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50 Watt in 3 Monaten – mit diesen Tricks & Kniffen drehte Coach Philipp Diegner meine Saison!

by Daniel

Der Weihnachtsmann steigt schon mal in den Coca-Cola-Truck, die erste von vier Kerzen wird nächsten Sonntag angezündet und Muttis Backofen feiert wieder Hochkonjunktur, das Jahr neigt sich eindeutig dem Ende entgegen. Höchste Eisenbahn, einen Strich unter meine 2016er Saison zu ziehen. Was lief gut, was lief schlecht – sowohl im Training, als auch in den Rennen – und welche Schlüsse ziehe ich daraus für die kommende Saison?

Rund um Köln50 Watt Leistungszuwachs an der Schwelle innerhalb von nur drei Monaten! Wow, ein beachtlicher Wert. Nach meinem Rund um Köln Desaster schaffte es Philipp Diegner, die Saison doch noch zum Guten zu wenden. Vor ein paar Wochen hatte Philipp die interessante Idee, meine durchaus abwechslungsreiche Saison einmal anhand von Zahlen, Daten und Fakten (ZDF) zu rekapitulieren: Wie entwickelte sich das Training? Was für Auswirkungen hatten die Einheiten auf die absolvierten Rennen & Marathons und welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus für 2017.

Da simma dabei!

Beim einen oder anderen von Euch wird’s wahrscheinlich Parallelen geben: hoch motiviert im Jan./Feb., dann erste Motivationstäler im Frühjahr – entsprechende Ableitungen könnt ihr für Eure 2017er Saison treffen. Aber bitte immer dran denken: Jedes System reagiert anders auf die Reize. Bei Risiken und Nebenwirkungen bitte Headcoach Philipp oder das Trainingsinstitut in Eurer Nachbarschaft fragen.

Erste Standortbestimmung bei STAPS

STAPS Björn GeesmannWow, das geht ja schon mal gut los! Ich sehe Björn Geesmanns Gesicht heute noch vor mir, als er mir etwas ungläubig meinen Wattwert (325 Watt) an der Schwelle vorliest. Ich hatte soeben meine Leistungsdiagnostik bei STAPS durchgeführt. Und die verlief überraschend gut. Bei meinen letzten Leistungsdiagnostiken beim Radlabor schien die 300-Wattmarke noch mein natürliches Ende zu sein; Anfang 2016 schienen sich die Grenzen etwas verschoben zu haben. Erste härtere Reize im Wintertraining hatten also etwas bewirkt. Entsprechend euphorisch fuhr ich vom Hof, der im Osten von Köln liegenden historischen Mühle – und direkt ins Trainingslager auf Lanzarote in den Süden.

Das Rennradjahr 2016 schickte sich an, ein gutes zu werden!

Motivation durch Ziele

340-350 Watt an der Schwelle, das war mein Ziel für den Saisonhöhepunkt in dieser Saison. Dass ich dieses bei weitem nicht erreicht habe, ist bekannt, macht aber überhaupt nix, zumindest hat es dazu beigetragen, stetig „dranzubleiben“. Jeder von uns braucht Ziele, sonst ist irgendwann die Luft raus. Nur so vor mich „hindiddeln“ ist nicht mein Ding. Einer meiner Tipps an Euch: Setzt Euch ambitionierte aber dennoch realistische Ziele. Wer die ganze Zeit im Nebel rumstochert, verliert erfahrungsgemäß die Lust und schmeißt schnell die Flinte ins Korn.

Die ersten 2,5 Monate waren noch entsprechend schwungvoll: Ein gutes Trainingslager auf Lanza, über 40 Trainingsstunden im Februar und mit Volldampf in den März. Aber bis hierhin und nicht weiter. Ich weiß nicht wirklich warum, die Luft war erst einmal raus; ich konnte mich einfach nicht mehr motivieren, aufs Bike zu steigen. Trotz all der Ziele, so ehrlich müssen wir schon sein.

Jetzt im Nachgang würde ich es wahrscheinlich mit fehlendem „Gruppendruck“ begründen; die meisten Einheiten fahre ich tagsüber als Freiberufler alleine. Und wenn du alleine fährst, tritt dir keiner in den Arsch. Fünf gerade sein lassen und Gummibärchen statt Quälen mit anderen. Das Thema Motivation ist sicherlich ein ganz zentrales, wenn man dauerhaft hochwertig trainieren möchte.

Aber, aber: Es müssen nicht immer andere Trainingskollegen sein, die einem in den Allerwertesten treten. In der Zusammenarbeit mit Philipp merkte ich schnell, dass es durchaus pushend sein kann, einen Coach zu haben – auch wenn er am anderen Ende Deutschlands (bei Hamburg) sitzt –, der ganz simpel auf die Garmin-Datei am Ende des Tages wartet.

Mit diesem Coach aus der Nähe von Hamburg sollte sich mein Training nach meinem ersten Rennen in 2016 – Rund um Köln –massiv ändern…

Diese Trainingselemente haben ihn nach vorne gepusht!

Von Philipp Diegner…

Rund um Köln – Status Quo

Rund um Köln

So sieht Leiden aus…

Heftiger Einbruch bei Rund um Köln. Eine solide erste Rennhälfte mit ca. 227W im Schnitt, danach „explodiert“ Daniel und kriecht ins Ziel. Was war passiert? Nach einem guten Winter hatte Daniel ein starkes Level erreicht: FTP/IANS um die 320W schon Anfang Februar, im Trainingslager auf Lanzarote. Danach verlor das Training an Konstanz, ein USA-Urlaub, fast ohne Fahrradzeit, läutete endgültig das Detraining ein!

Detraining umzukehren dauert ungefähr genauso lange, wie die Ruhephase!

Zurück zur IANS

Ziel für den Rest der Saison: Zurück zur Lanzarote IANS. Für das große Ziel King of the Lake, galt es die Stundenleistung zu maximieren, gleichzeitig auch die Ermüdungsresistenz für die folgenden Radmarathons signifikant zu steigern. Als Faustregel gilt: Detraining umzukehren dauert ungefähr genauso lange, wie die Ruhephase.

Die folgenden Trainingsblöcke sind zu nennen:

  1. Block: AKUT
    In den zwei Wochen bis zum Mondsee Radmarathon stoppten wir den Leistungsrückgang und brachten Konsistenz in das Training. Daniel fuhr hauptsächlich relativ lockere, STETIGE Grundausdauer (GA) Einheiten. Schon nach 4 oder 5 Workouts zeigte Daniel eine positive Reaktion: Eine deutliche Verbesserung des Herzfrequenz/Leistungs-Verhältnisses im GA-Bereich. Als letzten Reiz vor dem Mondsee Radmarathon fuhr er eine Sweetspot (SST) Einheit bei (90-93%) der auf Basis der RUK-Daten vermuteten Schwelle (~275W und 160bpm)
  2. Block: 5 Wochen bis zum Arlberg Giro
    Der richtige Formaufbau beginnt, um wieder zur Februarleistung zurückzufinden. Wichtigstes Element: Herantasten an lange intensive Belastungen – zum einen für die Anstiege in den folgenden Marathons – zum anderen für die gute Stunde volle Ausbelastung beim King of the Lake

Wichtige Trainingselemente:

  • Nüchterntraining als effizientes Ausdauertraining
  • Sweetspot und Schwellenintervalle, um die IANS zu pushen und Ermüdungswiderstände stark zu verbessern

Die Intensitäten machen insgesamt 10-20% der Trainingszeit aus (bei 90% der IANS und mehr). Wir haben Erfolg und in der 5. und letzten Woche vor dem Arlberg Giro fährt Daniel seine letzten 8min Intervalle bei 310W (160-165bpm). Die Kletterleistung ist deutlich verbessert und die Grundlage für den KOTL ist gelegt.

  1. Block: 4 Wochen bis zum GFNY Deutschland
    Die Intensitäten werden weiter angezogen: Längere Schwellen- und SST-Trainingseinheiten mit bis zu 45min. Der Leistungszuwachs ist immer noch deutlich, aber findet jetzt etwas langsamer statt. Die IANS erreicht wieder die 320W! Daniel ist wieder in der Lage, wiederholte Belastungen auch jenseits der Schwelle wegzustecken, ohne am Ende derbe einzubrechen!
  1. Block: Finale Vorbereitung für den KOTL
    Das Zielniveau ist so gut wie erreicht: 325W IANS. Das Training zielt darauf ab, die Ermüdungsresistenz zu maximieren und im Idealfall noch 1-2% an der Schwelle herauszuholen. Daniel fährt bis zu 60-minütige SST-Einheiten, um den Körper auf das lange Zeitfahren vorzubereiten – sowie Einheiten mit wiederholtem Wechsel zwischen anaerober und Schwellenintensität. Diese absolviert er inzwischen deutlich souveräner, wobei er natürlich immer noch angemessen leidet!

Übersicht der Rennen & Radmarathons in 2016

Philipp Diegner

Quelle: Philipp Diegner

Danke Philipp für die Analyse. Sehr interessant, sich jetzt im November mit einem Tee in der Hand, die Zahlen und Schmerzen aus dem Sommer anzugucken. Vor allem faszinierend zu sehen, was man mit zielgerichtetem Training alles erreichen kann. Im nächsten Schritt stellt sich mir die Frage, bei welchen Rennen in 2017 ich wieder an den Start gehen soll. Ich würde zwar gerne auch mal das ein oder andere epische Bergrennen machen, um es von der Liste abzuticken, sportlich wären aber sicherlich die hügeligen Rennen wie Rund um Köln, der GFNY Deutschland oder natürlich das eine oder andere Zeitfahren zu empfehlen.

Ein Blick auf die Rennen und Marathons in 2016 mit einer kurzen Bewertung…

1) Rund um Köln (3:29 Stunden, 189W, 36,1 km/h)

  • Topographie: RUK erinnert an einen Ardennenklassiker mit ständigen Auf und Abs
  • Bewertung: Eigentlich ein idealer Kurs für mich, da keine Endlosanstiege. In 2016 war ich aber leider vollkommen außer Form, sollte mit einer guten Vorbereitung aber folglich in 2017 besser laufen
  • Ziel 2017: Eine Zeit von um die 3:20 Stunden, was ein Platz in den Top 200 bedeuten würde

2) Mondsee Radmarathon (6:14 Stunden, 181W, 31,5 km/h)

  • Topographie: Scharfrichter beim Mondsee Radmarathon ist die Postalm (gut 600 hm), der Rest ist maximal hügelig.
  • Bewertung: Nicht weit von München entfernt, ein guter ersten Radmarathon, um an der Bergform zu schleifen
  • Ziel 2017: Sollte ich dort starten, wäre eine Zeit von 6:05 – 6:10 Stunden das Ziel. Dazu gehört etwas Glück in den Gruppen und ein schwungvollerer Anstieg zur Postalm – mit 251 W (Strava Link) war ich in 2016 noch etwas vorsichtig unterwegs

3) Arlberg Giro (4:38 Stunden, 219W, 32,1 km/h)

  • Topographie: zwei Anstiege entscheiden über das Rennen: 1) Arlbergpass und 2) die Bieler Höhe. Nach langem Flachstück wartet am Ende ein moderater Schlussanstieg nach St. Anton
  • Bewertung: Sicherlich ein gutes Rennen in 2016. Gut, um an der Bergform zu feilen. Viel Luft nach oben sehe ich nicht mehr für 2017. Kritisch ist der Anstieg zur Bielerhöhe für jemanden in meiner Gewichtsklasse. Aber auch hier sind noch ein paar Sekunden drin
  • Ziel 2017: 4:35 Stunden wären aus meiner Sicht das Ende der Fahnenstange

4) GFNY Deutschland (4:46 Stunden, 218W, 35 km/h)

  • Topographie: Ähnlich wie Rund um Köln perfekt für mich geeignet, da keine längeren Anstiege, ein ewiges Auf und Ab
  • Bewertung: mit dem 8. Platz ein top Ergebnis für mich. Sollten in 2017 stärkere Fahrer an den Start gehen, wird es eng für mich die Top 20-30 zu halten. Mein Ziel bleibt aber, die Zeit zu halten, ggf. etwas verbessern
  • Ziel 2017: Halten-Strategie ;-)

5) Kufsteinerland Radmarathon (3:59 Stunden, 229W, 35 km/h)

  • Topographie: eine Stufe härter als Rund um Köln und der GFNY Deutschland, aber immer noch im Rahmen für mich. Scharfrichter ist der steile Anstieg nach Brandenberg (knapp 400 hm bei ø 10% Steigung (!!), mit 313W aber schon deutlich stärker, als bei den vorigen Radmarathons)
  • Bewertung: tolle Platzierung, wenn in 2017 weitere starke Fahrer an den Start gehen, wird’s schwer das Ergebnis zu halten
  • Ziel 2017: Halten-Strategie ;-)

6) King of the Lake (1:06 Stunden, 315W, 42,7 km/h)

  • Topographie: Erste Hälfte flach, in der zweiten Hälfte kommen die kleinen fiesen Hügel. Ideal für meine Konstitution, da ich das alles noch „wegdrücken“ kann
  • Bewertung: Supergeile Zeit, mit einem besseren Formaufbau in 2017 und einem Aero-Fitting (siehe STAPS-Artikel) dürfte ich die Zeit noch etwas unterbieten
  • Ziel 2017: Eine Zeit von unter 1:05 Stunden wäre mein Ziel
Philipp Diegner

Quelle: Philipp Diegner | So hat sich die Leistung entwickelt

Philipps Empfehlung für 2017

Für die nächste Saison empfiehlt sich eine ähnliche Vorgehensweise. Wenn wir nicht erst im Juni mit strukturiertem Training beginnen, ist diesmal genug Zeit für eine richtige Grundlagenphase. Ab Mitte Januar werden wird dann merklich intensiver und Daniel sollte sein Leistungsniveau im Vergleich zu 2016 noch steigern.

2 Trainingslager im Süden

Im Idealfall werden mind. 2 Trainingslager IM SÜDEN in den Saisonaufbau implementiert! Erstens, um während des Grundlagentrainings fernab vom deutschen Winter, Kilometer zu sammeln. Zweitens, um im Frühjahr mit viel Qualität in perfekten Bedingungen, das nächste Leistungsniveau zu erreichen.

Zeitfahren und wellige Rennen

Mit seiner Statur und dem Gewicht ist Daniel in der Lage, relativ hohe Leistungswerte zu erzielen – Zeitfahren sind folglich besonders geeignet. Seine Leistung an der IANS hat sich während der Saison 2016 sehr positiv entwickelt. Mit einem gezielten Aufbau über den Winter und Frühjahr ist noch einiges an grundsätzlichem Potential verborgen, insbesondere bei der aeroben Ausdauer.

Das Ziel ist somit, dass er seine hohe Leistung auch für lange Wettkämpfe jenseits der drei Stundenmarke, v.a. bei welligen Rennen, effizient nutzen kann. Die Erkenntnisse aus den ca. 14 Wochen gemeinsamer Arbeit in 2016 zeigen, dass Daniel im Aufbau sehr gut auf Intensitäten um die IANS anspricht, was auch wieder in 2017 einen Schwerpunkt darstellen wird. Hier kommt der Coachingprozess ins Spiel. Durch den ständigen Austausch können wir frühzeitig erkennen, wenn der Trainingsstress zu viel wird oder wenn erwartete Leistungszuwächse ausbleiben – und können entsprechende Anpassungen vornehmen. Mit einem guten Aerosetup (siehe STAPS-Artikel) können wir vor allem bei Zeitfahren ambitionierte Ziele setzen!

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