Die Eier in die Hand nehmen, Mut beweisen, den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Für viele sogenannte Wantrepreneurs ein unerreichbarer Wunsch. Zu groß das Risiko. Seit Jahren haben sie eine Idee, finden aber nicht aus der Komfortzone heraus. Lieber Sicherheit statt Unwägbarkeit und vorläufiger Startup-Verschuldung. Für Bastian Marks und Torsten Walter hingegen aktuelle Realität. Die beiden Jungunternehmer gründeten marks walter, ein neues Bikefitting Institut mit integrierter Physiotherapie in Köln. Noch ein Bikefitter mag der eine oder andere gerade denken? Bastian Marks erklärt das Warum…
Von Bastian Marks
Servus! Fonsi mal wieder und es gibt große Neuigkeiten!
Erstmal kurz zur aktuellen Situation. Ich sitze gerade auf Mallorca, wo ich mir die erste Woche des Jahres Auszeit von der längsten Schlechtwetterperiode seit Beginn meiner Wetteraufzeichnungen gegönnt habe.
Mit Torsten (Vorstellung folgt), Steffi, seiner Freundin/MTB Weltcup, deutsche Vizemeisterin Marathon und Ben Zwiehoff. An Ben wird mir mal wieder bewusst, was für eine Wurmgestalt man mit 4,3w/kg an der Schwelle ist. Soweit ich hier sondiert habe, liegt er weit über 6 und dazu ist er verdammt noch mal ein unglaublich netter Kerl.
Der ist so gut, den kann man dafür noch nicht einmal hassen.
Aber zum Thema:
Wir haben es getan.
Seit dreieinhalb Jahren reden wir jetzt davon und mittlerweile hat das Ganze endlich Dynamik bekommen.
Bastian und Torsten gründen marks walter
Wir, das sind Torsten und ich. Ihr kennt mich vielleicht schon unter Fonsi vom Speedville Blog, Bastian ist mein richtiger Name. Torsten und ich sind beide Physiotherapeuten. Ich habe meinen Bachelor vor acht Jahren gemacht, Torsten schon eins vorher. Torsten ist in der Jugend im MTB Nationalkader gefahren, hat wie ich nie mit dem Training aufgehört und ist eine ziemlich brutale Maschine, was er aber immer herunterspielen würde, wenn man hin fragt.
Seit wir uns kennen, trainieren wir ein Mal die Woche zusammen und unterhalten uns oft über Trainingslehre und Biomechanik, was nicht so fern liegt, wenn man eine 6-7 jährige anatomisch/biomechanische Ausbildung „genossen“ hat und den Großteil seiner Freizeit auf dem Bock sitzt.
Das, was man unter Bikefitting kennt und versteht, ist seit Jahren mein Denkspiel im Kopf und vor allem auch, weil ich bei all den Fittings, die ich in meinem Leben bekommen habe auf Ungereimtheiten gestoßen bin.
Klar, der menschliche Körper ist zu komplex, um den Bewegungszyklus und alle Gelenke zu berücksichtigen, die den Vector ins Pedal produzieren, aber an der ein oder anderen Stelle fehlt es der aktuellen Industrie an Logik, wenn ich beginne über den Tellerrand zu schauen.
Jeder hat so ein paar Grundregeln im Kopf, aber wie viel stimmt davon? Und in wie weit kann ich einen Körper an Regeln anpassen?
Eher andersrum.
Torsten und ich schwimmen da schon immer auf der gleichen Welle.
Bikefitting neu gedacht
Als Physio schaut man sich einen Menschen aus einem anderen Blickwinkel an. Man sieht nicht nur, was von der Norm abweicht und versucht es wieder gerade zu biegen. Man sieht und fühlt auch, was der Körper im Laufe von Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat, was zu einem Menschen gehört, nicht der Norm entspricht, aber auch nicht stört.
Nicht jeder Beckenschiefstand/rotation muss korrigiert werden, nicht jede Beinlängendifferenz ausgeglichen werden. Der Körper ist ein Wunderwerk der Anpassung und wenn etwas seit 10 Jahren so ist, und keine Probleme macht, muss ich es nicht begradigen, sondern funktionell integrieren.
Ich bin jetzt 8 Jahre Physio, seit 18 Jahren Radsportler und seit 33 Jahren ein wirklich kleiner Mensch (169 cm). In den letzten Jahren ist mir bewusst geworden, dass es in den Geometrien der kleineren Räder und beim Fitting kleinerer Menschen (oft auch an Frauenrädern sichtbar) Denkfehler bestehen. Das treibt mich um.
Ich teste selbst und rechne verschiedene Proportionen durch.
Die Denkwege werden dabei komplexer, als dass es sich lohnen würde, sie hier zu beschreiben. Vielleicht bearbeite ich einzelne Themen hier mal in eigenen Beiträgen. Fakt ist, ich möchte und kann Denkweisen ändern, wenn ich den Ansatz erkläre.
Unterschätzter Parameter: Sitzwinkel
Wer sich einen neuen Rahmen kauft, schaut auf die Sitzrohrlänge und vielleicht noch auf die Oberrohrlänge. Vom Sitzwinkel und seinen Auswirkungen hingegen wissen die wenigsten. Gerade für den Hobbyfahrer kann der richtige Sitzwinkel einen unerwarteten Schub in der Kraftentfaltung bringen. Es gibt einige Hersteller (z.B. Specialized, Trek, Basso), die über diesen Winkel nachdenken, das Thema aber nicht wirklich bewerben.
Kurbellängen sind auch ein Thema, das vernachlässigt wird. Nicht nur die Beinlänge ist hier ausschlaggebend und sehr interessant: Beinlängen unterscheiden sich prozentual übrigens viel mehr als Kurbellängen.
Der wichtigste Faktor bei aller Produktion der für uns wichtigen Kraft ist der Grad der Aufrichtung des Beckens auf dem Sattel, und der ist so individuell, wie es menschliche Körper nun mal sind. Dafür braucht man einen Blick und keine Faustformeln. Die gängigen Formeln verursachen hier ein Abweichen von der effizienten Biomechanik bei Fahrern unter ca 175 cm, oft auch bei Amateuren/Hobbys mit wenig Rumpfspannung oder abweichenden Proportionen.
Es war jetzt also vor ein paar Monaten soweit: Torsten und ich haben über einen Zufall Räume in Köln ergattert, nicht lange gefackelt und angefangen auszubauen. 2018 geht es los. Physiotherapie und Bikefitting. Unsere eigene kleine Klitsche.
Was wir bei marks walter anders machen als der Rest?
Sicher nicht alles. Aber dass wir ein bisschen Ahnung von Anatomie haben und recht nahe am Körper dran sind, erklärt sich von selbst.
marks walter: Realitätsnahes Bikefitting in Köln
Wir werden ein Fittingpaket bei marks walter anbieten, das nah an der Realität liegt. Wie der Mensch an sich, ist die Position auf dem Rad dynamisch. Die Bindegewebe von Sehnen haben zum Beispiel eine physiologische Umbauphase von ca. 6 Wochen.
Eine neu eingestellte Position muss ich also nach 6-8 Wochen nachkontrollieren und dann evtl. weiterentwickeln. Es wird Dehnungen und Übungen zur Kraftsteigerung der individuell nötigen Gewebe geben. Wenn nötig, Unterstützung durch Therapie.
Wenn es jemand wirklich ernst meint, muss ich den Sportler draußen auf dem Rad sehen. Wiegetritt, Positionen am Berg und beobachten, ob sich mit zunehmender Ermüdung etwas verändert.
Neurophysiologisches Techniktraining kann die Position auf dem Rad stark verbessern und Kraft für den wichtigen Moment sparen. Wer ein orthopädisches Grundproblem mitbringt, wird zielgerichtet betreut. Das ist unser Handwerk.
Auch wenn es in Köln schon zahlreiche Fitter gibt. Wir haben Bock. Bock zu arbeiten, Erfahrungen weiter zu geben und zu erklären. Wie schon aus früheren Blogs (siehe Artikel mit Schützling André) zu lesen, habe ich auch Lust mit Einsteigern zu arbeiten und das Fitting von Frauenrädern und kleineren Fahrern liegt mir besonders am Herzen.
Torsten ist erfahren im Bereich MTB und auch Straße, er arbeitet schon länger mit Profiteams und Kadern zusammen.
Klassische Physiotherapie gibt’s in zwei Behandlungsräumen.
Mal wieder die Leidenschaft etwas mehr zum Beruf gemacht.
Wir sind gespannt auf die Resonanz.
Fragt mich, fragt uns.
Fotos: TYGUZY.com
Dazu passende Artikel:
– 36er Schnitt: Bastian Marks berichtet vom Canyon 300k Night Ride
– Bastian Marks und André beim Arlberg Giro (Link)
– Übersicht der Leistungsdiagnostik- und Bikefitting Institute in Deutschland (Link)
– mein Aero-Fitting bei Staps (Link)