Auf diesen Vergleich war ich gespannt: Mein erstes Trainingslager auf Lanzarote vs. vier Trainingslager auf Mallorca. Vor knapp zwei Wochen war es dann soweit: Mit frisch repariertem Schaltwerk* ging es zum ersten Mal auf die nordöstlichste Insel der Kanaren: ins Move-Ment Headquarter nach Tahiche auf Lanzarote. Wie würde der Vergleich zu Mallorca ausfallen? Welche Insel kann mehr? Ein schwieriger Vergleich…
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Eins kann ich vorweg nehmen: Das Leben auf „Lanza“, wie es liebevoll abgekürzt wird, ist ein sehr entschleunigtes: gemäßigter Massentourismus, wenig „Mietwagenterroristen“ und dank César Manrique auch keine mehrstöckigen Hotelburgen. Selbst Werbeplakate findet man bis zum heutigen Tag auf Lanzarote keine. Perfekte Bedingungen, um sich eine Woche lang die Seele aus dem Leib zu radeln.
Landung mit Klatschen
Ja, das gibt’s noch. Eigentlich Ende der 90er ausgestorben, klatschten sich die mehrheitlichen Renter bei der Landung am Flughafen Lanzarote-Arrecife bereits warm für einen Urlaub unter frühlingshaften Bedingungen. Vielleicht lag das befreiende Klatschen aber auch an den heftigen Turbulenzen, die wir über Spanien hatten, welche so heftig waren, dass ich für ca. 5 Minuten keinen Schluck Kaffee trinken konnte ohne einen massiven Fleck auf der Hose zu riskieren. Ich klatschte mal mit. Aber psst…
Sehr interessant an der Stelle: Es waren zwar deutlich mehr Renter im Flieger als bei „normalen“ anderen Flügen, dafür war aber die mittlere Altersgruppe der „Normalos“ (Pool, bräunen, Bild Zeitung, High Heels zum Abendessen) deutlich unterbesetzt – diese Altersgruppe war wiederum überproportional durch Ausdauersportler vertreten mit eindeutigen Erkennungsmerkmalen: Polar Uhren am Handgelenk, alle dünn, sehr viele Triathlon- und Rennradzeitschriften auf den Sitzen. Eieiei, da weißt Du, was die Stunde geschlagen hat…
Ich sah mich ja schon mit deutschen Rentern im „Infight“ beim Hotelbüffet – aber nein, am Flughafen wartete ja schon mein Münchner Kumpel Foli, welcher seit einigen Jahren ein Haus in Tahiche besitzt. Eine Woche Trainingslager mit den drei Move-Ment „Eisenmännern“: Foli, Frank und Philipp – das kann ja was werden ;-)
Ich hatte auch ein bisschen Angst.
Fazit zur Anreise:
1-0 für Mallorca, da Flugzeit halb so lang.
Move-Ment-HQ statt Hotelburg
Ging es in den vergangenen Rennradurlauben mit Kante immer in Hotels auf Mallorca, war in diesem Trainingslager nicht nur Lanzarote neu für mich – auch das Thema Selbstverpflegung in einem Rennradurlaub kannte ich noch nicht.
Zugegeben: Vor dem Trip hatte ich noch ein bisschen Angst vor dem allabendlichen Kochen, konnte ich mir nicht vorstellen nach einer mehrstündigen Tour noch mit einem Grinsen im Gesicht mehrere Kilo Nudeln für das hungrige Wolfsrudel zuzubereiten. Im Zusammenspiel mit Philipp und Frank war das Thema aber mehr als entspannt – entwickelte sich doch eine positive Eigendynamik und Arbeitsaufteilung.
Lasst mich noch ein paar Worte zu Folis Haus verlieren, welches ganzjährig von interessanten Radfahrern oder Triathleten für einen flexiblen Zeitraum angemietet werden kann: Das Haus befindet sich in Tahiche, nur 15 Autominuten vom Flughafen entfernt: sehr idyllisch, sehr ruhig – ideal gelegen für die täglichen Rennrad-Touren.
Einer der großen Vorzüge, neben den nicht vorhandenen Rentnern in den normalen Hotels, war sicherlich die entspannte Atmosphäre. Sehr gutes WLAN in den gemeinsamen Räumen, gut ausgestattete Werkstatt und der größte Pluspunkt in meinen Augen – man mag es kaum glauben – war die Waschmaschine. Im Prinzip hätte ich nur eine Ausrüstung mitnehmen müssen. Nach jeder Tour wurden die getragen Sachen in die Machine geschmissen, Klappe zu, und ab damit. Definitiv sehr angenehm.
Wer Interesse hat für ein paar Tage/Wochen unter der Sonne Lanzarotes zu trainieren, ist herzlich eingeladen, sich bei Foli zu melden. Der Preis pro Person für die Unterkunft startet bei 150€ pro Woche bei Selbstverpflegung. Meine Flüge nach Lanzarote haben inkl. Radkoffer-Transport 330€ gekostet. Ich würde sagen: läuft.
Fazit:
Klarer Pluspunkt für Lanzarote: 1-1.
Landschaft und Touren auf Lanzarote
Lanzarote und Mallorca sind so unterschiedlich wie es nur geht: Lanzarote ist eine in weiten Teile recht karge Vulkaninsel, die hier und da doch überraschend grüne Ecken hat, wie oberhalb von Tabayesco – Mallorca ist eine Perle des Mittelmeers und an Vielfältigkeit nicht zu überbieten: Im Westen das beeindruckende Tramuntanagebirge mit gigantischen Küstenstraßen (Banyalbufar – Deia; Cap Formentor), im Inselzentrum die idyllischen Dörfer, in denen die Zeit noch scheinbar stehen geblieben ist, und im Osten welliges Terrain. Überspitzt gesagt, ist der gemeinsame Nenner die Sprache und die Tatsache, dass beides Inseln sind.
Wie eingangs erwähnt, ist das Leben auf Lanzarote sehr entspannt. Vom Alltagsstress aus Deutschland ist man hier ganz weit weg. Ein schönes Gefühl. Man kommt runter.
Die Touren selbst, sind für einen etwas schwereren Fahrer wie mich sehr angenehm, da das Terrain größtenteils sehr wellig ist. Hier und da mal ein Buckel von 50-100 Höhenmetern. Oder gerne auch mal ein längeres vermeintliches „Flachstück“ mit einer Steigung von 1-2%. Angenehm, kann aber auch sehr gefährlich werden ;-)
Wir sind vorwiegend im zentralen Bereich der Insel gefahren – wenn wir Höhenmeter „fressen“ wollten, ging es hoch in den Norden in Richtung Tabayesco oder nach Orzola.
Meine Touren-Highlights auf Lanzarote:
Tahiche – Arrieta – Orzola:
Unsere Hausrunde und eine ideale Trainingsstrecke zum Powern. Immer am Wasser entlang, fährt man über die Schnellstraße LZ-1 immer in Richtung Nordosten nach Orzola:
- Strecke hin und zurück: knapp 66 km, gut 400 hm
- sehr gute ausgebaute Straße zwischen Tahiche und Orzola
- ausreichender Seitenstreifen, keine Gefahr durch Autoverkehr
- wellige Topgraphie: keine zu steilen Rampen, aber nette Buckel, die man „wegdrücken“ kann
Ironmanstrecke in Teilen nachgefahren (Strava Link):
In der Runde ist alles drin: sehr welliges Profil, eine ordentliche Brise Gegenwind, satte Höhenmeter und beim „Mirador del Rio“ eine Aussicht, die seinesgleichen sucht:
- Strecke: 167 km, 2.300 hm
- sehr vielseitige Landschaft
- neben den Anstiegen sorgt der starke Gegenwind aus Nord/Nordost für weitere „Höhenmeter“
- beeindruckende Küstenabschnitte bei El Golfo
Tabayesco Anstieg bis zu den Windrädern (Strava Link):
Wem das jetzt noch alles zu flach oder wellig war, der kann hier klettern. Das Schöne: die Steigung ist moderat und vor allem konstant – damit für jeden fahrbar. Je weiter man in die Höhen kommt, desto grüner wird die Natur.
- Strecke: ca. 9,5 km, ca. 530 hm
- sehr konstante, sanfte Steigung (ideal für einen FTP-Test)
- kaum Verkehr
Fazit: Ich tue mich wirklich sehr schwer, hier einen Vergleich zu ziehen, da komplett unterschiedliche Terrains. Lanzarote ist für mich erste Wahl, wenn es um ein Trainingslager im Winter (Nov. – Feb.) geht, Mallorca im Frühjahr.
2-1 Mallorca
Mein Training auf Lanzarote
Nach meiner überraschend positiven Leistungsdiagnostik im Januar bei STAPS, schrieb mir Björn einen Trainingsplan extra für dieses Trainingslager. Danke nochmal an dieser Stelle dafür – am Ende der sechs Radtage lautete die Bilanz: knappe 600 km und ca. 8.000 hm.
Fuhr ich in den vergangenen Trainingslagern immer nach Gefühl, war es nun das erste Mal, dass ich mich innerhalb einer bestehenden Gruppe an einen eigenen Trainingsplan gehalten habe. Und klar, so ganz leicht war das anfangs nicht. Die Move-Ment-Jungs wollten vor allem erst einmal Stunden auf dem Rad sammeln, ich hingegen hatte schon Inhalte in den Trainingsfahrten. Per „Catch-Up“-Verfahren haben wir das aber ganz gut in den Griff bekommen.
Besonderes Leckerli: Mein FTP-Test
Als besonderes Sahneschnittchen stand am vierten Tag mein FTP-Test auf dem Speiseplan:
20 Minuten, alles was geht!
Um ideale Bedingungen zu haben, sollte die Strecke einen leichten Anstieg vorweisen und möglichst frei von Ampeln und Autos sein.
Das war natürlich ein ganz klarer Fall für den Tabayesco-Anstieg.
Voll mit Zucker bis unters Dach und einer halben Trinkflasche gefüllt mit Cola ging es dann grinsend in die Kreissäge.
Wie geht man den FTP-Test am sinnvollsten an? Was gilt es zu beachten? Auf der „Roadcycling-Seite“ findet ihr hier einen guten Artikel zu dem Thema.
Die Eckwerte meines FTP-Tests (Strava Link):
- Dauer: 20 Minuten
- ø Leistung: 339 Watt
- ø Herzfrequenz: 181
Fazit: Die Trainingsgruppe um die Move-Ment-Jungs war sicherlich überragend, ist aber unabhängig von der Insel. Ein Vergleich mit Mallorca macht an dieser Stelle keinen Sinn.
Abschließender Vergleich: Lanzarote vs. Mallorca
Wo kann man besser trainieren? Zwar hat nach meiner (subjektiven) Bewertung Mallorca einen knappen Sieg davon getragen – dieser Vergleich hinkt aber an zu vielen Stellen. Es macht keinen Sinn Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Während im Frühjahr auf Mallorca etwas mehr Mietwagen-Touristen unterwegs sind, ist das Leben auf Lanzarote deutlich entspannter, die Autofahrer angenehmer. Während die Natur auf Mallorca in meinen Augen schöner ist, bevorzuge ich die Architektur und Wettersicherheit auf Lanzarote.
In Summe: Lanzarote wäre meine erste Wahl, wenn ich dem deutschen Winter entfliehen möchte, Mallorca im Frühjahr.
Lanzarote:
- + sehr angenehmes Wetter mit 20-24 Grad im Januar
- + sehr entspannte Autofahrer
- + wellige Topografie ideal für GA-Einheiten
- + mit dem Tabayesco-Anstieg auch etwas für „Bergziegen“ dabei
- +/- starke Passatwinde aus Nord und Nordost (kann positiv wie negativ sein)
- – manche Nebenstraßen mit schlechter Straßenqualität
- – Flugzeit von gut 4 Stunden
Mallorca:
- + kürzere Flugzeit
- + landschaftlich schönere Insel
- + sehr gutes Straßennetz für Radfahrer
- + wunderbare Anstiege mit: Sa Calobra, Col de Soller, Kloster Lluc von Pollenca/Caimari
- + traumhafte Küstenstraße bei Deia, Cap Formentor
- – nervigere Mietwagen-Autofahrer
- – zu viele Bettenburgen
- – deutlich höheres Regenrisiko im Winter