In den letzten Wochen standen mit dem SpeedVille Alpen Bikecamp, einem Trainingslager im Schwarzwald sowie dem Arlberg Giro sehr viel Radsport in meinem Kalender.
Im heutigen Blog möchte ich euch ein paar Insights in die letzten Wochen sowie einen kleinen Ausblick auf die restlichen vier Wochen bis zu meinem Saisonhighlight, dem Ötztaler Radmarathon, geben.
Fangen wir zunächst bei meinen Trainingslagern an bevor ich auf den Arlberg Giro zu sprechen komme.
Trainingslager #1 im Schwarzwald
Am 10. Juli bin ich zusammen mit meiner Freundin in das Ferienhaus meiner Großeltern in der Nähe von Neustadt in den Schwarzwald gefahren.
Die Bedingungen dort sind ideal zum Training auf dem Rennrad geeignet und so konnte ich bei bestem Wetter viele Kilometer und vor allem auch Höhenmeter sammeln.
Fokus auf niedrige Intensitäten
Der Schwerpunkt im Training lag nach einem polarisiertem Trainingsblock mit viel Volumen und intensivem Intervalltraining im Vorfeld, hauptsächlich auf ruhigen Grundlagenkilometern sowie rennspezifischem Training im Tempo und Sweetspot Bereich an den Anstiegen.
Der Höhepunkt des Aufenthalts im Schwarzwald bestand aus einer 200 km Runde mit 5700 hm, in der ich berghoch konstant zwischen 260-330 Watt gefahren bin und währenddessen meine Rennverpflegung (von MNSTRY) getestet habe.
Während der gesamten Einheit hat sich das Tempo kontrolliert angefühlt und auch die Nahrungsaufnahme hat hervorragend geklappt.
Next Stop: Sölden
Nach zehn Tagen im Schwarzwald ging es für mich anschließend weiter nach Österreich – wir nähern uns St. Anton so langsam :-)
Erster Stopp in Österreich war Sölden, wo ich mich mit der Strecke des Ötztaler Radmarathons vertraut machen wollte.
An einem Tag hatte ich mir die komplette Rennstrecke des Ötzis vorgenommen, um am 28. August gut vorbereitet mit Streckenkenntnissen an der Startlinie zu stehen. Ebenfalls wollte ich die Gelegenheit nutzen, um meine Verpflegungsstrategie zu testen.
Diese bestand aus 60 g Fast Carb in der ersten Stunde sowie im Anschluss 120 (!!) g/h Race Carb X von MNSTRY.
Unser Tipp: RACE CARB X von MNSTRY
** Hinweis (von Daniel): 120 g Kohlenhydrate pro Stunde ist die maximale Menge, die du pro Stunde absorbieren kannst. Probiere das also vor dem „Ernstfall“ im Rennen vorab im Training unbedingt aus! **
Nach einem guten Start am Kühtai, den ich in 58:50 min bei 4,8 W/kg und 1253 VAM gefahren bin und einer kontrollierten Auffahrt zum Brenner, bekam ich ab dem Jaufenpass gastrointestinale Probleme (Magen und Darmbeschwerden), die den restlichen Tag zu einem einzigen Kampf ums Ankommen in Sölden gemacht haben.
Auch zwei längere Pausen am Jaufenpass und in St Leonhard verschafften keine Besserung, sodass ich mich die lange 30 km lange Auffahrt zum Timmelsjoch hoch quälen musste.
So sehr wie an diesem Tag habe ich noch nie auf dem Rennrad leiden müssen, was meinen Respekt vor dem Rennen Ende August definitiv hat steigen lassen.
Ötzi Testfahrt (Solo) mit 7:55 Stunden
Trotz dieser Schwierigkeiten auf der Strecke konnte ich die Runde in 7:55 h Fahrtzeit absolvieren, womit ich unter den Umständen dennoch zufrieden bin.
Die Statistiken meiner ersten beiden Wochen im Trainingslager:
- Woche: 25:58 h; 711 km; 15701 hm; 1210 TSS
- Woche: 29:55 h; 802 km; 17490 hm; 1310 TSS
Abgesehen von der oben beschriebenen Ötztaler Runde habe ich mich während der beiden Wochen auf dem Rad sehr gut gefühlt und war zufrieden mit der Entwicklung meiner Fitness.
SpeedVille Alpen Camp (Trainingslager #2)
Die dritte Woche hatte ich als Guide/Coach des SpeedVille Bike Camps in Tarrenz (bei Imst) gearbeitet und konnte hier zusammen mit unseren Gästen viele weitere, überwiegend ruhige Kilometer absolvieren.
Highlight war der 30 km lange Anstieg zum Kaunertaler Gletscher auf über 2700 m Höhe sowie die Runde über den Arlbergpass und dem Hahntennjoch.
Bei letzterer Runde am Mittwoch vor dem Arlberg Giro habe ich an beiden Anstiegen nochmal etwas Intensität eingebaut.
Am Arlbergpass wurden aus den geplanten 3×6 min @Critical Power aufgrund des ausgehenden Anstiegs nur 2×6 min + 1×2 min, beim Hahntennjoch konnte ich mit 40 min Sweetspot bei 5,3 W/kg sogar einen kleinen KOM gewinnen (siehe Strava Bestenliste).
Anspruchsvolle Übersetzung: 53/39 – 11-30
Die restliche Woche versuchte ich so locker wie es eben mit einer 53/39 und 11-30 Übersetzung in den Alpen möglich ist zu fahren, da am Sonntag mit dem Arlberg Giro noch ein Rennen auf mich wartete.
Im Vorfeld wusste ich nicht wie gut der Arlberg Giro nach den drei Woche sehr umfangreichem Training werden würde.
Tatsächlich hat mir dann das Zuschauen des Klassikers San Sebastian am Samstag vor dem Arlberg Giro, bei dem Remco Evenepoel am Erlaitz Anstieg eine der besten Kletterleistung der letzten Jahre zeigen konnte, viel Zuversicht gegeben.
Auch Evenepoel hatte im Vorfeld ein hartes und langes Trainingslager absolviert und auch wenn ich natürlich nicht annähernd auf einer Liga wie Evenepoel bin, hat es mich dennoch motiviert, zuversichtlich in das Rennen zu gehen.
Manchmal sind es eben die kleinen Dinge, die einen großen Einfluss haben können.
Arlberg Giro – mein Rennbericht!
Von Anton Schiffer (@antonschiffer)
Am Samstag fuhr ich dann nach St Anton und machte mich dort mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Netterweise bekam ich vom Veranstalter einen Startplatz im ersten Startblock gestellt.
An dieser Stelle nochmal einen riesen Dank an das Orga Team vom Arlberg Giro, das wirklich einen hervorragenden Job bei der Organisation der Veranstaltung macht!
Der Renntag
Da der Startschuss zum Rennen bereits um 6 Uhr morgens viel, ging um 4 Uhr morgens der Wecker und ich nahm ein kleines Frühstück bestehend aus ca. 60 g leicht verdaulichen Kohlenhydraten mit einem mittleren bis hohen glykämischen Index in Form eines Brötchens und einer Banane zu mir.
Warmfahren 45 min. vorm Start
45 min vor dem Start begann ich mit dem Einfahren und da mit dem Arlbergpass direkt zu Beginn eine rennentscheidende Situation auf mich wartete, inkludierte ich zwei kleinere Priming Intervalle in mein Warm Up, die die VO2 Kinetik verbessern und die VO2 Slow Component reduzieren sollen…
…trotzdem aber nicht zu sehr an meinen Glykogenspeichern kratzten (Burnley et al., 2011. Effects of Priming Exercise on VO2 Kinetics and the Power-Duration Relationship).
Beim Warm Up fühlte ich mich trotz der vorangegangen drei harten Wochen im Training ziemlich gut und stand somit hoch motiviert an der Startlinie.
Rennentscheidend: Arlberg Pass
Nach dem Startschuss ging es wie vorhergesehen am Arlbergpass direkt zur Sache. Relativ schnell konnte sich eine kleine Gruppe absetzen, in der auch ich mich immer wieder um das Tempo bemühte.
Einige erfahrenere Athleten in der Gruppe merkten zurecht an, dass aufgrund der langen Strecke bis zum nächsten Berg eine größere Gruppe von Vorteil ist, sodass wir das Tempo etwas rausnahmen und versuchten gemeinsam in der Gruppe über die Kuppe in die Abfahrt zu gelangen.
Den gesamten Anstieg absolvierte ich in 20:38 min bei 331 Watt Durchschnittsleistung (5,3 W/kg).
Unten nach der Abfahrt überraschten uns dann geschlossene Schranken an einem Bahnübergang, an dem wir gezwungen waren, drei Minuten zu warten.
Ich nutze die Pause, um mich nochmal mit einem Porridge Riegel zu verpflegen und „in die Büsche“ auszutreten.
Wir mussten leider an der Schranke warten
Durch diese Pause hatte sich jedoch der Vorsprung unserer Gruppe erledigt und von hinten rauschte das große Hauptfeld heran.
Nachdem ich mich zunächst etwas über die Situation geärgert hatte, konnte ich mich schnell an die neue Rennsituation gewöhnen.
Da wir bereits am Arlbergpass die restlichen Athleten mit vergleichsweis niedrigerer Leistung hatten abschütteln können, war ich zuversichtlich, dass uns dies auch am wesentlich längeren Anstieg zur Bielerhöhe gelingen würde.
Nachdem die Schranken sich geöffnet hatten, attackierten sofort sechs Athleten und konnten sich schnell von unserer Gruppe absetzen.
„Wir für Yannic“ – Aufklärung gegen Depression
Vertreten in der Gruppe waren auch vier Fahrer des Teams „Wir für Yannic“ die in der Ebene gut zusammenarbeiteten und sich schnell absetzen konnten.
Da wir die Gruppe schnell aus unserer Sichtweite verloren und auch sämtliche Betreuer am Streckenrand keine Infos zu den Abständen durchgaben, war es schwierig den Abstand zwischen den Gruppen einzuschätzen.
Da aber noch der lange Anstieg auf uns wartete, wollte ich meine Kräfte lieber schonen, rollte locker im Hauptfeld mit und versuchte mich bestmöglich zu verpflegen.
Bielerhöhe
Im Anstieg angekommen schlug Rene Pammer, der Gewinner des Rennens auf das Kitzbühler Horn am Vortag, direkt ein ziemlich hohes Tempo an, sodass sich erneut unsere kleine Gruppe absetzen konnte.
Ich fuhr die meiste Zeit des Anstiegs an vierter oder fünfter Position in der Gruppe und fühlte mich gut und noch nicht am Limit.
Nach etwa der Hälfte des Anstiegs konnten wie die Ausreißer Gruppe einholen und reduzierten nachdem wir auch sie abgeschüttelt hatten, etwas das Tempo.
Auch hier kam es, wie am Arlbergpass, zu einer kurzen Absprache in unserer Gruppe und wir entschieden uns dazu, den restlichen Anstieg sowie die danach folgende lange Flachpassage gemeinsame Sache zu machen, um einem erneuten Einholen vom größeren Hauptfeld aus dem Weg zu gehen.
Den Anstieg zu Bielerhöhe absolvierte ich in 38:18 min und durchschnittlich 324 Watt.
Gut verpflegt in der Flachpassage
Nach dem Anstieg verpflegte ich mich erneut mit einem Riegel und einem der neuen Gels (40 g Carbs je Packung) und nahm gemeinsam mit der sechsköpfigen Gruppe (u.a. mit Stefan Kirchmair) die lange Abfahrt in Angriff.
Hier harmonierten wir wirklich sehr gut und lösten uns mit kurzen Wechseln mit der Führungsarbeit ab.
Die gute Zusammenarbeit wurde belohnt und wir konnten die 40km lange Abfahrt bei -2,8 % Steigung mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 57 km/h hinter uns bringen, womit wir uns weit von allen anderen Fahrern absetzen konnten.
Die harmonische Zusammenarbeit innerhalb unserer Gruppe hielt auch nach der Abfahrt auf den letzten leicht ansteigenden 25 km hoch nach St Anton an, sodass es sich zwischenzeitlich nicht nach einem Rennen sondern vielmehr nach einer zügigen Gruppenausfahrt im Training anfühlte.
Durch die leicht ansteigende Straße und einem leichten Gegenwind schienen mir Attacken aber auch ziemlich aussichtslos, sodass wir in selbiger Konstellation St Anton erreichten.
Der „Schlussspurt“ in St. Anton
Die Zieleinfahrt durch die Fußgängerzone war relativ schwer zu fahren.
Ich platzierte mich an einer in meinen Augen recht guten dritten Position und wartete auf den Schlussspurt. Auch wenn ich mir die Passage am Vortag gut angeschaut hatte, war ich trotzdem aufgrund der aufgestellten Torbögen etwas irritiert.
Den ersten konnte ich anhand des darunter hängenden Teufellappens noch gut einordnen, bei den Folgenden war ich mir aber nicht sicher, ob das bereits das Ziel war oder danach noch ein weiterer Bogen folgen würde.
Nachdem links Stefan Kirchmair an mir vorbeizog, eröffnete auch ich meinen Sprint, hatte aber keine Chance mehr den vorbeigezogenen Kirchmair einzuholen und fuhr somit auf Rang zwei ins Ziel (siehe Podiumsfoto bei Insta!).
Mein Sprint war mit einer maximalen Leistung von 822 Watt auch wirklich nicht gut, was aber auch an der sehr schwierigen Zieleinfahrt durch die Fußgängerzone lag.
Trotz dieses schlechten Sprints bin ich mit meiner Leistung insgesamt sehr zufrieden, gerade an den Anstiegen hat sich das Tempo sehr kontrolliert angefühlt.
Ausblick bis zum Ötztaler
Nach den drei Wochen Trainingslager mit insgesamt 80 h Training steht diese Woche jetzt eine Woche mit reduziertem Umfang und Intensität an, in der die Regeneration an oberster Stelle steht.
Im Anschluss an die Entlastungswoche werde ich nochmal zwei Wochen einen sehr rennspezifischen Block mit langen Intervallen in der anvisierten Race Pace bei 4,6 – 5 W/kg absolvieren, bei denen ich auch nochmal meine Rennverpflegung testen werde, bevor es in das Tapern für den Ötztaler Radmarathon geht.
Im Moment bin ich mit meiner Form und Fitness sehr zufrieden, sodass ich zuversichtlich Richtung Ötztaler Radmarathon blicke.
Hier nochmal mein Performance Management Chart für die drei Wochen im Trainingslager:
Gut zu erkennen ist der Anstieg meiner CTL von 85 zu Beginn auf 116 am Ende des Camps sowie die steigende Ermüdung (ATL) auf bis zu 181 am Tag meiner Ötzi Streckenbesichtigung.
Ab jetzt heißt es den CTL (Fitness) zu konservieren, den ATL (Ermüdung) zu reduzieren und die TSB (Form) etwas nach oben zu bringen, ohne dabei zu viel an Fitness zu verlieren.
Ride on!
Euer Anton!
Mein Trainingsplan für dich (Erhöhe deine VO2max!)
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Fotos: Patrick Säly Photography, privat