Wenn die Temperaturen im Winter und Frühjahr noch überschaubar niedrig sind, es früh dunkel wird, dann geraten Radsportler schnell an ihre mentalen und physiologischen Grenzen: eintöniges, langweiliges Training, die nicht nur an der Motivation zehren – jede Einheit auf der Rolle kann zur Qual werden. Johannes Heumann zeigt uns, wie man das Training in dieser Jahreszeit auf einfache, aber sehr clevere Art und Weise auffrischen kann – der Ötzi-Sub-9-Stunden-Finisher integriert das Laufen in sein Radtraining: Duathlon, nicht nur eine tolle Möglichkeit, an der VO2 max. zu arbeiten.
Von Johannes Heumann
Wie heißt es so schön: Ein Blick über den Tellerrand erweitert den Geist!
Nachdem ich jetzt viele Jahre im Nürnberger Raum unterwegs bin, kommt man in dieser Gegend nicht um das Thema Triathlon herum. Denn unweit von Nürnberg schlägt das Herz dieses Sports, bekanntlich in Roth.
Jeder, der sich hier mit Ausdauersport beschäftigt, kommt – ob er will oder nicht – mit dieser Veranstaltung in Berührung.
So auch ich.
Jedoch merkte ich bereits vor vielen Jahren als Jugendlicher, dass Schwimmen nicht meine Leidenschaft ist, sondern einfach nur Leiden verursacht.
Purer Hass: Schwimmen
In der vierten Klasse als einer der Letzten das Seepferdchen abgelegt, war einfach klar, dass kein Michael Phelbs mehr aus mir wird. Dennoch gab ich mich mit 15 Lenzen der Illusion hin, einen Triathlon zu absolvieren.
500 Meter im Freibad mit vielen Zuschauern – die reine Hölle.
Diesen Tag werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Unter mitleidigem Applaus hatte ich als einziger noch drei Bahnen zu schwimmen und als ich dann noch erfuhr, dass meine Mutter meinen Vater am Anfeuern hinderte, weil ihr meine Leistung peinlich war, war dieses Thema ein für allemal erledigt.
Duathlon: der kleine Bruder vom Triathlon
Jedoch gibt es im Frühling, wenn die Gewässer noch zu kalt sind, zum Glück eine abgespeckte Version.
Diese nennt sich Duathlon, nein kein Biathlon, wir sind Pazifisten.
Ein Duathlon läuft folgendermaßen ab: Zuerst wird gelaufen, dann auf das Rad gewechselt und zum Abschluss wieder gelaufen. Gestartet wird im Massenstart, sozusagen jeder gegen jeden.
Gefahren wird ohne Windschattenerlaubnis, zwölf Meter Abstand nach hinten und zwei Meter seitlich beim Überholen, also auch hier jeder gegen jeden.
Die Distanzen sind je nach Veranstaltung ganz unterschiedlich.
Verschiedene Distanzen beim Duathlon
Zum Beispiel 5 km Laufen, 25 km Radfahren und 5 km Laufen erneut zum Schluss. Diese Distanzen können sich dann über die sogenannte Kurzdistanz (10-40-5), analog zum Triathlon, bis hin zu Langdistanzen steigern.
Einer der längsten Duathlons findet alljährlich im schweizerischen „Duathlon“ (heißt wirklich so!) statt, mit 10 km Laufen gefolgt von 150 km Radfahren und einem abschließenden Lauf von 30 km.
Warum ist das nun auch für Rennradfahrer eine Überlegung wert?
Vor allem durch die Zeit im Frühling, bietet sich der Winter optimal als Trainingszeit an. Neben dem meist knackigen Intervalleinheiten, die meist eh nur 90 Minuten dauern, lässt sich ein Läufchen perfekt dranhängen oder vorziehen.
Zusätzlich habe ich im Winter die ein oder andere Nüchterneinheit mit dem Laufen absolviert. Denn zur kalten Jahreszeit ist es morgens doch noch recht frisch und dunkel. Daher ist ein Lauf perfekt, eine Radfahrt eher nicht.
Natürlich gilt dies auch für abends.
Gutes VO2 max. Training
In Ergänzung habe ich die eine oder andere VO2max-Einheit im Laufen absolviert: Beispielsweise 10x500m in 90 Sekunden. Dies schafft für mich im Winter etwas mehr Abwechslung, als immer nur die Kellerwand auf der Rolle mit Zwift anzusehen – gleichzeitig hat man für den Frühling schon ein Ziel und man weiß wofür man das Laufen trainiert.
Was macht für mich den Reiz aus?
Es ist auf der einen Seite eine neue sportliche Herausforderung, denn bei den ersten Läufen nach dem Radtraining merkt man schon, dass es den Beinen gar nicht gefällt, vor allem nochmal schnell zu laufen.
Man läuft wie auf Eiern.
Daher sind sogenannte Koppelläufe im Training auch wichtig und so kann man eine kalte Wintertour noch etwas erweitern. Was mir auch noch gefällt ist die Atmosphäre, wie oben gesagt: Mann gegen Mann.
Nicht wie beim Radrennen, mit den ganzen taktischen Spielchen.
Hier zählt, wer der Beste ist, der gewinnt. Praktisch, wie ein Einzelzeitfahren, nur mit ein bisschen Vorbelastung und dass man sofort weiß, wo man steht.
Duathlon Day in Hilpoltstein
In jedem guten Aufsatz soll nach Behauptung und Begründung einer These ein praktisches Beispiel folgen.
Hier möchte ich euch mitnehmen auf meinen Duathlonausflug von Sonntag Ende April (29.4.) – beim „Duathlon Day“ in Hilpoltstein.
Hilpoltstein ist der Startort der Challenge Roth, daher ist immer ein hochkarätiges Teilnehmerfeld garantiert.
Schon beim Einchecken das Rades, gefahren wird in den meisten Fällen mit dem Zeitfahrrad, rutscht einem das Herz ein bisschen tiefer: Beste Carbonräder, die von durchtrainierten Körpern geschoben werden.
Durchtrainierte Athleten allerorten
Jaja, hier lohnt auch ein Blick auf die durchtrainierten Oberkörper: ein Sixpack hier, ein sonnengebräunter Körper da.
Mann, Mann, Mann, mir wird klar, dass das wohl mit Top 20 heute nichts wird. Nach dem Einchecken des Rades in die Wechselzone, hier werden vor allem die Helme kontrolliert, gilt es sich dann ein bisschen warm zu machen.
Einlaufen, Dehnen, ein paar Steigerungsläufe und weitere Sichtung des Teilnehmerfeldes.
Auch in dieser Szene gibt es Teams und Vereine, die mit gemeinsamen Trikots starten. Es gibt allerdings keine Einteilung in A-, B- oder C-Klasse bzw. Jedermann.
Hier darf jeder starten.
An der Startlinie fanden sich dann etwa 150 Männer bei 30 Grad Celsius ein und los ging die wilde Hatz.
Eine Riesengruppe vorne weg, etwa 20 Mann stark. Unglaublich. Ich etwa an 30. Position auch am Limit. So ging es 8 km durch die Landschaft. Die schnellsten Läufer hatten diesen Weg in etwa 29 Minuten hinter sich gebracht.
Optimierungspotenzial in der Wechselzone
Ich kam mit etwa drei Minuten Verspätung an. In der Wechselzone angekommen, hieß es, Laufschuhe gegen Radschuhe zu tauschen, der geübte Triathlet hat natürlich seine Schuhe schon in den Pedalen, sodass er erst beim Fahren in diese schlüpft. Ich könnte das schon rein physiologisch nicht. Umfallen garantiert.
Dann hieß es mit etwas Verzögerung: Einzelzeitfahren.
30 km in 50 Minuten standen bei mir auf der Uhr, also ein 36er-Schnitt.
Die ersten 15 km konnte ich gar nicht drücken, die Beine schmerzten nur. Die schnellsten fuhren die Strecke in 46 Minuten. Zum Abschluss wieder rein in die Wechselzone und 3 km laufen oder zumindest versuchen zu laufen.
Versuchen? Der Körper will eigentlich nicht mehr. Gar nicht mehr.
Man versucht aber, irgendwie in einen Rhythmus zu kommen, den man zugegeben bei nur 3 Kilometern recht schnell finden muss.
Es tut einfach nur noch weh und ist vor allem für den Kopf schwer. Nicht nur für die Beine.
Im Ziel angekommen, erstmal ab in den Schatten und wieder zu sich kommen.
Nach 1:38 Stunden am Limit (ø Puls von 174) musste ich erstmal wieder auf diese Welt zurückkehren. Meine Zeit bedeutete schließlich Platz 30. Etwas ernüchternd auf den ersten Blick, aber mit dem Wissen, dass einige Bundesligatriathleten am Start waren, gar nicht mal so schlecht.
Außerdem bin ich nicht vom Fach.
Fazit meine Duathlon Days in Hilpoltstein
Ich kann es jedem empfehlen, der mal etwas anderes probieren will und eine harte Einheit sucht. Eine tolle Alternative zum manchmal recht eintönigen Radsport – vor allem in der kalten Jahreszeit!
Fotos: Johannes Heumann