Irgendwann musste es ja mal passieren: Beim Mondsee Radmarathon am vergangenen Wochenende hatte ich mein erstes DNF-Erlebnis (Did Not Finish). Bei Kilometer 51, nach dem schwersten Teil der Tour, dem Anstieg zur Postalm, platzte mir in der folgenden Abfahrt bei ca. 50 km/h der Schlauch. Der Albtraum eines jeden Rennradfahrers – mitten in der Pampa. Ich bin Schlauchplatzer nach dem Mallorca Trainingslager zwar gewöhnt, aber die Umstände machen den Unterschied in diesem Fall: Statt 20 Grad auf Mallorca, Sonnenschein und kompetenter Hilfe von Kante, hieß es nun: Alleine, 10 Grad, Sturzregen und keinerlei Ersatzmaterial zur Hand: „MacGyver, bitte übernehmen!“
Willkommen beim Mondsee Radmarathon 2015
Für uns alle war es die erste Teilnahme am Mondsee Radmarathon. Für meine Freundin und meinen grade 60 Jahre alt gewordenen Papa sogar das erste Radrennen überhaupt. Und einen besseren Start in die Rennradwelt, als mit den Mondsee Radmarathon, kann es eigentlich nicht geben. Eine Landschaft wie auf der Postkarte. Wegen des 60. Geburtstages meines Papas haben wir dem Anlass entsprechend ein sehr feines Hotel „rausgelassen“: Das Schlosshotel in Mondsee. Lediglich 100 m neben dem Start/Ziel Bereich. Besser geht`s nicht. Normalerweise übernachte ich bei den Radmarathons, passend zu meinen Platzierungen, in eher mittel- bis niedrigpreisigen Hotels oder Pensionen – diese Unterkunft war ein Platz auf dem Podest. 60 Jahre wird man ja auch nicht jeden Tag.
Kommen wir auf Mondsee zu sprechen: Durch das Vorab-Interview mit dem OK-Team hatte ich schon zahlreiche gute Eindrücke gesammelt. Viele andere Radler hatten mir „zugeflüstert“, dass Mondsee und der Radmarathon als solcher, gar zum schönsten gehört, was es in Österreich gibt (Andi Goldberger sprach später nach dem Zieleinlauf gar vom schönsten Fleck Erde der Welt) – aber in der Tat: Hier hat sich der liebe Gott etwas mehr Mühe gegeben als andernorts. Traumhaftes Alpenpanorama, türkisfarbenes Wasser und ein idyllisch schöner Ort. In Summe eine glatte Eins. Mondsee selber beheimatet zwar nur 700 Einwohner und ist in den Monaten jenseits der Touristensaison ein eher beschauliches Örtchen – jetzt am Rennradwochenende war davon nichts mehr zu spüren: Es „roch“ nach Adrenalin und Radsport. Mondsee Radmarathon 2015: Es kann losgehen!
1.800 Teilnehmer beim Mondsee Radmarathon
Laut Veranstalter gingen 1.800 Teilnehmer an den Start beim Mondsee Radmarathon – gerechnet wurde vorab mit ca. 2.000 Startern. Ein starkes Gewitter in der Nacht zuvor, hat scheinbar den ein oder anderen noch abgeschreckt teilzunehmen.
Das Wetter war für mich ebenfalls ein sensibles Thema – wollte ich nach dem Achsensee Radmarathon nicht unbedingt wieder bei einem Regenrennen mitfahren. Die Wettervorhersage bei Wetter.com hatte ich folglich die Tage zuvor genauestens im Blick. Und siehe da: Für den Tag des Rennens prognostizierten die Herrschaft doch tatsächlich trockenes Wetter. Null mm Niederschlag – na da warten wir doch mal ab. Zu der Verlässlichkeit von Wetter-Apps plane ich künftig mal einen Artikel. Das Thema liegt mir am Herzen.
So ging es dann, zur bekannt unchristlichen Zeit für Radmarathons, um 7:00 Uhr an den Start für die 200 Kilometer-Strecke – zusammen mit knapp 500 anderen Teilnehmern. Im Gegensatz zu den vorigen Rennen stellte ich dieses Mal mein Frühstück etwas um. Üblicherweise schaufelte ich 1,5 – 2 Stunden vor dem Rennen zu einer noch deutlich unchristlicheren Zeit, Unmengen von Müsli in mich rein – eine wahre Tortur. Viel zu früh und gar kein Hunger. Ein wenig in der Szene umgehört, wurde mir der Tipp gegeben doch eher wenig, dafür aber zuckerlastiger zu frühstücken. Für Kohlenhydrate sei es kurz vor dem Rennen eh zu spät. Also, besser wäre es mit: Nutella-Toast, Marmelade auf der Semmel etc. Rückblickend muss ich festhalten: Es fühlte sich definitiv besser an. Leichter. Nicht mehr so eine Bleikugel im Bauch. Again, what learned!
Zurück zum Start: Als mit ein paar Minuten Verspätung der Startschuss für den Mondsee Radmarathon fiel, brach im Hauptfeld die totale Panik aus. Kaum einen Kilometer gefahren, wurde schon gesprintet, geschoben und gedrängelt, dass es nur so „krachte“. Von links, von rechts, von überall kamen übermotivierte Rennradfahrer angeflogen. Skurril – wir waren ja grade mal ein paar Minuten unterwegs.
Das schienen auch einige ganz vorne zu merken und zogen gleich beim ersten Hügel nach Scharfling mächtig an – mit ø 316 Watt knusperte ich die 166 Höhenmeter hoch. So wurde das Hauptfeld am ersten Anstieg gleich mal in zwei Teile filetiert. Oh mein Gott – das geht ja mal gut los.
Der Scharfrichter beim Mondsee Radmarathon: Der Anstieg zur Postalm
Wie vom OK-Team des Mondsee Radmarathons angekündigt, war der Anstieg zur Postalm die Bewährungsprobe für alle, die vorne dabei sein wollten. Mit dem vorderen Teil des Feldes durfte ich den Anstieg bestreiten – das kann ja lustig werden. Das Tempo war erneut sehr hoch für mich. Wenn ich irgendwie unter den Top 100 landen wollte, musste ich „beißen“. Also, auf geht’s!
Das schöne an der Stelle war, zahlreiche (überambitionierte) Start-Sprinter hier wieder zu kassieren, die bereits „sauer“ atmeten. Wenn man dann einigermaßen ruhig atmend an den Jungs vorbeifährt – ein geiles Gefühl! I LOVE IT.
In Summe lief der Anstieg zur Postalm sehr okay für mich (siehe Strava Segment).
– die 11,4 km Anstieg fuhr ich in gut 37 Minuten
– entspricht ø 18,4 km/h
– ø Leistung: 282 Watt
– in der Strava Bestenliste immerhin grad noch so unter den Top 50
Der DNF-Moment: Schlauchplatzer in der Abfahrt nach der Postalm
Bei der Abfahrt passierte dann das, was ich im Intro bereits erwähnt hatte: Bei ca. 50 km/h platzte mir auf grader Strecke der Schlauch im Vorderrad. Ach du Sche*ße!!! Ohne Ersatz-Schlauch und Pumpe stand ich dann da in der Pampa. Guter Rat ist an der Stelle mal extrem teuer!
Und jetzt?
Es waren „kuschelige“ 10 Grad, es goss aus allen Leitungen und außer einem österreichischen Milchbauern, der zufälligerweise umherstand und mich mit großen irritierten Augen anschaute, niemand der mir aushelfen konnte. Die nachfolgenden Fahrer waren zu sehr im Rennfieber als dass sie für mich gehalten hätten. Naja, wir bewahren erst einmal Ruhe.
Zum Glück ereignete sich der „Tatort“ direkt vor einem Wohnhaus. Drumherum aber wirklich weit und breit nichts. Glück im Unglück an der Stelle. So klingelte ich dann, mit dem österreichischen Milchbauern im Schlepptau, welcher mir als Vermittler/Übersetzer half, an der Tür von Helene. Leider nicht Fischer mit Nachnamen, dafür aber eine wirklich herzensgute Frau von etwas über 60 (geschätzt). Neben einem sehr freundlichen Plausch gab es bei dem Sauwetter noch einen angenehm warmen Pfefferminztee. Ich hätte nie gedacht, dass ein Pfefferminztee mal so gut schmecken könnte.
In unserem „interkulturellen“ Austausch vertieft, passierte dann etwas später der „Retter vom Dienst“ den Tatort: Rainer. Beim St. Pölten Radmarathon löschte Rainer noch meinen „Brand“ mit einem Gnadenschluck Wasser, jetzt gab’s einen Schlauch samt Pumpe. Dass Rainer im echten Leben Feuerwehrmann ist, bedarf keiner weiteren Erklärung.
Nachdem dann endgültig das komplette Feld vorbeigezogen war und ich jegliche Rennmotivation verloren hatte, zudem nicht wusste ob der kaputte Reifen (Stein hatte Loch aufgerissen) die restl. 150 Kilometer bis ins Ziel noch halten würde, ging es dann die gleichen 51 km wieder zurück. Ich habe fertig!
Der Reifen hielt – und so wurden die 51 Kilometer zurück nach Mondsee zu einer angenehmen Trainingseinheit. Gerade noch rechtzeitig kam ich dann gegen 12:00 Uhr in Mondsee an, um frischgeduscht den Gewinnern der 200 km Strecke beim Zielsprint zuzusehen. Sechs Mann mit 190er Puls – ein geiles Bild.
Fazit vom Mondsee Radmarathon:
Was mich vor allem bewegt hat, war das Gesamtbild in Mondsee: Ein riesiges Radsport-Volksfest. Radfahrer aller Leistungsklassen an einem Platz vereint. Ob alt, jung, dick, dünn aber auch zahlreiche Fahrer mit Handicaps: Beim Mondsee Radmarathon ist tatsächlich für jeden etwas dabei – das OK-Team hatte nicht übertrieben. Toll, das dann mal in der wirklichen Welt zu sehen – nicht nur auf der digitalen Seite meines Rennrad-Blogs in Form eines Interviews.
Eine weitere schöne Nachricht: Mein 60-jähriger Papa und meine Freundin haben ihr erstes Radrennen ganz formidabel, ohne größeres Malheur, gefinisht. Beide hatten die Befürchtung entweder die Strecke von 75 km nicht zu schaffen bzw. weit nach Sonnenuntergang über die Zielmatte zu kommen. Am Ende wurde es ein ganz passabler 27er Schnitt und eine Zeit von deutlich unter 3 Stunden. Insgeheim hatte ich eine Zeit von 4 Stunden befürchtet – Respekt!
Zusammengefasst war der Mondsee Radmarathon 2015 ein wirklich tolles Event. Bei schönem Wetter und ohne Schlauchplatzer fraglos der bisher schönste Radmarathon in 2015.
In dem Sinne: Auf den Radsport!
Euer Daniel ;-)
7 comments
[…] Was mir jüngst beim Mondsee Radmarathon besonders gefiel, war das breite Angebot für unterschiedlichste Leistungsklassen. Ist das für […]
[…] letzte Radrennen, der Mondsee Radmarathon, ist schon wieder gut sechs Wochen her – eigentlich wollte ich zwischendrin ja noch beim […]
[…] Wie bei Euren Nachbarn vom Mondsee Radmarathon, ist der Eddy Merckx Classic ein Event für die breite Masse. Ihr bietet neben drei […]
[…] und zum zweiten Mal DNF – dieses Mal wegen DSQ. Nach meinem Reifenplatzer im Juni beim Mondsee Radmarathon, bin ich dieses Mal an der richtigen Stelle falsch abgebogen: Disqualifikation. Dumm gelaufen. […]
[…] Wo soll das noch alles hinführen? Denn selbst bei meinem noch nicht ganz so fortschrittlichen Rennrad vergeht kaum mal ein Monat, wo nicht irgendwas anfällt. Sei es, dass es irgendwo knackt oder schleift, die Schaltung vor einem Radmarathon nicht mehr funktioniert oder während eines Radmarathons in der Abfahrt der Schlauch platzt. […]
[…] Welche Rennen haben dir am besten gefallen? Warum? Ganz klar meine Nr.1: Endura Alpentraum und Nr. 2: der Mondsee Radmarathon […]
[…] der Abfahrt des Mondsee Radmarathons platzte mir der Vorderreifen. Einen Ersatzschlauch hatte ich „alter Stratege“ natürlich nicht […]
Comments are closed.