Erst letztes Jahr fing David Buske – ein echter Quereinsteiger – so richtig an, Rennrad zu fahren. 6.000 km wurden es in der Premierensaison. Immerhin. Einmal angefixt, musste es für David dann aber weitergehen, er brauchte die nächste Herausforderung. Jeder von uns kennt das. Und die fand er in der Tour Transalp: 18.000 Höhenmeter, die er in einer knüppelharten Woche in den Alpen südlich des Allgäus abritt. Wie es ihm dabei erging, und warum er immer noch das Hahntennjoch verflucht, das erklärt er uns in dieser Rückschau, die eine echte Inspiration sein kann – lerne: Es ist nie zu spät für einen Anfang!
Mega Respekt vor deiner Leistung: 867 km und gute 18.000 Höhenmeter. Wie war deine erste Tour Transalp?
Ein unvergessliches Erlebnis mit allen Höhen und Tiefen. Mit ganz viel Gänsehaut, Tränen der Schmerzen, der Freude und der Erschöpfung.
Als Jugendlicher wollte ich immer Radprofi werden, ich habe es aber noch nicht einmal in einen Verein geschafft. Bin lediglich für mich immer mal wieder kleine Touren gefahren. Bei der Tour Transalp habe ich mich fast wie ein Profi gefühlt und es war wie eben gesagt, tausende von Gefühlen dabei, die unbeschreiblich waren. Und es war eine Jubiläumstour, die 15.!
Könntest du dir vorstellen, nochmal an den Start zu gehen?
Auf jeden Fall, aber sicherlich nicht nächstes Jahr. Die Vorbereitung hat viel Zeit gekostet und einige hier haben darunter gelitten. Vor allem meine Frau und meine Tochter Ida, die es nicht verstehen konnte, dass ich mich schon wieder aufs Rad setze. „Papa, gehst du schon wieder Rad fahren“?
Also, die 16. Ausgabe findet ohne dich statt?
Ja, definitiv. Eventuell ja dann die nächste Jubiläumsausgabe, die 20. Tour Transalp.
Wie kamst du auf die Idee, die Transalp zu fahren, du fährst ja noch nicht so lange Rennrad…
Angesteckt haben mich mein Bruder Lukas Buske und seine Verlobte, mit der ich auch die Tour Transalp im Mixed-Team gefahren bin, Angela Fröschl.
Du bist quasi mit deiner Schwägerin gefahren. Auch interessant…
Das stimmt. Die beiden hatten sich beim Alpecin Grand Fondo Team in 2013 kennengelernt. Zur Vorbereitung auf den Öztaler Radmarathon 2014 mit dem Alpecin Grand Fondo Team, haben Sie mich dann in Garmisch-Partenkirchen, meiner Wahlheimat, besucht und mich zu zwei Touren mitgenommen. Das Rad hatte ich mir damals von meinem Bruder Lukas geliehen, der es gerade nicht benötigte, da er ja von Alpecin ein Bike gestellt bekam.
Und dann warst du angefixt?
So richtig ins Training bin ich dann in 2016 eingestiegen. In dem Jahr bin ich 6.000 km gefahren, bin auch den Zwettler Radmarathon, Angela kommt aus Zwettl, und den Eddy Merckx Radmarathon gefahren.
Den Eddy Merckx Radmarathon kenne ich…
Landschaftlich ein echter Traum, die Strecke ist auch super schön. Für jeden Marathoneinsteiger absolut zu empfehlen und als Saisonabschluss wunderbar.
Was war das härteste an der Transalp?
Das härteste waren eigentlich die ersten beiden Tage. Die Woche vor dem Start war noch recht viel zu tun auf der Arbeit. Ich arbeite in einem Hotel und die Arbeit dort ist doch immer wieder anstrengend, also körperlich. Daher bin ich ziemlich müde an den Start gegangen.
Und dann grüßen die Berge…
Die erste Etappe war auch noch gespickt mit dem Hahntenjoch. Wir beiden werden ganz sicher keine Freunde mehr – für mich der schlimmste Anstieg der ganzen Tour. Aber ich bin ihn hoch gekommen, das zählt.
Am zweiten Tag ging es dann etwas besser. Wir sind über Sölden hoch zum Timmelsjoch gefahren. Bis nach Obergurgel zur Grenze waren Körper und Geist noch ganz ok. Aber dann hat mir das Timmelsjoch seine wunderschöne, hässliche Zunge entgegengestreckt.
Inwiefern?
Der Kopf fing an zu viel nachzudenken, nach dem Motto: Was mache ich hier eigentlich? Und dann kamen auch noch die Schmerzen in den Beinen.
War es immer so zäh oder ging es irgendwann besser?
Es wurde später tatsächlich besser. Für mich hat die Tour eigentlich so richtig mit dem Anstieg zum Stelvio begonnen. Hier habe ich dann mein Training, was mir ja Angela zusammengestellt hat, sehr positiv gespürt.
Für meine Verhältnisse bin ich den Stelvio quasi „hochgeflogen“ – das war echt ein geiles Gefühl, der absolute Hammer. Während ich am Hahntennjoch quasi noch Tränen der Erschöpfung über mich ergehen lassen musste, waren es am Stelvio eher Tränen der Überwältigung und der Freude. Echt schön.
Wie empfandest du die Organisation des Events? Hat alles gepasst oder gibt es noch Luft nach oben?
Die Orga war für mich persönlich perfekt. Mein Gepäck war immer an Ort und Stelle. 1-2 Mal ein wenig spät, aber du lernst echt die kleinen Dinge zu schätzen während dieser einen Woche.
Ok, das Essen bei der Pasta Party hätte definitiv abwechslungsreicher sein können. Hier muss man aber sagen, dass die Zielorte dafür verantwortlich waren.
Alle Mitarbeiter wussten zudem immer eine Antwort auf meine Fragen. Bei Defekten während des Rennens waren immer Marshalls da und bei den Stürzen, die ich gesehen habe, war immer sehr schnell erste Hilfe vor Ort.
Wie war das Wetter?
Leider wurde eine Etappe wegen sehr, sehr schlechtem Wetter, rauf zum Umbrailpass, abgebrochen. Auch hier haben die Veranstalter super schnell reagiert. Es wurden ca. 80 Sportler vom Pass evakuiert, die wegen Kälte einfach nicht mehr runter gekommen sind.
Außerdem wurden alle Fahrer von Bormio nach Livigno geshuttelt. Diese ganze Aktion hatten die Veranstalter in ca. 5 Stunden organisiert. Jeder Teilnehmer ist super in Livigno angekommen. Von hier aus nochmal ein riesen Dankeschön an die Veranstalter für die super Organisation.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich über die Tage hinweg die ähnlich gleichstarken Teams „zusammentun“ und gegenseitig pushen – auf, aber auch abseits der Strecke. Trifft das zu oder liege ich komplett daneben?
Am Ende des Tages ist es doch ein Rennen und ich bin mir sicher, dass jedes Team probiert hat, das Beste für sich rauszuholen. Soll heißen, natürlich war es eine super Stimmung im Fahrerfeld. Am zweiten Tag hat man bereits dieselben Leute wieder getroffen und ist auch ein wenig zusammengefahren und hat zwischendurch auch immer wieder ein paar Worte gewechselt. Aber so richtige Gruppen, die zusammengearbeitet haben, das gab es nur ganz selten.
Meine einzige Erinnerung an eine gut harmonisierende Gruppe, das war bei der zweiten Etappe, in der Abfahrt vom Timmelsjoch ins Ziel nach Naturns. Auf diesem Stück hatten wir am Ende dann doch einen 38er Schnitt.
Ok, wieder was gelernt…
Gepusht hat man sich natürlich eher Team intern, da das Rennen ja schon eher ein Wettkampf ist und es dann doch um jede Minute ging. Wir hatten auf der Schlussetappe einen Vorsprung von 11 Sekunden auf das Team hinter uns und konnten diesen Vorsprung auch halten.
Die Strecke ist ja nicht gesperrt. Kam es zu kritischen Momenten mit Autos/Bussen?
So richtig kritische Momente gab es jetzt nicht. Klar, man musste aufpassen, speziell auf den Abfahrten, aber die Autos und so weiter haben wirklich meistens Rücksicht genommen. Kritische Stellen wurde auch immer von den Motorrad-Marshalls gesperrt, bis wirklich der letzte durch war. Eine Sache, dir mir aber aufgefallen ist, war, dass sich viele Mitfahrer den Sicherheitsregeln der Rennleitung widersetzt haben.
Wie meinst du das?
Nur ein Beispiel dazu: Es wurde jeden Abend gesagt, dass wir normale Verkehrsteilnehmer sind, die Straßen entsprechend nicht gesperrt sind. Also sollten wir uns bitte nur auf unserer Fahrbahn aufhalten.
Und das haben vermutlich einige ignoriert.
Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen. In Sölden ging das anscheinend in die Hose, es gab dort wohl einen kleineren Unfall.
Und noch ein Beispiel, weil es mir gerade einfällt: Wir sollten nicht über Rot fahren, außer wir wurden dazu aufgefordert. Auch diese Missachtung kam öfter vor.
In der Nachbetrachtung: Welche Anstiege waren die härtesten?
Der Stelvio war wie bereits gesagt der Hammer. Klar, war er schwer, aber ich hatte an dem Tag tatsächlich super Beine.
Für mich war das Hahntennjoch die absolute Hölle. Ich war körperlich zudem nicht so fit, aber das Hahntennjoch war einfach dreckig und sau demotivierend zu fahren.
Ihr werdet ja keine Buddys mehr – hast du ja schon gesagt…
In meiner Vorbereitung zum Ötzi werde ich den Anstieg vielleicht nochmal angehen. Dann kann ich schon mal das Quälen üben!
Warum sollten interessierte Leser unbedingt mal bei der Tour Transalp mitmachen?
Des Erlebnis wegen – einfach eine Erinnerung fürs Leben. Die körperliche Anstrengung, die Glücksgefühle, die Überwindung der Selbstzweifel und die Stimmung während der Tour werde ich wohl nie vergessen. Und ich habe, ungelogen, in jedem Zielort Leute kennengelernt, die die Tour Transalp früher schon einmal gefahren sind und einfach an die Strecke gekommen sind, um die Stimmung aufzunehmen.
Aber es gibt noch einen weiteren Grund die Tour Transalp zu fahren: Wenn man das Ding geschafft hat, kann man sich endlich seinen Vollbart abrasieren. Meine Frau und die Tochter haben sich jedenfalls gefreut.
Stell uns doch abschließend nochmal dein Team und vor allem den Zweck dahinter vor.
Da muss ich erst einmal meiner Partnerin Angela Fröschl einen riesen Dank aussprechen. Ihr Hinterreifen war einfach göttlich. Den habe ich bestimmt drei Mal abgelutscht, wobei sie ihn nur einmal wechseln musste.
Angela ist meine Schwägerin in spe. Sie wird dieses Jahr im Dezember meinen Bruder heiraten. Ich hatte ja bereits oben erwähnt, dass mich die beiden mit dem Rennradfahren angefixt haben.
Und zum Sponsor hinter unserem Team: Den Start bei der Tour Transalp und auch beim Öztaler Radmarathon, den hat uns die Firma Plasmatreat ermöglicht, ein Unternehmen aus Steinhagen bei Bielefeld – Hauptsponsor und Namensgeber unseres Teams. Zusammen mit Plasmatreat verfolgen wir ja einen guten Zweck. Wir sammeln Spenden für die DKMS (siehe Kasten, d. Red.) – jeder kann helfen!
(c) Fotoquellen: Team Plasmatreat | Marathon Photos