Im heutigen Blog sprechen wir über die sehr, sehr interessante Kennzahl Pw:Hr!
Diese Kennzahl kannst du zB per Strava Sauce Feature (gratis Addon) in deiner Analyse (des absolvierten Trainings) bei Strava einsehen!
- Mich interessiert hierbei, wie man diese Kennzahl für das Training analysiert?!
- Was kann man ableiten?
- Und wie sollte man das Training vor allem verbessern?
Dazu spreche ich mit unserem Coach Philipp!
Herzlichst,
Daniel
Pw:Hr – so interpretierst du diese Kennzahl in Strava!
Philipp, kannst du in einfachen Worten diese Kennzahl „Pw:Hr“ erklären?
Der Wert vergleicht für den betrachteten Bereich das „Puls-Leistungs-Verhältnis“ in der ersten und zweiten Hälfte.
Warst du z.B. 90min unterwegs, zeigt er, wie stabil der Puls bei gleicher Leistung in den zweiten 45min war und nimmt die ersten 45min als Referenz.
Steigt der Puls, ist der Wert positiv (in %, z.B. 5,6%)und wir sprechen von einem Drift. Das ist dann ein Anzeichen für Erschöpfung.
Ab welcher Mindesttrainingszeit ist diese Zahl aussagekräftig?
Man sollte sich schon Abschnitte oder gesamte Fahrten mit über 60min Dauer anschauen. Sonst sind mathematisch einige Probleme zu beachten.
Gerade zu Beginn einer Fahrt kommt z.B. der Stoffwechsel erst in Fahrt und dementsprechend hinken die Pulswerte etwas hinterher. Jeder kennt das.
Das rechnet sich bei langen Fahrtdauern heraus, aber kann rechnerisch einen Drift anzeigen, wenn der betrachtete Bereich zu kurz ist.
Wie sieht es aus mit Pausen innerhalb des Trainings?
Wenn wir hier von Pause sprechen, sind längere Stops von über 5 Minuten Dauer gemeint, vor allem lange Kaffeestops!
Das hat auf den Wert einen praktischen und einen mathematischen Effekt.
Praktisch ist der Puls nach einer Pause bei vielen gut trainierten Athleten wieder etwas geringer, weil man Erschöpfung abbaut, die Speicher wieder aufgefüllt wurden und sich das ganze System „resettet“.
Das verfälscht dann den Analysewert der Pw:Hr Berechnung, weil er für die Interpretation letztendlich nur geeignet ist, wenn eine relativ unterbrechungsfreie Fahrt vorliegt.
Mathematisch ist es so, dass viele Plattformen, die auch eine Pw:Hr Analyse anbieten, Pausen in den Rohdaten nicht herausrechnen.
Wenn dann die Pw:Hr Formel angewendet wird, wird das Resultat natürlich beeinflusst. Bei Strava (Sauce) ist das aber kein Problem, da Strava die Pause vorher „herausfiltert“.
Braucht es eine möglichst gleichmäßige Leistung in beiden Hälften des Trainings? Oder ist die Kennzahl auch valide, wenn in den Hälften zB deutlich mehr/weniger geleistet wurde?
Eine gleichmäßige Leistung ist nicht vonnöten, damit die Formel angewendet werden kann. Genau das ist ja der Charme einer solchen Analyse.
Aber: Wenn man natürlich 90min locker rollt und dann in der zweiten Hälfte für 90 Minuten in der Gruppe mit hohem Tempo durch die Landschaft ballert, muss das bei der Interpretation beachtet werden.
Hier spielen dann die Aufregung oder der Stress durch die hohen Geschwindigkeiten im Feld eine große Rolle. Man ist deutlich aktivierter.
Und wenn man das ganze mal sehr kontrolliert testen will, kann man z.B. für 2 Stunden einen „Drifttest“ machen. Einfach mal 5 Minuten locker Aufwärmen und dann für 120 Minuten mit ca. 70 Prozent des FTP fahren, komplett stabil!
Man ist dann genau an er Grenze zu einem intensiven Bereich unterwegs und eliminiert viele Störfaktoren.
Troubleshooting: Ab wann stimmt etwas mit der aeroben Kapazität nicht? Wenn die % Werte 2-stellig (rot) sind?
Generell sind starke Ausschläge ein Warnzeichen, aber eher nach oben. Wenn man bei langen Ausdauerfahrten ständig einen Wert über 10 Prozent aufweist, ist vermutlich die aerobe Effizienz noch nicht sehr gut ausgebildet – die Ausdauer ist verbesserungswürdig.
Es kann auch ein Anzeichen für schlechte Ernährung in der Einheit sein. Einzelne Ausreißer könnten aber auch an einem heißen Tag liegen, denn ungewohnte Wärme für häufig zu einer extremen Drift!
Bei intensiven Intervalleinheiten sind Werte zwischen 10 und 12 oder 13 Prozent noch akzeptabel, darüber hinaus ist aber auch dort noch Potential.
Wenn der Fährt stark negativ wird, der Puls bei gleicher Leistung also signifikant abfällt, über die Zeit, spricht das eher für ein Materialproblem.
Der Pulsmesser könnte Aussetzer gehabt haben.
Was wären dann – grob gesprochen – die To Dos im Training?
Ein starker Drift hat folgende Implikationen:
- Viel (moderate) Grundlage, um das aerobe System effizienter zu machen
- Wenn möglich: Längere Touren ins Training einbauen (3 bis 3,5 Stunden und mehr), um die Ausdauerfähigkeit des Körpers zu steigern.
- Nach intensiven Belastungen und Intervallen noch mindestens 20-25 Minuten moderate Ausdauer dranhängen, in der der Körper lernt, den betriebenen Aufwand wieder runterzurregeln und das System zu stabilisieren. Stichwort akutes Erschöpfungsmanagement.
- Und: Kohlenhydratkonsum im Training beachten. Bei vielen Athleten sinkt einfach die Energieverfügbarkeit über die Zeit, weil nicht genug nachgeführt wird. Wer 4 Stunden nur mit Wasser durch die Gegend fährt, kann nur dadurch den Drift induzieren
Ist dieser Wert für euch im Coaching eine relevante Zahl? Ihr schaut euch den Parameter aber über andere Tools an wie WKO oder TrainingPeaks?
Das Puls-Leistungs-Verhältnis ist in der Coachingpraxis natürlich ein wichtiges Analysetool. Nicht nur für die Analyse des Drifts, sondern auch für die Identifikation positiver Trends im Training.
Wenn die Leistungsfähigkeit langfristig und deutlich steigt, wird sich das hier widerspiegeln.
Auch TrainingPeaks liefert einen Pw:Hr-Wert, das ist korrekt. Bei WKO, dem Powertool von TrainingPeaks, kann man das Ganze auch visualisieren und sogar für Trainingsphasen ausrechnen.
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