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Wie du fahren musst, um beim Velothon Berlin vorne zu finishen – 3 Teilnehmer über Erfahrung, Vorbereitung & Taktik

by Daniel

Am 13.5. geht’s beim Velothon in Berlin wieder zur Sache, wenn über 10.000 Teilnehmer auf abgesperrten Straßen durch die Stadt heizen. Das Rennen ist flach, die Geschwindigkeiten hoch, das Drumherum atemberaubend. Was es braucht, um dieses Hochgeschwindigkeitsrennen ganz weit vorne zu finishen, darüber sprach ich mit Jens Heller (Team Drinkuth, Platz 3 in 2017) und Andreas Schmitz – dazu kommt noch Mathias Nix, der erstmalig beim Velothon an den Start gehen wird.

Velothon Berlin

An der Siegessäule vorbei – das Ziel ist jetzt nah

Welches Rennen würde dich mal reizen?

Da kannst du mir erzählen, was du willst, solch eine Liste hat jeder…

Bei mir schaut die Liste in etwa so aus:

Angefangen mit den „außergewöhnlichen“ Rennen, die ich bis dato schon fuhr, da wo der Haken also bereits dran ist.

Ich fuhr den Ötztaler in Sölden, Haken dran. Ich fuhr ein knapp 50 km langes Zeitfahren um den türkisblauen Attersee, Haken dran. Ich fuhr den Endura Alpentraum in 2014 mit über 6.000 Höhenmeter, so was von Haken dran. Ich fuhr in Köln, bei Rund um Köln, entlang des Rheinufers, eine Stadt, in der ich drei Jahre lebte, Häkelschen dran.

Hinzu kommen noch zahlreiche weitere Radmarathons und Rennen, die ich euch in dieser Auflistung ersparen möchte. Da waren einige gute dabei, einige von denen besser nicht fahren.

Bleiben wir aber bei den Veranstaltungen, die einen reizen, die man noch nicht gefahren ist. Die das Radlerherz in Wallung bringen.

Radrennen, die mich reizen

Bei mir sind es natürlich die Events in historischer Kulisse, mal ein Rennen in oder um L’Alpe d’Huez (z.B. der Marmotte Granfondo, siehe Kai Miebach Bericht), ein Rennen in Italien, da wo Radsport einfach mehr ist, oder mal einen Frühjahrsklassiker, wie die Flandernrundfahrt oder Paris–Roubaix – wenn es logistisch und zeitlich passen würde.

Rennen, bei denen es nach Historie, Schweiß und Bier riecht.

Dazu kommt aber noch dieses Faible für die atemberaubenden Dinger bei mir. Dazu zählen für mich vor allem die Parameter: Kulisse und Teilnehmer.

Rund um Köln ist so ein Beispiel. Traumhafte Location am Rheinufer, sportlich herausfordernd im Bergischen Land – eine meiner dicken Empfehlungen für euch da draußen (siehe Hanno Rieping GCC-Bericht 2017).

Zwei andere Rennen, die ich gerne mal angehen würde, weil mich diese Städte und vor allem das Ambiente drumherum extrem reizen, das ist der Velothon in Berlin (13.5.) und die Cyclassics in Hamburg (19.8.). Fehlt eigentlich nur noch ein Rennen in München, und Deutschlands Top 3 wären versorgt.

Velothon Berlin

Sprechen wir über den Velothon, sprechen wir über Kulisse.

Und das die in Berlin geil ist, da gibt es keine zwei Meinungen – es sei denn, man wiegt 58 Kilo und ist Bergziege. Für die ist Berlin wiederum eher schwierig.

Start auf der Potsdamer Straße, unweit des Potsdamer Platz. Auf abgesperrten Straßen durch Charlottenburg, den Grunewald und Dahlem (Berlins Bel Air), dann über den alten Flughafen Tempelhof und vorbei an der East Side Gallery, bevor dann auf der Straße des 17. Juni (Alta!!!!) das Laktat-Finale eingeläutet wird.

Krasser geht’s ja eigentlich nicht.

Dazu noch ordentlich flach, dürfte also eins der Rennen für mich sein. Wenn ich meine FTP aus 2016 von ca. 330 Watt wieder hätte, sollte eine Platzierung recht weit vorne (Top 100-200) durchaus drin sein?

Schauen wir also mal, was am 13. Mai in Berlin geht, wenn es zeitlich passt, werde ich sehr gerne an der Seite von Max Möbus alles rausholen.

Heute möchte ich mit drei Teilnehmern sprechen, die jedoch ganz sicher am 13. Mai an den Start gehen, um im „Beast Mode“ richtig einen abzufeuern.

Meine Fragen:

  • Was braucht es, um beim Velothon in Berlin eine ordentliche Performance abzuliefern?
  • Wo lauern die Gefahren?
  • Wie verhält man sich schlau in der Gruppe?
  • Wie gehen erfahrene Teilnehmer das Mega-Rennen an?
  • Wie viel Watt muss man treten, um am Ende, beim Zielsprint auf der Straße des 17. Juni, möglichst vorne zu landen?

Dazu sprach ich mit:

1) Andreas Schmitz

  • der Rheinländer nahm bereits zwei Mal am Velothon teil
  • einmal musste er das Rennen sogar im Stehen fahren, da ihm die Sattelstütze bei seiner Premiere wegbrach. Nicht so schön
  • beim zweiten Mal finishte er in den Top 100 – wiederum schöner

2) Jens Heller (Team Drinkuth)

  • nach seinem 3. Platz in 2017 ist der Berliner hochmotiviert, in 2018 noch weiter vorne zu finishen
  • den Velothon in Stockholm hat er sogar schon gewonnen
  • Berlin ist für ihn bestens geeignet, da er, wie er selbst sagt, ein Mann für die letzten 500 m ist – perfekt also für die Zielgerade in Berlin
  • wie hoch seine FTP ist, das verrät er uns unten

3) Matthias Nix (Team geschenke-online.de)

  • Matthias fuhr in den letzten drei Jahren das Fixed 42 Rennen der Rad Race Rennserie (siehe Interview mit Rad Race „Boss“ Ingo Engelhardt)
  • in 2018 möchte sich Mathias aber mal mit Bremse und Schaltung probieren – eine vernünftige Entscheidung
  • mit seinem Jedermannteam geschenke-online nimmt er an der GCC-Rennserie teil, hier wird Rad am Ring wieder eins seiner Highlights in 2018 werden

Velothon Berlin: Jens Heller, Andreas Schmitz & Mathias Nix über ihre Teilnahme

Velothon Berlin

Eine der schärfsten Ziellinien des Radsports – Straße des 17. Juni

In 6 Wochen geht’s wieder los beim Velothon. Wie zufrieden seid ihr mit eurer aktuellen Form? Seid ihr schon im „Beastmode“?
Andreas Schmitz: Ist man je mit seiner Form zufrieden? Ich denke, dass ich aktuell etwas „hinten dran“ bin, es sind aber noch 5 Wochen bis zum Rennen, da ist noch etwas Zeit, um den entsprechenden Punch zu bekommen.

Jens Heller: Könnte besser sein, aber so fühlt man sich ja immer.

Matthias Nix: Ich komme leider immer relativ schlecht durch den Winter. Dank Zwift hab ich aber im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich weniger abgebaut. Meine Hochform ist meist zwischen Juni und Juli. Derzeit bin ich recht zufrieden mit meiner Form. Trotzdem ist da noch viel Luft nach oben.

Wie viel Kilometer habt ihr bereits in den Beinen?
Andreas Schmitz: Ungefähr 4000 km. Der Februar und März waren meist extrem schlecht vom Wetter, prinzipiell fahre ich ja immer, egal welches Wetter, aber Eis und Schnee meide ich dann doch.

Jens Heller: Dieses Jahr bis jetzt 3500 km, der Saisonaufbau fing aber schon Mitte
November an. Und als berufstätiger Familienvater mit 2 Kindern funktioniert das nur mit kräftiger Unterstützung der Familie.

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Matthias Nix: Aktuell sind es knapp 3100 km. Ich denke bis zum Start, sollte ich über 5000 km in den Beinen haben.

Andreas und Jens, wie oft seid ihr bereits beim Velothon an den Start gegangen? Was macht für euch die Faszination des Rennens aus?
Andreas Schmitz: Das wird mein zweiter Start. Mich reizt an dem Rennen einfach die Größe; die Größe des Rennens und diese endlos breiten Straßen in Berlin. Wahnsinn mit so vielen „Verrückten“ durch Berlin auf Anschlag zu fahren.

Jens Heller: Ich stand bereits 6x am Start beim Velothon. Mich faszinieren die Masse der Menschen am Start, mit denen ich mich messen kann, und als Berliner mal richtig durch die Stadt heizen zu können.

Velothon Berlin

Velothon Berlin

Matthias, was reizt dich, zum ersten Mal in Berlin an den Start zu gehen?
Matthias Nix: Ganz klar die Strecke. Durch die Fixed-Rennen in den vergangenen Jahren weiß ich um die Beschaffenheit der Strecke. Berlin ist nun mal sehr flach. Das liegt mir.

Andreas und Jens, was war eure bis dato beste Zeit, Platzierung? Welche Zeit oder Platzierung strebt ihr in 2018 an?
Andreas Schmitz: Ich war zu langsam. Es waren Platz 74 in der AK und Gesamt: 193. Ich muss zu meiner Entschuldigung aber sagen, mir ist am Start die Sattelklemme der Stütze gebrochen, das bedeutete für mich das Rennen im Stehen zu bestreiten, es war nur ein „Anlehnen“ am Sattel möglich.

Für dieses Jahr also das klare Ziel: Verbesserung der Platzierung

Jens Heller: 2017 wurde ich Dritter auf der 180er-Runde in einer Zeit von 4:15 Stunden.

2016 wurde ich 2. auf der 60er-Runde. Somit steht ihn 2018 die 100er-Runde an, und hier endlich auch aufs Podest zu fahren! Das hatte ich in der Vergangenheit schon ein paar Mal probiert, aber es ist immer „nur“ eine Top10-Platzierung bei raugesprungen.

Matthias, welche Zeit oder Platzierung würdest du dir bei der Premiere wünschen?
Matthias Nix: Zeit ist schwer zu sagen. Wenn ich in Startblock A starten kann, wie mit dem Veranstalter besprochen, ist eine Top-50-Platzierung mehr als realistisch.

Welchen Tipp würdet ihr allen Neulingen mit auf den Weg geben? Was muss man beachten, um beim Velothon nicht „baden“ zu gehen?
Andreas Schmitz: Bleibe ruhig, halte die Linie, fahre in der Gruppe nie in der Mitte oder gar hinten. Zweite oder dritte Reihe ist perfekt. Fahre DEIN Rennen! Gehe Tempoverschärfungen nur mit, wenn die Beine es zulassen. Komme gesund rein, wir machen das alle nur für das Bier danach!

Jens Heller: Wichtig ist, dass man sich ein Ziel setzt (eine bestimmte Zeit, Geschwindigkeit, einfach durchzufahren etc.). Beim Rennen sollten man genügend Essen und Flüssigkeit zu sich zu nehmen.

Fahrt lieber in einer Gruppe als alleine, denn zusammen macht auch ein Radrennen mehr Spaß (außer ihr seid der erste :-))

Gegenseitige Rücksichtnahme (wie im Straßenverkehr) spielt auch eine große Rolle. Fahrt trotz des Wettkampfgedankens umsichtig. Gerade, wenn ihr in einen Zielsprint geratet, da die Strecken im letzten Moment wieder zusammengeführt wird, haltet euch eher rechts und bitte nicht aufgrund von Angst plötzlich Bremsen oder irgendwelche Schlenker fahren, damit es nicht zu bösen Stürzen kommt.

Wovor hast du bei deiner ersten Teilnahme am meisten Respekt, Matthias?
Matthias Nix: Ganz klar vor dem Starterfeld. Es werden viele bekannte Namen aus dem GCC dabei sein. Die Stärke der Fahrer kann man dann meistens einschätzen.

Wie geht ihr das Rennen strategisch an, Andreas und Jens? Ab welchem Zeitpunkt legt ihr einen Gang zu?
Andreas Schmitz: Ich versuche immer, eine gute Position in einer starken Gruppe zu halten, ab und an auch mal Führungsarbeit, so wird man in der Gruppe akzeptiert und nicht zum Lutscher abgestempelt. Aber im Prinzip ist das Motto: Schnell losfahren, Tempo hochhalten und bis zur Kot*grenze mit Vollgas über die Straße des 17. Juni.

Jens Heller: Ein Radrennen muss man lesen können, was aber auch sehr schwer ist. Man muss die Stärken der anderen Fahrer , die Strecke und die Begebenheiten kennen und seine eigenen Schwächen versuchen zu verstecken. Und natürlich seine eigenen Stärken im richtigen Moment freien Lauf lassen.

Ich bin der Mann für die letzten 500 Meter sage ich immer, für mich sind die Sprintankünfte meine Stärken. Alle Siege oder top Platzierungen habe ich im Sprint errungen.

Hast du einen „Matchplan“ Matthias? Wie würdest du deine erste Teilnahme strategisch zurechtlegen?
Matthias Nix: Ich würde es so handhaben, wie bei jeden anderen flachem Rennen: 98% der Zeit versuche ich in der Masse mit zu schwimmen und Stürzen auszuweichen – die restlichen 2% wird dann Dampf gemacht.

An alle, fahrt ihr mit einem Powermeter? Welche Wattzahl versucht ihr zu halten?
Andreas Schmitz: Nein, ich fahre (noch) ohne.

Jens Heller: Mein FTP liegt momentan bei über 300 Watt, der FTP-Wert wird meist aber nur im Trainingsaufbau genutzt. Am Ende ist es tagesformabhängig, was man auf Dauer drücken kann. Vorteil: Wenn man seine Werte kennt, weiß man, ob man das Renntempo durchhalten kann oder ob man sich in den Keller fährt. Eine große Rolle dabei spielt aber auch die Ernährung und die Flüssigkeitszufuhr beim Rennen.

Matthias Nix: Einen Wattmesser fahre ich nur im Training. Im Rennen würden mich die Werte zu sehr ablenken. Da höre ich dann lieber in mich rein.

Welches Radrennen würdet ihr in eurem Leben gerne noch fahren?
Andreas Schmitz: Dieses Jahr ist es der Solostart bei Rad am Ring, was danach kommt? Wer weiß, vermutlich „irgendwas“ in den Alpen.

Jens Heller: Auf meiner To-Do-Liste steht ein Ironman – aber auch an der kompletten Velothon Serie teilzunehmen, reizt mich ungemein, zumal ich in 2016 ja schon beim Velothon Stockholm gewonnen hatte.

Matthias Nix: Da unser Team (geschenke-online.de) den GCC fährt, nehmen wir an sehr vielen Rennen über das Jahr teil. Eines davon ist Rad am Ring. Ein super organisiertes Event, dass wohl jeden Fahrer an seine Grenzen bringt. Für mich ist es eine Hassliebe. Kurz nach dem Rennen sag ich immer, nie wieder. Einen Tag später, freut man sich schon auf nächstes Jahr.

Fotos: Getty Images for VELOTHON/CYCLASSICS

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