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Offizielle Klarstellung: Warum Philipp von den Zwiftrennen gesperrt wurde

by Daniel

Philipp Diegner wurde für 6 Monate von den Zwift-Profirennen gesperrt und von seinem Team Canyon E-Sports ausgeschlossen.  

So in etwa die Nachrichtenlage vor einigen Tagen. 

Ich muss gestehen, ich hatte zunächst keine Ahnung, worum es da ging, Philipp teilte mir mit, dass es mit seiner „Datenübermittlung“ ein paar Probleme gab. 

Wird schon nichts Krasses sein. Meine Denke. 

Als dann mit den Tagen immer mehr Medien über das Thema berichteten und ich auch von einigen Lesern und Athleten in unserer Coachingcommunity drauf angesprochen wurde, war es natürlich an der Zeit zu reagieren. 

Was ist passiert? Und was ist v.a. nicht passiert? 

Bevor wir zu meinen Fragen und Philipps Antworten weiter unten kommen, lasst mich kurz ausholen – v.a. für diejenigen von euch, die mit dem ganzen Thema nicht vertraut sind. 


Über Philipp

Philipp Diegner ist seit mehreren Jahren mein Coachingpartner. Seit 2017 betreiben wir auf dieser Plattform Coachingdienstleistungen (Coachings, Trainingspläne etc.). 

Philipp ist selbst nicht nur Sportwissenschaftler und Coach, privat tritt er auch gerne in die Pedale. 

Seit Februar 2019 fuhr er auf privater Basis für das e-Racing „Profiteam“ Canyon E-Sports (ehemals ZCC). 

Diese Aktivität fand komplett losgelöst von SpeedVille statt. Hier gab es keinerlei Querverbindung. Hierzu gab es z.B. auch keinen einzigen Bericht auf SpeedVille. 

Warum eigentlich nicht?

Ganz einfach. Mich juckte das Thema recht wenig bis überhaupt nicht. 

Ich selbst mag Zwift zwar sehr gerne fürs Training oder auch für unsere Meetups, aber den vermeintlichen „Profirennen“ konnte ich bis dato nichts abgewinnen. 

Das wird sich vermutlich auch nicht mehr ändern.

Seine Sperre von den Zwiftrennen

Jetzt im Februar 2021 wurde dann seitens Zwift publik gemacht, dass Philipp, wie eingangs beschrieben, von seinem Team und den weiteren Rennen ausgeschlossen wurde. 

Der Grund war das unerlaubte, nachträgliche Editieren einiger Dualrecordings. 

Im „professionellen“ e-Racing Bereich ein klarer Regelverstoß. 

Schließlich sollen diese Aufnahmen der Validierung der generierten Leistungswerte vom Rollentrainer dienen. 

Soweit so gut/schlecht.

In wenigen Absätzen die Ausgangslage.

Nun nochmal zurück zur aktuellen Situation.


Socialmedia ist Segen und Fluch zugleich

Gerne verselbstständigen sich gewisse Gerüchte – irgendwer hat immer eine Meinung. Gerade in der Radsportszene geht das aufgrund der heiklen Vergangenheit sehr schnell.

Hier ist absolut kein Platz für Betrug

Den meisten Lesern – v.a. der ersten Stunde – wird noch bewusst sein, dass ich eine sehr klare Haltung zu Antidoping – oder Sportbetrug – habe. 

Gerade in den ersten Jahren hatte ich noch sehr, sehr viele Artikel gemacht, die auf vermeintliche Missstände im Radsport – v.a. im Jedermannbereich – hinwiesen. 

Es gab eigentlich nichts, wo ich nicht von berichtet hatte:

Dopingtheater beim Ötzi mit Cunico in 2015, verurteilte Exprofis, die bei Radmarathons an den Start gingen, um vorne mitzufahren oder aufklärerische Interviews mit Deutschlands Dopingjäger Nr. 1 Hajo Seppelt etc.

Ist zwar löblich, dass sich hier einer reinkniet – was aber wiederum auch bedeutete, dass man ordentlich Gegenwind bekommt. 

Es sammelte sich negative Energie an

Es gibt einige, die dich hierbei unterstützen, es gibt aber auch zahlreiche andere, die einen dann gerne als „Nestbeschmutzer“ bezeichnen.

Irgendwann war für mich der Punkt erreicht, in dem ich für mich entschied, diese negativen Energien nicht mehr in meinem Leben haben zu wollen. 

Radsport war/ist eine der schönsten Dinge für mich, ich will aber nicht ständig weiter in der Jauchegrube rühren, und hinter jeder Hecke den Feind vermuten. 

Die Freude am Sport drohte mir zu entgleiten. Vor allem beim Betrachten der Profirennen à la: 

Darf ich mich jetzt freuen, wenn der gewinnt oder muss ich erst bei Wikipedia nachgucken, ob der Dreck am Stecken hat?

Fokussieren wir uns also auf das Coaching…

Mit Philipp und unserem wirklich tollen Coachingteam schaffte ich es, seit 2017 einen sehr ordentlichen Athletenstamm aufzubauen. 

Euch besser, schlanker auf dem Rad und zufriedener im Alltag zu machen, das war und ist meine Triebfeder.

Da ich nun – komplett ungewollt – hier indirekt mit drin hänge – denn Philipp ist ja v.a. durch SpeedVille so bekannt geworden, ist es nun an der Zeit, Klartext zu sprechen bzw. einzufordern!

Entsprechend habe ich Philipp gebeten, mir (und damit uns allen!) die folgenden Fragen schriftlich und folglich verbindlich zu beantworten.

Macht euch Screenshots, druckt euch das Ding hier aus, jetzt fordere ich Klartext.


Philipps Sperre bei den Zwiftrennen: Was ist da passiert? Und v.a. warum?

[Duktus: Frage von mir in fett, Philipps Antwort da drunter.]

Ganz wichtig: Es wird hier und heute nichts verheimlicht, du machst reinen Tisch, ok?

Richtig. Ich habe ja schon ein persönliches Statement auf Facebook abgegeben, aber vor allem für SpeedVille möchte ich mich noch einmal äußern!  

Also, wenn ich mir die News durchlese, dann steht da, dass du bei ca. 5-6 Profirennen auf Zwift die Dual Recording Datei bearbeitet hast. Ist das korrekt so? 

Das ist korrekt. 

Kannst du dem Leser – und mir – bitte erklären, was diese Dual Recording Datei überhaupt ist und was der Zweck dieser Datei ist?

Die Dual Recording Dateien werden verwendet, um die Leistung der Teilnehmer nachträglich zu validieren und das Verhalten der Trainer zu prüfen. Es kann z.B. sein, dass die primäre Leistungsquelle (das muss der Smarttrainer sein) und der Leistungsmesser sehr stark abweichen. Dann ist vermutlich eine Kalibrierung vonnöten. 

Es kann auch sein, dass die beiden Geräte sich unterschiedlich verhalten, z.B. bei harten Belastungen oder Sprints. 

Manchmal reagieren die Powermeter viel schneller auf einen veränderten Input und die Leistung springt hoch, während der Trainer nachhängt. 

Zusammengefasst: Die Werte sollen schlüssig sein und in einem gewissen Toleranzrahmen zusammenpassen. 

Wann verschickt ihr üblicherweise nach den Rennen eine solche Datei und v.a. an wen? Gibt es hier eine Frist?

Das muss innerhalb von 2 Stunden nach den Rennen passieren. Die Dateien werden inzwischen einfach auf Zwiftpower.com (Der Ranking- und Eventseite von Zwift) hochgeladen. Dort gibt es eine spezielle Funktion für die Dual Recordings. 

Es stellt sich die Frage: Warum bearbeitet man überhaupt eine solche Datei? Zwift weiß doch auch, dass es hier Differenzen zum Powermeter gibt sowie Ausreißer und Signalabbrüche.

Ganz ehrlich, für die Zwiftauswertung gibt es keinen Grund. 

Selbst Signalausfälle oder sogenannte „Spikes“, bei denen der Leistungsmesser kurzzeitig viel zu viel anzeigt, kann man ja im Nachhinein klären. 

Aus Trainingsanalysegründen wird das gemacht, um fehlerhafte Spitzenwerte zu entfernen oder Einheiten besser analysierbar zu machen oder zu verhindern, dass die Belastungswerte CTL oder ATL abweichen. 

Bei den Dual Recordings für Zwift gibt es eine klare Regel, die besagt, dass die Originale der Dateien weitergeleitet werden müssen. 

Dann nochmal die Frage: Warum setzt du dich da hin und editierst die Dateien? Die Motivation kann ich noch nicht erkennen.

Das war einfach dämlich. Ich war mit der Datenlage unzufrieden, wie zuvor schon mit der Leistung und mein Analystengehirn hat geschaltet. Das war ja eh alles im normalen Abweichungsrahmen, aber ich habe das kurzfristig selbst in die Hand genommen. 

Was heißt überhaupt Datei „bearbeitet“? Was hast du konkret gemacht?

Mein hauptsächlicher Verstoß war eine positive Anpassung der Leistungswerte. Bei einigen Fahrten wich der Leistungsmesser plötzlich stärker von meinem Smarttrainer ab, bis zu 3 oder 4 Prozent! Daraufhin habe ich die Abweichung auf das übliche Maß eingestellt. 

Dafür kann man einfach die Leistungswerte aus der Datei ziehen, segmentweise oder gesamt um einen gewissen Faktor steigern, und wieder einfügen. Auch „Dropouts“, das sind z.B. 10s ohne Signal vom Leistungsmesser habe ich mehrmals „gefüllt. Ein klarer Regelbruch. 

Böse Zungen unterstellen einen gewissen Betrug. Hast du bei den Zwiftrennen wen betrogen?

Ich habe mir in den Live-Rennen selbst keinen Vorteil verschafft. 

Ganz klar, ich habe die Regeln des „E-Racing Regelbuchs“ verletzt und muss dafür die volle Verantwortung übernehmen, aber dadurch hat sich weder meine Leistung im Wettkampf selbst noch mein Resultat im Verhältnis zur Konkurrenz verändert. 

Dafür verdiene ich auch die angemessene Kritik, aber ich wollte niemals andere Fahrer schlechter dastehen lassen, oder austricksen. 

Aus meiner Sicht wäre es v.a. (sportlicher) Betrug, wenn du den Rollentrainer manipuliert hättest und durch das Bearbeiten der 2. Datei (Dual Recording) hier gewisse Differenzen kaschierst. Kannst du dich bitte dazu äußern: Was war also deine Motivation hierfür?

Das sehe ich auch so, dass das ein Betrug wäre, bzw. im E-Sport „cheaten“. 

Ich habe in meiner Zeit auf Zwift (knapp 5 Jahre) 5 verschiedene Smarttrainer gefahren, welche alle ähnliche Werte angezeigt haben und ich wüsste überhaupt nicht, wie man da etwas manipuliert. Die Daten gehen bei den PRO/AM Wettkämpfen live an Zwift, so wie bei jedem User, der auf der Plattform einfach fährt. 

Ich habe hier absolut naiv und auch verantwortungslos gehandelt. Mit einigen der Dual Recordings war ich ratlos (warum diese Abweichung, anstatt der üblichen 1-2%) und anstatt das technisch mit meinem Team zu klären, habe ich die Initiative ergriffen und mein Coaching-Skillset benutzt. 

Sicherlich waren mir die Daten gegenüber meinen Teamkollegen unangenehm und ich wollte die Konsistenz waren.

Seien wir ehrlich: Meine Leistungsfähigkeit geht aus gesundheitlichen und Gründen der zeitlichen Kapazität seit Monaten zurück. 

Aber die Originaldaten waren ja doch schon an Zwift (während des Rennens durch den Smarttrainer) kommuniziert? Für mich eine komplett sinnfreie Aktion.

Das kannst du laut sagen. Ich habe mich am Ende nur selbst sabotiert und in dem Moment über die Konsequenzen nicht nachgedacht.

Das kann man mir vorwerfen.  


Mein Fazit

Nach obiger Sachlage hat Philipp aus meiner Sicht niemanden betrogen – v.a. keine anderen Teilnehmer bei den Rennen. 

Betrug wäre für mich die Manipulation des Rollentrainers gewesen. Also, dass der Rollentrainer mehr Watt an Zwift kommuniziert, als es tatsächlich der Fall wäre.

Für euch zur Info: Ich habe Philipp bestimmt 20x die Frage gestellt, ob es hier am Rollentrainer eine Manipulation gab. Diese Frage hat er stets und prompt mit einem Nein beantwortet. 

An der Stelle muss ich ihm das einfach glauben. Und glaube es ihm auch.

Es gibt nach meinem Kenntnisstand auch keinerlei Indizien, die das Gegenteil suggerieren.

Ich schätze, dass ihn an der Stelle seine Daten-Nerdiness eingeholt hat und er entsprechend hier für sich die beiden Quellen auf ein Niveau gebracht hat. 

Auf Basis dieser Sachlage hat Philipp zwar einen Regelverstoß begannen, wofür er die klare Verantwortung zu tragen hat. Dies kann ich ihm persönlich aber verzeihen. 

Bei einem vorsätzlichen Betrug (Manipulation der Rolle etc.) wäre die Lage anders. Das hätte gravierende Konsequenzen gehabt.

So muss ich aber auch sagen, dass ich diesen Hype, den das Ganze bekommen hat, nicht ganz nachvollziehen kann. Ja, er hat einen Regelverstoß begangen, aber er hat – nochmal – niemanden beschissen.

Liest man sich die Headlines und Artikel der Szenemedien dazu in den letzten Tagen durch, dann bleibt dieser doch sehr fade Beigeschmack des „Cheatens“, welcher in diesem Fall nicht gegeben ist.

Korrekt ist das (auch) nicht.

Euer Daniel 

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