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Autos vs. Rennradfahrer:
14 Regeln, die jeder von uns kennen sollte!

by Daniel

Autofahrer, die einen abdrängen, Stinkefinger, die in gegenseitiger Ablehnung durch die Luft fliegen oder gerne auch mal Scheibenwischanlagen, die uns Radfahrer, öfter als uns lieb ist, nass machen. Kaum eine Ausfahrt, bei der es nicht mal wieder kurz vor knapp ist. Neulich hatte ich auch mal wieder eins von diesen Erlebnissen und danach gestrichen die Schnauze voll. So macht das Radfahren definitiv keinen Spaß. Welche Regeln gelten nun für uns Radfahrer? Wie ist die offizielle Gesetzeslage schwarz auf weiß? Wann dürfen wir zurückschnauzen und wann sollten wir unbedingt den Ball flach halten?

Regeln Radfahrer

Es ist einer dieser Spätsommertage im September, irgendwo im Süden von München. Die Tage werden kürzer, die Tage werden kälter. Der Regen der letzten Tage liegt noch auf der Straße, bei den Temperaturen dauert es länger bis die Nässe verdunstet ist. Draußen will bei diesen Bedingungen keiner trainieren. Aber was hilft alles jammern? Ich habe keine andere Wahl. Wenn ich beim King of the Lake nicht komplett abkacken möchte, dann muss ich nochmal raus. Der Radsport ist gnadenlos und kennt kein Mitleid. Trainierst du nicht wirst du leiden, versprochen!

Und hier ist sie wieder: Diese eine perfekte Straße unmittelbar neben dem Starnberger See. Eine Straße wie ein Gedicht: glatte Oberfläche, keine Schlaglöcher, nicht zu viel Verkehr – der perfekte Ort, um gleichmäßig zu trainieren. Wenige Meter weiter rechts sieht die Sache schon anders aus. Es ist einer dieser Radwege in Deutschland, der in den letzten Jahrzehnten, vor allem seit dem Radboom in den 80ern, entstanden ist. Für die eine Spezies Radfahrer, die mit Körbchen, Kippe im Mund oder Hund an der Leine, sind diese Radwege vollkommen ok – für die anderen Radfahrer, also für uns Freaks, die mit den dünnen Reifen und Ärmchen alles andere als eine Option: Schlaglöcher, herumliegendes Laub, hin und wieder Kies vom Vorwinter, Fußgänger, Hunde, Kleinkinder oder Autos, die aus Ausfahrten herausschießen – die Liste ist noch lange nicht zu Ende, es wird einem aber schnell klar, dass man hier nicht seriös Rennrad fahren kann. Das Unfallrisiko ist auf den Radwegen deutlich höher als auf der Straße. Laut einer Studie der schwedischen Universität Lund sogar bis zu zwölf Mal so groß.

Der Grund dafür sind unter anderem Typen wie Andi, im bayrischen auch Ändi genannt. So nenne ich ihn jetzt einfach mal. Während ich also ganz konzentriert meinem Training nachgehe, höre ich wie von hinten ein Auto immer näher kommt und für deutlich zu lange Zeit hinter mir verharrt. Gegenverkehr ist keiner vorhanden, er könnte ganz entspannt überholen. In diesen Sekunden brennen bei Ändi aber wahrscheinlich die letzten noch vorhandenen Sicherungen durch. Er setzt zum Überholen an und fährt für eine deutlich zu lange Zeit parallel neben mir her: Mit leuchtendem Smartphone in der Hand und tiefem bayrischen Akzent, es riecht sofort nach Kuhstall, weist mich der Spätpubertierende daraufhin, dass ich verdammt nochmal den Radweg nutzen soll. Ausrufezeichen ist der obligatorische Gruß per Scheibenwischanlage. Ändi und sein leuchtendes Handydisplay mussten weiter.

Eine dieser Begegnungen, die jeder von Euch in ähnlicher Art und Weise schon mal erlebt hat. Sicherlich nicht die schlimmste aller „Auto-vs.-Radfahrer-Duelle“, mir reichte es jetzt aber endgültig. Ich hatte die Schnauze voll. Drei Jahre lang habe ich mir diesen Mist nun angehört. Ich wollte Klarheit. Was darf ich nun, und was nicht? Wann darf man das Maul aufreißen und wann sollte man lieber die Fresse halten?

Anlass genug, mich in den Tagen danach in Ruhe hinzusetzen und die Gesetzeslage der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zu studieren. Was für eine Höllenarbeit: ein trockener Paragraph im Beamtendeutsch nach dem anderen. Eigentlich eine Strafarbeit für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat – für meine nächste Begegnung mit Ändi und anderen leicht gereizten Autofahrern wollte ich aber gewappnet sein.

Herausgekommen ist eine Liste mit den (deutschen) Verkehrsregeln, die sich jeder Rennradfahrer unbedingt durchlesen sollte. Ich sag es gleich: Sonderlich gut sieht das nicht für uns aus…

Die wichtigsten Verkehrsregeln für Rennradfahrer auf einen Blick

stvo radfahrer

Meine Recherche der gängigen Gesetzestexte und Fachmedien (StVO, StVZO, Webseiten, Blogs und Co.). Hinweis: Dies stellt keine verbindliche Rechtsauskunft dar. Ich habe die Informationen mit bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen. Bei einigen Punkten musste auch interpretiert werden, da es entsprechend keinen Passus in den Gesetzestexten gibt. Wenn Euch etwas auffällt, schickt mir ne kurze E-Mail.

1) Helmpflicht?

Nein, es besteht laut StVO keine Pflicht für Radfahrer, einen Helm zu tragen. Empfohlen wird natürlich einen Helm zu tragen, es droht aber kein Bußgeld oder ähnliches, wenn man oben ohne fährt.

Wie schaut’s in diesen „Radsportländern“ im Rennradurlaub aus?

  • Italien? Nein
  • Spanien (v.a. Mallorca): für alle Radfahrer außerhalb geschlossener Ortschaften; Jedoch nicht bei langen Steigungen oder hohen Temperaturen (Definition einer langen Steigung oder einer hohen Temperatur?)
  • Frankreich? Nein
  • Österreich? Kinder unter 12 Jahren
  • Schweiz? Nein
  • Belgien? Nein
  • Niederlande? Nein

2) Kopfhörer tragen und Musik hören?

Eingeschränkt erlaubt. Musik darf per Kopfhörer (Stöpsel in den Ohren etc.) gehört werden, jedoch darf die Musik nicht zu laut sein, sodass man den Straßenverkehr noch ausreichend wahrnimmt.

Wichtig: Musik hören ist zwar erlaubt, das Bedienen (Vor- und zurückspulen, neue Lieder auswählen) des Gerätes, von dem die Musik herkommt (Musikplayer, Smartphone), ist nicht erlaubt!

3) Telefonieren während der Fahrt?

Eingeschränkt erlaubt. Zwar darf während der Fahrt kein Handy „benutzt“ werden, im §23 (1a) der StVO wurde der Passus etwas aufgeweicht. Demnach interpretiere ich diesen Passus wie oben bei Punkt 2. Per Kopfhörer in adäquater Lautstärke ja, aber Finger weg vom Handy.

4) Radwegpflicht für Rennradfahrer?

Ganz klar einer der häufigsten Streitpunkte. Und die StVO sagt hier per § 4 (4) eindeutig, dass Fahrräder einen Radweg zu nutzen haben, wenn dies durch eins der drei Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Dabei ist es vollkommen egal, ob man ein 7 kg leichtes Rennrad oder 12 kg schweres MTB fährt. Das heißt im Klartext: Seht ihr eins der blauen Schilder mit einem weißen Rad drauf, MÜSST ihr leider auf dem Radweg fahren.

Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen.

Radwege müssen nicht benutzt werden, wenn…

  • der Radweg objektiv nicht zumutbar ist. Dabei spielen Komfort- oder Geschwindigkeitseinbußen keine Rolle. Hier geht es vor allem um Scherben, Schlaglöcher, Überschwemmungen, Müll auf dem Radweg, Baumstämme, Schnee, Laubhaufen etc.
  • man in einer geschlossenen Gruppe von mind. 16 Teilnehmern fährt (§27 StVO (1)). Nicht nur, dass man ab dieser Gruppenstärke auch auf der Straße fahren darf, man darf auch zu zweit nebeneinander fahren.

5) Rennradfahrer mit einer gültigen Lizenz müssen nicht auf Radwegen zu fahren?!

Vollkommener Mumpitz. Im Zuge der Recherche bin ich auch auf diese Theorie gestoßen. Die Lizenz dokumentiert lediglich Eure Zugehörigkeit zu einem Verband, ein Freifahrtsschein für Gesetze und Verordnungen ist freilich nicht enthalten. Wie sich das bei Diplomaten verhält, kann ich an der Stelle nicht sagen. Die dürfen wahrscheinlich auch mit einem Kettcar auf der Autobahn fahren.

6) Dürfen Rennradfahrer zu zweit nebeneinander fahren?

Nein. Erst ab 16 Teilnehmern (s.o.) dürfen Rennradfahrer zu zweit nebeneinander fahren, da sie dann als geschlossene Gruppe gelten. Zu einer geschlossenen Gruppe gehört auch, dass keine größeren Lücken im „Verband“ sind. Bis inklusive 15 Teilnehmer müssen Radfahrer laut StVO §2 (4) einzeln hintereinander fahren. Nebeneinander darf nur gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird. Wenn Autos aufgrund dessen nicht überholen können, würde ich diese Tatsache mal als Verkehrsbehinderung bezeichnen.

7) Dürfen Radfahrer über rote Ampeln fahren?

Grundsätzlich nein, hier gibt es aber zwei Ausnahmen.

Radfahrer dürfen über rote Ampeln fahren, wenn…

  • man innerhalb eines geschlossenen Verbandes (mind. 16 Teilnehmer) fährt und die Spitze des Verbandes noch bei grün über die Ampel fahren konnte. Die restlichen Teilnehmer des Verbandes dürfen also auch mit über die Ampel, wenn diese zwischenzeitlich auf rot umgesprungen ist
  • auch wenn man nicht in einem Verband unterwegs ist, können laut ADFC eine rote Ampel ignorieren: „Und zwar dann, wenn es sich um einen baulich von der Fahrbahn getrennten Radweg handelt und kein kreuzender Verkehr vorhanden ist, also etwa ein Fußgängerüberweg. Dann dürfen Radler geradeaus weiterfahren und sogar eine eventuell vorhandene Haltelinie ignorieren.“

8) Dürfen sich Radfahrer an der Ampel vordrängeln?

Ja, das dürfen wir. Die StVO sagt im §5 (8), dass Radfahrer wartende Autos mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen dürfen, wenn ausreichend Raum vorhanden ist. Bei der „mäßigen“ Geschwindigkeit müssen die 1,5 m Abstand also nicht mehr eingehalten werden.

9) Dürfen Radfahrer mitten auf der Straße fahren?

Ja, wenn es gerade keinen benutzungspflichtigen Radweg gibt. Christoph Schmidt vom ADAC in Köln sagt dazu: „Er sollte zum rechten Straßenrand einen Meter Abstand, bei rechts parkenden Autos sogar mehr halten. Ansonsten würde er sogar bei Unfällen mit einer unsachgemäß geöffneten Autotür haften“. Dass ein Überholen für Autofahrer dadurch auch mal unmöglich wird, darin sieht Schmidt kein Problem: „weil der Autoverkehr beim Überholen nach Rechtsprechung anderthalb Meter Abstand zum Fahrrad halten muss, bei Kindern sogar 2 Meter.“ Ohne vollständig die Spur zu wechseln, sei bei Spurbreiten von 3,50 m – 4 m legal nicht möglich.

10) Rennradfahrer dürfen nicht auf Bundesstraßen (B1, B2 etc.) fahren?

Nein. Radfahrer dürfen bis auf Kraftfahrtstraßen (blaues Schild, weißes Auto, StVO §18) auf ALLEN Straßen fahren – es sei denn, es gibt wie oben beschrieben den benutzungspflichtigen Radweg.

11) Dürfen Radfahrer noch mit 1,5 Promille Fahrrad fahren?!

Dieser Punkt zeigt spätestens, dass die Rechtssprechung mal wieder aktualisiert werden müsste. Während bei Autofahrern die Promillegrenze bei 0,5 liegt, dürfen Radler ein paar selbige mehr trinken: 1,6 Promille ist der Grenzwert für alle Radfahrer. Wahnsinn!

So, liebe Freunde, jetzt wird es ernst.

Bei den folgenden Punkten muss man leider eingestehen, dass wir mit den gängigen Rennrädern auf der Straße laut Gesetzeslage rein gar nichts verloren haben – wenn man also will, kann man einen Großteil von uns jederzeit an den Eiern packen.

12) Rennräder brauchen keine Klingel!

Falsch, laut §64a der StVZO müssen Fahrräder (wird nicht nach Radtypen unterschieden) mit mindestens einer helltönenden Glocke ausgerüstet sein. Ich behaupte an der Stelle mal, dass 95% der Rennräder keine Klingel am Lenker haben…

13) Rennräder brauchen keine Pedalreflektoren!

Falsch. Paragraph 67 (6) ist auch hier gnadenlos und besagt, dass die Pedale mit nach vorne und hinten wirkenden Rückstrahlern ausgerüstet sein müssen.

Wo wir gerade beim Thema Reflektoren sind, legt Absatz 7 den Finger weiter in die Wunde und verlangt von Fahrrädern an Vorder- und Hinterrad im Beamtendeutsch sogenannte Speichenrückstrahler. Besser auch bekannt als Katzenaugen. Beim Gedanken an Lightweights Laufräder mit Katzenaugen läuft mir eine kleine Träne die Wange herunter.

14) Rennräder brauchen kein fest installiertes Licht?

Korrekt. Ist auch vollkommen egal, ob du um 12 Uhr mittags oder abends fährst, die StVZO per §67 sieht jedoch vor, dass das Fahrrad mit einer „lichttechnischen Einrichtung“ versehen ist. Bis 2013 waren nur Fahrräder unter 11 kg von einer Dynamopflicht befreit, aktuell sind batterie- und akkubetriebene Lampen für alle Räder erlaubt. Die batteriebetriebenen Lampen müssen nicht fest am Rad angebracht sein, sind jedoch stets mitzuführen. Hier bin ich mir auch sicher, dass ein Großteil die Lampen nicht im Trikot dabei hat.

Fazit: Regeln, die wir Radfahrer kennen sollten

Wir Rennradfahrer sind auf deutschen Straßen leider nur geduldet. So hart muss man es ganz klar ausdrücken! In wahrscheinlich 99% der Fälle würden wir, aufgrund der Punkte 12-14, bei jeder Polizeikontrolle den Kürzeren ziehen. Ich weiß ja nicht, mit welchen Kollegen ihr Eure Ausfahrten macht, ich persönlich habe aber bis dato sehr, wehr wenige Rennräder mit einer Klingel gesehen – mit Sicherheit aber noch kein Rennrad mit Pedalreflektoren bzw. Katzenaugen.

Von daher wird es allerhöchste Zeit, dass man die Gesetzeslage anpasst bzw. die Radwege wieder vernünftig saniert – hier wurde in den vergangenen Jahren oftmals sehr wenig Geld reingesteckt. Wobei die Frage gestellt werden muss, ob man wirklich auf einem gut gepflegten Radweg fahren mag? Zu groß ist nach wie vor die Gefahr vor Hunden, Kleinkindern und Autos, die aus den Ausfahrten schießen.

Ein gewisses Maß an Selbstkritik steht uns aber auch nicht schlecht zu Gesicht: Wundern dürfen wir uns also nicht, wenn mal wieder ein Autofahrer vollkommen ausflippt. Sicherlich sind die Toleranzschwellen sehr unterschiedlich, ich persönlich kann Autofahrer aber auch durchaus verstehen, die sich drüber aufregen, dass da wieder ein paar Radler zu zweit nebeneinander fahren und sie nicht überholen können. In der Situation darf man auch mal das Hirn einschalten und hintereinander fahren.

Immer dran denken, wir ziehen in jedem Fall den Kürzeren.

Autos vs. Radfahrer: 3 brenzlige Situationen von Euch

Mich hatte mal brennend interessiert, was ihr so für grenzwertige Situationen mit Autofahrern erlebt habt – entsprechend habe ich den einen oder anderen Lesern zum Thema befragt.

Reinhard: „Meine letzte Begegnung der „unangenehmen Art“ war vor 14 Tagen auf meinem Hausberg, dem Kesselberg (7% steil im Schnitt). Ich war auf dem Weg nach oben. Vor mir ein MTB-Fahrer, hinter mir ein BMW X5. Ich überhole den MTB-Biker, hinter mir wird wie wild gehupt. Na klar, als der BMW dann vorbeifahren konnte gab es natürlich eine Dusche aus der Scheibenwischanlage. Ist aber noch nicht zu Ende: In jeder der folgenden Kehre verlangsamte der BMW Fahrer, um mich abermals zu „erfrischen“. Armselig!“

Georg: „Das, was man so kennt: hupende Autofahrer und im Vorbeifahren den Mittelfinger rausstrecken! Mir selbst ist zum Glück noch nichts passiert. Anders aber bei einem guten Bekannten: Er wurde vom Auto absichtlich abgedrängt, das Ganze endete mit einem Faustkampf!“

Martin: „Gott sei Dank noch nichts richtig schlimmes! Eher die Klassiker wie Wischanlage, Mittelfinger oder auch mal abgedrängt werden. Blöd nur, wenn dann ein paar hundert Meter später eine rote Ampel kommt.“

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