Matthias, seinen Nachnamen kann ich an der Stelle nicht unfallfrei ausschreiben, geschweige denn aussprechen, ging Anfang September als SpeedVille Reporter bei der mittlerweile dritten Ausgabe des GFNY Deutschland in Hameln an den Start. Ein sehr bildlicher Rennbericht, bei dem er die unendlichen Hügel des Weserberglands (wie ich in 2016) unterschätzte und Mitfahrer, die lieber lutschten als mal selbst in den Wind zu gehen.
Von Matthias Dzieniszewski
Als ich das erste mal vom GFNY gehört habe, war meine erster Gedanke – wow, dass hört sich nach einer Menge Spaß an! Es wäre bestimmt cool, eins der Rennen der Serie zu fahren.
Kurze Zeit später kam der Aufruf von Daniel: „Wer hat Lust beim GFNY für Speedville.de zu starten?“ – Für mich war klar:
Das ist mein Ding!
Ok, Grand Fondo New York Deutschland – in Hameln?
Als Süddeutscher, der sich beim Radfahren eher auf der schwäbischen Alb und in den Alpen tummelt, ist Niedersachsen ein völlig unbeschriebenes Blatt.
Ich muss gestehen, Google muss erstmal befragt werden, wo die Reise genau hingeht – ziemlich genau in der Mitte zwischen Bielefeld und Hannover.
Alleine fahren? Eher nicht!
Eine kurze Nachricht an meinen 15 Jahre jüngeren Cousin, den ich auch gerne mal kurzfristig für Aktionen wie “in zwei Tagen mit dem MTB über die Alpen huschen” gewinnen kann, und der Mitfahrer ist gefunden.
Vorbereitung forte für den GFNY D
Die Vorbereitungsphase gestaltet sich bei mir komplex:
Fulltime Job, junger Familienvater und gerade ein Haus gebaut, in den Wochen vor dem GFNY noch MTB-Enduro-Rennen fahren – da muss man sein Training schon geschickt planen, um sich gut vorzubereiten und der Familie noch gerecht werden zu können.
Der Plan für die letzten zwei Monate vor dem Rennen ist schnell gefasst: So oft es geht mit dem Rennrad zur Arbeit, nach Möglichkeit das Töchterchen schnappen und mit dem Kinderanhänger am Rad im Schlepptau ordentlich Kraft tanken.
In der Trainingsphase für die Endurorennen mit dem Mountainbike Intervalle wegknallen – immer nach dem Motto: „Train heavy – Race light“.
Bei der Regeneration hilft mir der Sportphysio meines Vertrauens und quält mich zwischendurch ordentlich – autsch!
Das Rennwochenende kommt, also schnell meinen Mitstreiter eingesammelt und ab nach Hameln.
Ankunft in Hameln
Vor Ort erwarten uns schon in der ganzen Stadt Schilder mit dem Hinweis der Straßensperrung für den Sonntag – das wird gut!
Dank der im Vorfeld schon an alle Teilnehmer verschickten ausführlichen Infos des Veranstalters (Man bekommt wirklich jegliche Information geliefert und muss sich nichts zusammensuchen – sehr fein), ist es ein Leichtes, die kleine aber feine Expo in der Rattenfängerhalle zu finden.
Noch schnell für das Rennen einschreiben und dann heißt der Plan: lockeres Einrollen.
Ein Check der Region lässt schon erahnen, ganz große Anstiege gibt es hier nicht – auf dem Rad wird aber schnell klar, die vielen kleinen Hügel der Region lassen die Höhenmeter auf dem GPS schnell klettern.
Die Region ist gekennzeichnet von vielen sehr kleinen Orten, die alle mit kleinen, extrem wenig befahrenen Sträßchen verbunden sind – da macht Rennrad fahren richtig Spaß!
GFNY Deutschland: Raceday!
Am nächsten Morgen geht es früh aus den Federn, der Start ist um 7:00 Uhr.
Bei der Startaufstellung um 6:30 Uhr herrscht eine lockere Atmosphäre, jedoch verrät der Blick auf die geölten Waden und das Material der Mitstreiter: Hier wird richtig Sport gemacht!
Punkt 7:00 Uhr fällt der Startschuss und es wird ziemlich schnell Tempo gemacht. Am Anfang ist das Feld noch ziemlich nervös, auftauchende Verkehrsinseln führen schnell mal zu Vollbremsung einiger Fahrer – zum Leidwesen der Nachfolgenden. Größere Zwischenfälle bleiben in der Startphase aber aus.
Nach ein paar Kilometern legt sich die anfängliche Nervosität im Feld. Geschuldet dem welligen Streckenprofil und den nur kleinen zu erwartenden Anstiegen, schraubt sich das Tempo merklich nach oben.
Schnell finde ich mich am Ende der ersten größeren Gruppe wieder – muss aber feststellen, das ist eine Nummer zu hart für mich, das machen die Beine keine 164km und knapp 2200hm mit.
Also nehme ich etwas raus und werde von der nachfolgenden Gruppe aufgesammelt. Jetzt heißt es erst mal kurz erholen im Windschatten, die anfängliche Euphorie hat doch etwas Körner gekostet.
Bekanntes Problem: Keiner will führen!
Die Erholungsphase ist jedoch sehr kurz, in der Gruppe findet sich kaum jemand der führen will – so stehe ich mit zwei anderen Fahrern wechselnd eigentlich ständig im Wind.
Der Blick nach hinten verrät: Hier ist keiner bereit nach vorne zu gehen, im kurzen Plausch mit den zwei anderen Jungs merkt man etwas die Frustration – aber was soll’s, Radfahrern ist kein Turnhallensport.
Zwischen Kilometer 80 und 90 habe ich so eine echt schwere Zeit und mache mir so meine Gedanken: wenn das so weitergeht, falle ich bald hinten raus. Die Beine sind jetzt schon schwer und es ist gerade mal die Hälfte geschafft.
Und dann kommt mir blitzartig in den Sinn:
Die Verpflegung habe ich bis jetzt völlig vernachlässigt – was ein Anfängerfehler!
Böser Fehler: Zu wenig Nahrung zugeführt
Zwei Gels und kurze Zeit später bin ich wieder auf dem Dampfer!
Die kleineren Anstiege von etwa 200 Höhenmetern schaffen es nicht die Gruppe deutlich zu zerreißen, in der Ebene findet man sich immer wieder.
Das fröhliche Windschattenspiel geht immer weiter. Auch deutliche Aufforderungen von uns drei werden von der Gruppe ignoriert.
Bei der nächsten Verpflegungsstation steige ich mit meinen zwei Leidensgenossen kurz aus, die Gruppe fährt weiter. Im kurzen Gespräch ist schnell klar: Wir machen das Ding dann halt zu dritt fertig.
Zu uns stößt noch ein vierter Fahrer und auf den kommenden Kilometern wird klar: Dieser Zug funktioniert richtig gut.
Jeder bringt sich für die Gruppe ein und das Tempo geht schnell nach oben. Kurze Zeit später taucht in einiger Entfernung die vorher verlassene Gruppe wieder auf.
Bereits aus der Ferne ist zu erkennen: Hier hat niemand Lust oder Kraft die Geschwindigkeit hochzuhalten und der Abstand wird immer geringer.
Schnell ist die Gruppe eingeholt.
Unsere Gruppe funktioniert weiterhin gut, wir können unser Tempo halten und uns auch recht zügig von der eben eingeholten Gruppe wieder absetzen.
Die Uneinigkeit hat scheinbar dazu geführt, dass keiner mehr Körner hat. Nur ein, zwei Fahrer können folgen.
Dann kommt der kleine Mann mit dem Hammer – 10 km vor dem Ziel merke ich, dass das angeschlagene Tempo, mir langsam zu schaffen macht. (Anm. Daniel, das war bei mir in 2016 genauso, siehe Rennbericht)
Der Mann mit dem Hammer – kommt gerne nach Hameln
Am letzten kleineren, aber recht steilen Anstieg, kann ich nicht mehr folgen und muss abreißen lassen.
Also geht es solo weiter.
Das nahende Ziel und die immer dichter werden Hinweisschilder mit Kilometerangaben lassen in mir nochmal letzte Kräfte wachsen, die immer mehr werdenden Zuschauer an der Strecke tun ihr Übriges.
Platt aber glücklich komme ich im Ziel an, mit etwas über fünf Stunden, habe ich mein Ziel, unter 5 Stunden zu bleiben knapp verpasst.
Im Ziel heißt es erstmal mit Flüssigkeit, in Form von alkoholfreiem Bier, die Tanks wieder aufzufüllen und bei der im Zielraum wartenden kurzen Thaimassage die Glieder etwas lockern zu lassen – so könnte es immer sein.
Wenn jetzt nur nicht die 7 Stunden Heimreise mit dem Auto in Richtung Süden wären.
Fazit des GFNY Deutschland
Auch wenn ich mein persönlich gesetztes Ziel knapp verpasst habe, bin ich mit meinem Rennen zufrieden.
Der Plan “Train heavy – Race light” ist für mich auf der schnellen Strecke des GFNY in Hameln aufgegangen.
Sicherlich wäre mit gezielterer Rennradvorbereitung und wattgesteuertem Training noch mehr gegangen – aber da ich zu gerne eine Allrounder in (fast) allen Disziplinen des Radsports bin, passt es für mich.
Wie schon erwähnt, ist die Strecke für das Rennen komplett gesperrt und das hat der Veranstalter auch wirklich gut gelöst.
An jeder noch so kleinen Ausfahrt stehen freiwillige Helfer, an großen Kreuzungen ist alles von der Polizei abgesperrt, jede Kurve wird durch einen Helfer angezeigt.
Rennen fahren macht da richtig Spaß und das Motto der Serie “Be Pro for a day” geht auf.
Insgesamt ist das ist schon ein immenser Aufwand für ein Jedermannrennen – Chapeau!
Die Begeisterung in den kleinen Orten an der Strecke ist deutlich zu spüren – in manchen Kurven nimmt es fast schon Volksfestcharakter an.
Da kommt man gerne wieder!
Fotos: Sportograf, Matthias Dzieniszewski, privat