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Wie schützt uns der Staat vor Autos & Unfällen? 10 neue Verkehrsregeln seit 28.4.20

by Daniel

Info: Dieser Blogpost ist ein Update (die gelisteten Verkehrsregeln wurden teilweise aktualisiert bzw. erweitert) von Daniels Übersicht aus 2016:

„Autos vs. Rennradfahrer – 14 Regeln, die jeder kennen sollte!“


10 wichtige NEUE Regeln, die man als Rennradfahrer kennen sollte!

Von Frederik Böna (@frederik_boena)

Wer kennt sie nicht, Autofahrer oder auch Autofahrerinnen, von denen man mit einem Abstand von wenigen Zentimetern überholt wird. 

Am besten auch noch auf einer schmalen Landstraße in einer Kurve, in der dann auch noch Gegenverkehr kommt. 

Plötzlich wird es richtig eng und das eigene Leben hängt an einem seidenen Faden. Ich selbst habe in den letzten Jahren mehrfach solche Erfahrungen machen müssen. 

Freunde und Bekannte von mir hatten deutlich weniger Glück und kamen teilweise schwer verletzt ins Krankenhaus. 

Neue Verkehrsregeln Fahrrad und Autos
Zwischen Autos und Radfahrern kommt es häufig zu üblen Unfällen

Gefühlt wird es für Radfahrer gefährlicher

Mir selbst kommt es so vor, als ob sich die Fahrweise vieler Autofahrerinnen und Autofahrer in den letzten Jahren zunehmend verschärft hat. Ob ich mit diesem Gefühl Recht habe, lässt sich nur schwerlich objektiv überprüfen lassen. 

Fakt ist aber, dass die Zahl der schwer oder gar tödlich verletzten RadfahrerInnen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, während die Zahl der Verkehrsunfälle und Verkehrstoten generell zurückgeht. 

Tödlich verletzte Radfahrer nehmen zu

Natürlich ist nicht für jeden Unfall mit Beteiligung eines Radfahrers bzw. einer Radfahrerin ausschließlich der Autofahrer verantwortlich. Oft genug trifft auch den Radfahrer zumindest eine Mitschuld. 

Doch leider wird oft außer Acht gelassen, dass ein Fehlverhalten eines Radfahrers im Straßenverkehr selten tödlich für Außenstehende endet. 

Rücksichtsloses Fahren eines Autofahrers dagegen gefährdet dagegen nicht nur die Gesundheit eines Radfahrers, sondern schlicht und ergreifend dessen Leben. 

Mehr Sicherheit für Radfahrer – zumindest per Gesetzbeschluss vom 28.4.20!

Um die Sicherheit von Radfahrern im Straßenverkehr zu erhöhen, hat die Bundesregierung im März dieses Jahres nach langer Zeit eine Änderung der Straßenverkehrsordnung beschlossen. 

Am 27.07.2020 wurde die geänderte Straßenverkehrsordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlich, seit dem 28.04.2020 gilt diese Neuordnung nun bereits. 

Natürlich wurde dadurch das Radfahren auf den deutschen Straßen de facto alles andere als sicherer. 

Aber zumindest theoretisch bedeuten die Änderungen der Straßenverkehrsordnung ein paar Verbesserungen für Radfahrer, die im Folgenden aufgeführt werden.

1) Pflicht: Seitlicher Mindestabstand beim Überholen

Bisher war es eher ein „Richtwert“, laut dem Autofahrer beim Überholen eines Radfahrers 1,5 Meter Abstand halten sollten. 

Bei weniger Abstand und einem daraus resultierenden Unfall sprach die Rechtsprechung jedenfalls in der Regel dem Autofahrer die Schuld zu. Einen gesetzlichen Mindestabstand beim Überholen gab es allerdings nicht. 

In der Straßenverkehrsordnung hieß es lediglich, man solle „ausreichend Abstand“ beim Überholen halten. Das wurde nun geändert: 

Außerorts sogar 2 Meter Abstand

Seit dem 28.04.2020 müssen Autofahrer innerorts 1,5 Meter und außerorts sogar 2,0 Meter Abstand  beim Überholen einhalten. 

Ist dies aufgrund der Straßenbreite oder entgegenkommenden Fahrzeugen nicht möglich, dürfen Autofahrer nicht überholen. Das gilt übrigens auch dann, wenn der Radfahrer nicht sehr nahe am rechten Fahrbahnrand fährt.

Hiervon ist ohnehin abzuraten. 

Empfohlen wird vielmehr, dass Radfahrer zum rechten Straßenrand 1,0 Meter Abstand halten.

Fährt man an rechts parkenden Autos vorbei, soll sogar noch mehr Abstand eingehalten werden, ansonsten droht zumindest eine Mitschuld bei einem Unfall mit einer plötzlich geöffneten Autotür.

2) Schrittgeschwindigkeit (4-7 km/h) beim Rechtsabbiegen

Insbesondere in Großstädten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu zahlreichen Unfällen zwischen rechtsabbiegenden Fahrzeugen und geradeaus fahrenden Radfahrern. 

Nicht selten endeten diese Unfälle tödlich.

Damit sich das ändert, sieht die geänderte Straßenverkehrsordnung eine Schrittgeschwindigkeit für Kraftfahrzeuge vor, wenn diese rechts abbiegen.

Schrittgeschwindigkeit heißt 4-7 km/h

Schrittgeschwindigkeit bedeutet, dass tatsächlich nur 4 bis 7 Stundenkilometer schnell gefahren werden soll, maximal jedoch 11 Stundenkilometer. 

Allerdings richtet sich die Neuregelung vor allem an LKWs, denn sie gilt nur für Fahrzeuge, die schwerer als 3,5 Tonnen sind.

Kleintransporter zählen da zwar schon dazu, SUVs allerdings in der Regel nicht.

3) Halteverbot auf Radwegen & Radschnellwegen

Kaum zu glauben, aber wahr: Bis vor kurzem war das Halten bis zu 3 Minuten auf Radwegen und Schutzstreifen für Radfahrer tatsächlich erlaubt! 

Lediglich das Parken war bereits in der Vergangenheit verboten. Seit dem 28.04. ist nun auch das Halten bis zu 3 Minuten verboten. 

Die Geldbußen, die hierfür verhängt werden, sollen dieselben sein wie die, die auch für das Parken auf Schutzstreifen, Radwegen und Radschnellwegen gelten.

Neues Bußgeld: 100€ statt 15€

Diese drohenden Bußgelder wurden von derzeit in der Regel 15 Euro auf bis zu 100 Euro erhöht. Sogar ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg ist möglich. 

Im Moment gehen die Bundesländer allerdings davon aus, dass die Neufassung des Bußgeldkatalogs nichtig ist, daher wird bis auf Weiteres der alte Bußgeldkatalog angewandt. 

Verantwortlich hierfür ist allerdings nicht Verkehrsminister Andreas Scheuer, der den neuen Bußgeldkatalog nach einigen Protesten einfach wieder aufgeben wollte, sondern schlichtweg ein Formfehler im Gesetzestext der Straßenverkehrsordnung.

4) Grünpfeilregelung für Radfahrer

Bisher habe ich zwar noch keinen gesehen, aber es wurde offenbar ein eigener Grünpfeil für Radfahrer eingeführt.

Dieser grüne Pfeil soll es Radfahrern ermöglichen, an geeigneten Stellen trotz roter Ampel rechts abzubiegen. Anders als bei den jetzt bereits existierenden grünen Pfeilen an Ampeln, gelten diese neuen grünen Pfeile dann ausschließlich für Radfahrer.

Allerdings muss vor dem Abbiegen angehalten werden.

Fährt der Radfahrer auf einem von der Straße abgetrennten Radweg, darf er sich zudem auch am Grünpfeil orientieren, der eigentlich für die Straße gilt.

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Kaum zu glauben, aber das war bisher nicht so. In der Vergangenheit durfte man sich als Radfahrer nur am Grünpfeil für abbiegende Autos orientieren, wenn man selbst ebenfalls auf der Straße fuhr.

5) Ausweitung des Parkverbots vor Kreuzungen und Einmündungen

Um die Sicht zwischen Straße und Radweg zu verbessern und damit die Sicherheit von Radfahrern erhöhen zu können, wurde das  Parken vor Kreuzungen und Einmündungen in einem Abstand von bis zu je 8 Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten, wenn ein straßenbegleitender baulicher Radweg vorhanden ist.

Bisher waren es lediglich 5 Meter, die nach wie vor auch noch gelten, wenn kein straßenbegleitender baulicher Radweg existiert.

6) Verkehrszeichen Radschnellwege

Mit einem grünen Verkehrszeichen für Radschnellwege wurde ein völlig neues Verkehrszeichen erschaffen und in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen.

Das Verkehrszeichen soll vor allem Radschnellwege kennzeichnen, die aufgrund ihrer Fahrbahnbeschaffenheit vielleicht nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar sind.

Ob ein solches Schild tatsächlich notwendig war, sei mal dahingestellt.

7) Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen

Ein ebenfalls neues Verkehrszeichen wurde für das Überholverbot von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen eingeführt.

Mit diesem Überholverbot sollen die Straßenverkehrsbehörden speziell auf engen Straßen das Überholen von Radfahrern durch mehrspurige Kraftfahrzeuge verhindern können, um dadurch die Sicherheit der Radfahrer zu erhöhen.

Ich bin gespannt, wann ich das erste Mal ein solches Schild zu sehen bekomme.

8) Fahrradzone

Ebenfalls noch nicht wahrgenommen, habe ich irgendeine Fahrradzone.

Doch die Einrichtung einer solchen Fahrradzone soll mit der geänderten Straßenverkehrsordnung explizit gefördert werden.

Die Straßenverkehrsbehörden sollen Fahrradzonen daher unter erleichterten Voraussetzungen einführen können. Analog zur Fahrradstraße soll auch in einer Fahrradzone besonders viel Rücksicht auf Radfahrer genommen werden.

Maximal 30 km/h in der Fahrradzone

Radfahrer dürfen nicht nur nicht gefährdet werden, sondern auch nicht behindert.

Fahrradzonen können Radfahrern vorbehalten sein, allerdings müssen sie das nicht. Prinzipiell dürfen sie auch für andere Verkehrsmittel freigegeben werden. Die Höchstgeschwindigkeit in einer Fahrradzone beträgt 30 Stundenkilometer.

Für viele Rennradfahrer sind viele Fahrradzonen somit automatisch eher ungünstig, wenn man nicht gerade einfach locker dahin rollen möchte.

9) Personenbeförderung auf Rädern von älteren Personen

Bisher durften auf Fahrrädern lediglich Personen bis zu einem Alter von 7 Jahren mitgenommen werden.

Die Neuordnung sieht vor, dass auch Personen, die älter als 7 Jahre sind, transportiert werden dürfen, vorausgesetzt das Fahrrad ist hierfür entsprechend geeignet und der Fahrer des Fahrrades ist mindestens 16 Jahre.

Diese Änderung ist vermutlich der zunehmenden Verbreitung von Transport- und Lastenrädern geschuldet, die in den deutschen Großstädten immer zahlreicher anzutreffen sind.

Für diese Fahrräder sollen zudem auch eigene Park- und Ladeflächen ausgewiesen werden, die mit dem Symbol eines Lastenfahrrads gekennzeichnet werden.

10) Fahren nebeneinander (z.B. 2er Reihe)

Anders als bisher, ist das Radfahren zu zweit seit dem 28.07. grundsätzlich gestattet.

Es muss lediglich darauf geachtet werden, dass dadurch kein Verkehrsteilnehmer behindert wird und das Fahren nebeneinander für niemanden ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Her ist meiner Meinung nach Ärger leider vorprogrammiert.

Ich persönlich halte es für problemlos möglich, auf weit einsehbaren und einsamen Landstraßen nebeneinander zu fahren. Oft genug zeigen mir allerdings Autofahrer, dass sie das deutlich anders sehen.

Gerade für Autofahrer ist die 2er Reihe ein rotes Tuch!

Auf viel befahrenen, engen und kurvenreichen Straßen würde ich niemals auf die Idee kommen, zu zweit nebeneinander Rennrad zu fahren.

Leider gibt es aber auch genug Rennradfahrer, die das anders handhaben.

Trotzdem wäre es schön, wenn mehr Autofahrern bewusst werden würde, dass das Fahren nebeneinander nun eben tatsächlich nicht mehr grundsätzlich ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung darstellt.

Ob man als Autofahrer hinter einem 25 Stundenkilometer schnell fahrenden Traktor oder zwei 30 Stundenkilometer schnell fahrenden Rennradfahrern mal für einen kurzen Moment den Fuß vom Gaspedal nehmen muss, sollte zudem auch keine besonders große Rolle spielen.

Meistens kann ohnehin nur mit ausreichend Sicherheitsabstand überholt werden, wenn kein Gegenverkehr kommt und somit die linke Fahrspur zum Überholen genutzt werden kann.

Da spielt es dann eigentlich keine Rolle, ob man alleine oder zu zweit nebeneinander fährt.

Fazit der neuen Verkehrsregeln

Einige Regeln stellen tatsächlich eine Verbesserung für uns Radfahrer dar. 

Insbesondere der gesetzlich beschlossene Mindestabstand, den Autofahrer beim Überholen eines Radfahrers einhalten müssen, ist mir persönlich sehr wichtig. 

De facto ist allerdings davon auszugehen, dass sich in naher Zukunft kaum etwas verändern wird, wenn nicht immer wieder stichprobenartig kontrolliert und vor allem auch sanktioniert wird, wenn die Abstandsregelung nicht eingehalten wird. 

Inwiefern das auf Straßen außerorts überhaupt möglich ist, ist fraglich. 

Alle anderen Anpassungen der Straßenverkehrsordnung zum Schutz der Radfahrer stellen meiner Meinung nach tatsächlich Verbesserungen dar, allerdings sind diese sicherlich noch längst nicht ausreichend und sie konzentrieren sich leider auch viel zu sehr auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel in deutschen Großstädten. 

Rennradfahrer müssen weiterhin Klingel & Katzenlicht am Rad haben….

Für Rennradfahrer, die das Fahrrad oft hauptsächlich als Sportgerät nutzen, wird sich sehr wahrscheinlich erst einmal überhaupt nichts ändern. 

Rennradfahrer auf der Straße in Deutschland maximal geduldet

Insbesondere da abgesehen von den oben genannten Änderungen die Straßenverkehrsordnung in Bezug auf Radfahrer unverändert geblieben ist…

Unser Artikel aus 2016 listet die wichtigsten Infos & Regeln auf

De facto braucht ein Rennrad also nach wie vor eine Klingel und es sollte auch mit Pedalreflektoren ausgestattet sein. 

Licht am Rennrad weiterhin vonnöten

Batterie- oder akkubetriebene Lampen müssen ebenfalls immer mitgeführt werden und mit 1,5 Promille Alkohol im Blut darf man immer noch mit dem Fahrrad fahren. 

Aber vielleicht war die Neuordnung der Straßenverkehrsordnung ja zumindest ein Anfang für ein zunehmendes Bewusstsein dafür, dass Radfahrer den Straßenverkehr nicht behindern, sondern vielmehr ein immer wichtiger werdender Bestandteil des Straßenverkehrs sind, die aufgrund fehlender Knautschzonen besonders geschützt werden müssen.


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Quellen

  • https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/stvo-novelle-1688854
  • https://presse.adac.de/regionalclubs/hessen-thueringen/aenderung-der-stvo-besserer-schutz-auch-fuer-radfahrer.html
  • https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/stvo-novelle/
  • https://www.frankfurt-live.com/-aumlnderung-der-stvo–ndash-besserer-schutz-von-radfahrern-121382.html
  • https://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-rheinberg-oberberg/aktuelles/aktuelles/article/stvo-novelle-besserer-schutz-fuer-radfahrer.html
  • https://www.tagesschau.de/inland/neue-verkehrsregeln-101.html
  • https://www.tagesschau.de/inland/verkehr-radfahren-101.html
  • https://flotte.de/artikel/112/15036/stvo-novelle-besserer-schutz-fur-radfahrer.html
  • https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/stvo-novelle-sachinformationen.html
  • https://der-potsdamer.de/stvo-novelle-besserer-schutz-fuer-radfahrer/
  • https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/stvo-novelle/
  • https://www.bussgeldkatalog.org/fahrrad-reflektor/

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