:30]
- Tobi mag an sich keine reine flüssige Versorgung
- er zwingt sich 1 Liter pro Stunde zu trinken
- immer wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen, hat für ihn auch was motivierendes
Wie viel Kohlenhydrate pro Stunde?
Tobias Ziel ist es über a) Nahrung: 30-50 g und b) 40g über Getränke aufzunehmen.
Also in Summe 70-80 g pro Stunde.
>> Schau dir bitte auch nochmal unsere Q&A Session mit Ernährungsberater für Worldtour Profis Robert Gorgos nach – hier gehen wir genau diese Themen (Ernährung vor & im Wettkampf; Fettstoffwechsel Pushen etc) durch!
Extrem wichtig beim Everesting: Die richtige Übersetzung am Bike!
[24:15]
Mit welcher Übersetzung fährt er sein Everesting?
Hier ist es absolut entscheidend, eine gute Balance zwischen muskulärer Kraft (niedrige Kadenz; Leistung kommt eher aus dem Muskel) und kardio-vaskulärer Anstrengung (höhere Kadenz, meist höherer Puls) zu finden.
Visuelles Beispiel: Wir alle kennen ja noch das Beispiel Lance Armstrong (hohe TF; gerne im Stehen) vs. Jan Ullrich (dicker Gang).
Tobis Einhorn Bike ist jedenfalls ideal ausgestattet für die Anstiege mit dieser Übersetzung:
- in Italien maßgefertigt
- vorne: 50/34, hinten 11/32 (perfekt für die Berge!
- Campagnolo Super Record
36/28 bei Daniels Ötzi in 2017
34 Zähne vorne und 28 hinten sollten ihm bei seinem Gewicht einen durchaus flüssigen Tritt im Anstieg ermöglichen.
Zum Vergleich: Bei meinem Ötztaler in 2017 hatte ich an meinem Bike 36 Zähne vorne und hinten 28. Bei meinem damaligen Gewicht von ca. 82-83 kg war das Timmelsjoch damals die reine Hölle.
Foto: Victor Xok (Unsplash)