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Rennbericht (Platz 31): Göttingen Tour d’Energie!

by Daniel

Rennbericht der Tour d’Energie aus Göttingen!

Nachdem sie in den vergangenen Jahren aufgrund der Corona-Pandemie leider ausfallen musste, war es am 24. April 2022 wieder so weit und die Tour d’Energie, die im Jahr 2005 ihre Premiere feierte, fand statt.

Für mich ist dieses Rennen ein ganz besonderes, denn 2018 nahm ich hier an meinem ersten Jedermannrennen überhaupt teil – vom Ötztaler Radmarathon und Schwarzwald Super! einmal abgesehen, aber bei den beiden Events handelt es sich ja ohnehin um Radmarathons, die nicht annähernd vergleichbar mit einem Rennen wie der Tour d’Energie sind.

Zudem war ich in meiner Kindheit immer wieder zu Familienbesuchen in Göttingen und verbinde daher mit der Stadt sehr viele positive Erinnerungen. 

Tour d'Energie in Göttingen

Göttingen Tour d’Energie Rennbericht

Von Frederik Böna (@frederik_boena)

Leider war meine finale Vorbereitung alles andere als optimal.

Über Ostern zwang mich eine heftige Erkältung zu einer Trainingspause. Erst drei Tage vor dem Rennen fühlte ich mich langsam wieder besser. Bei meiner Vorbelastung am Tag zuvor merkte ich jedoch, dass ich noch nicht wieder ganz auf der Höhe war.

Doch nach einer erholsamen Nacht stehe ich am nächsten Morgen mit gutem Gefühl an der Startlinie am Göttinger Jahn-Stadion im ersten Startblock.

Ich bin zwar skeptisch, inwiefern ich nach meiner Erkältung insbesondere auf hohe Intensitäten reagieren würde, doch eigentlich bin ich zuversichtlich. 

Kurz nach 10 Uhr ertönt der Startschuss.

Nach den ersten 1,5 neutralisieren Kilometern bestimmt das Team Strassacker wie erwartet das Feld.

Das Tempo ist hoch, aber kontrolliert.

Frederik Böna
In den Flaschen bei Freddy: Powercarb von MoN Sports

Nervöses Fahrerfeld in Göttingen

Trotzdem ist das Fahrerfeld aus irgendeinem Grund von Beginn an sehr nervös. Bereits nach wenigen Kilometern gibt es in einem Kreisverkehr den ersten Sturz, in den einige Fahrer involviert sind.

Zum Glück sehe ich diesen Sturz nur aus der Entfernung. Trotzdem gibt es auch für mich immer wieder brenzlige Situationen:

Mal ist es eine verlorene Flasche eines anderen Fahrers, die durch das Feld rollt, mein ein abbruptes Lenkmanöver oder Abbremsen eines anderen Fahrers – ich fühle mich ziemlich gestresst.

Ganz links oder ganz rechts

Relativ früh beschließe ich, mich immer rechts oder links am Rand der Gruppe aufzuhalten, um notfalls zur Seite ausweichen zu können, sollte es zu einem Sturz vor mir kommen.

Eine Entscheidung, die sich noch auszahlen sollte. 

Doch so unwohl ich mich auch fühle, so entspannt kann ich das Tempo der Gruppe mitgehen. In dieser vergrößert sich allerdings die ohnehin schon große Nervosität noch einmal, je näher der Anstieg im Bramwald rückt, die erste größere Herausforderung des Tages.

Erneut kommt es zu Stürzen vor mir.

Einem davon kann ich nur ausweichen, indem ich rechts durch die Wiese fahre. Immer wieder bin ich gezwungen, Lücken zuzusprinten. Das kostet Kraft. Als es schließlich nach rund 50 Kilometern nach dem kleinen Ort Hemeln den 5,2 Kilometer langen Bramwald hinauf geht, fühle ich mich dennoch erstaunlich frisch.

Ich überlege kurz zu attackieren…

Ohne besonders große Anstrengung bewege ich mich vom hinteren Teil der Gruppe nach vorne. So weit, dass ich plötzlich an dritter Position fahre.

Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, mich an die Spitze des Rennens zu setzen und zu attackieren. Doch das Tempo kommt mir noch zu kontrolliert vor, die Favoriten sind mit Sicherheit noch relativ frisch und die großen Teams wie Strassacker und Leeze sind noch mit zu vielen Fahrern vorne vertreten, um etwaige Angriffe parieren zu können.

Ich nehme also lieber etwas raus und rolle entspannt über die Passhöhe. 

Wieder unten im Tal angekommen, geht plötzlich die Post ab.

Eine Ausreißer-Gruppe setzt sich ab. In ihr sind unter anderem vier Fahrer des Teams Strassacker. Ich bin viel zu weit hinten im Feld, um irgendwie reagieren zu können.

Als ich eigentlich schon davon ausgehe, dass die Ausreißer-Gruppe durchkommen wird, setzt sich das Team Leeze geschlossen an die Spitze des Feldes und erhöht das Tempo so sehr, dass die Ausreißer schnell gestellt sind.

Hoher Hagen – der KOM in Göttingen

So geht es wieder geschlossen in Richtung Hoher Hagen, der „großen“ Herausforderung des Tages und dem vermeintlichen Scharfrichter des Rennens.

Aus irgendeinem Grund bin ich darauf eingestellt, dass der Hohe Hagen nach 80 Kilometern beginnt. Als es nach 75 Kilometern bergauf geht, gehe ich zunächst davon aus, dass es sich nur um eine kleine Welle handelt, über die ich in der Gruppe entspannt drüber rollen kann.

Doch irgendwann merke ich: Das ist keine Welle, das ist bereits der Hohe Hagen!

Das Feld zerfällt bereits in kleinere Gruppen, überall fallen Fahrer zurück. Ich befinde mich zu diesem Zeitpunkt noch im hinteren Teil des Feldes. Da ich jedoch davon ausgehe, dass die Favoriten am Hohen Hagen attackieren würden, versuche ich, so schnell wie möglich nach vorne zu kommen.

Slalom

Gar nicht so einfach, wenn überall vor mir Fahrer zurückfallen. Gefühlt sprinte ich den Hohen Hagen Slalom durch andere Fahrer hinauf. Irgendwann sehe ich die Spitze vor mir.

Allzu viele Fahrer sind es nicht mehr, die noch vor mir sind. Doch meine Beine brennen. Mein Herz rast und meine Lunge fühlt sich an, als würde sie bald platzen.

Anstatt zu versuchen, die Lücke nach ganz vorne mit Gewalt zu schließen, nehme ich etwas raus und hänge mich immer wieder an einzelne Fahrer dran, atme kurz durch und erhöhe dann das Tempo wieder, um zu den nächsten Fahrern vor mir aufschließen zu können.

Das funktioniert erstaunlich gut.

In einer dreiköpfigen Gruppe erreiche ich schließlich die Passhöhe. Vor uns sind nur noch zwei Fahrer des Teams Strassacker mit wenigen Sekunden Vorsprung. Doch angesichts des starken Gegen- und Seitenwindes bin ich mir sicher, dass sie ohnehin nicht durchkommen werden.

Mit 20 Fahrern auf die letzten 20 km

In der Abfahrt schließen weitere Fahrer zu uns auf. Mit insgesamt rund 20 Fahrern geht es auf die verbleibenden 20 Kilometer und in die Verfolgung der beiden Ausreißer.

Einige Kilometer später finden rund 15 weitere Fahrer, die am Hohen Hagen abgehängt wurden, wieder Anschluss an uns. Mit etwa 35 Fahrern ist unsere Gruppe also wieder relativ groß.

Trotzdem wird der Vorsprung der beiden Ausreißer nicht kleiner, sondern sogar eher größer. Auch wenn das Team Strassacker mit ein paar Fahrern an der Spitze unserer Gruppe die Nachführarbeit ganz gut ausbremst, bin ich ziemlich beeindruckt von den beiden Fahrern an der Spitze.

Zielsprint in Göttingen

Zielsprint

Erst etwa 10 Kilometer vor der Ziellinie fällt einer der beiden Ausreißer zurück und wenige Kilometer danach ist es dann auch um den anderen Ausreißer geschehen. In Gedanken ziehe ich meinen Hut vor dieser Leistung. 

Inzwischen ist klar, dass es zu einem Zielsprint kommen wird.

Als mehr oder weniger reiner Bergfahrer weiß ich, dass ich mit dem Sieg oder auch dem Podium damit nichts zu tun haben werde. Doch das ist mir egal. Ich bin mehr als zufrieden mit dem Rennen und meiner Form. Das Training mit meinem SpeedVille Coach Philipp trägt weiter Früchte!

Aus dem Zielsprint halte ich mich dann doch raus und rolle stattdessen lieber entspannt über die Ziellinie.

Den Sieg holt sich Nils Becker.

Am Ende steht bei mir Platz 31 insgesamt und Platz 13 in meiner Altersklasse in der Ergebnisliste.

Am meisten freue ich mich aber, als ich sehe, dass ich in der Bergwertung tatsächlich auf Platz 2 gelandet bin! 



Fazit der Tour d’Energie in Göttingen

Mein persönliches Fazit zur Tour d’Energie ist dementsprechend durchweg positiv! 

Ein großer Dank geht an die Veranstalter der Tour d’Energie.

Nach zweijähriger Pause aufgrund von Corona und Planungsunsicherheit im Vorfeld ist es einmal mehr geklungen, ein tolles Radsport-Event mit über 3.000 Teilnehmern  zu organisieren, bei dem auch das Rahmenprogramm sehr viel zu bieten hatte.

Auch die Stimmung an der Strecke und vor allem am Hohen Hagen und im Zielbereich war wieder grandios!

Göttingen hat erneut gezeigt, dass die Stadt nicht nur eine Fahrradstadt ist, sondern dass auch der Amateur-Radsport sehr viele Menschen begeistern kann! 

Fotos: Swen Pförtner

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