Lisa Brunnbauer hatte ich euch im letzten Artikel schon etwas näher vorgestellt. Als Diplommeteorologin hat sie ein natürliches Faible für Studien und Beweislagen. In der heutigen Kolumne deckt sie rational auf, warum Mann und Frau so unterschiedlich (auf dem Rad) sind und hat mit eigenen Augen gesehen, dass der Mann das neue Dopingmittel für viele Frauen ist.
Von Lisa Brunnbauer
Der Unterschied zwischen Mann und Frau wird bereits im Mutterleib durch den Einfluss von Hormonen und ihrer unterschiedlichen Konzentration zementiert.
Diese Unterschiede der Hormone bleiben uns allen während unserer Sportlerleben erhalten. Wissenschaftliche Studien dazu existieren nicht gerade wie Sand am Meer.
1) Viele Analysen zur Leistungsfähigkeit bei Männern, kaum bei Frauen
Viele Untersuchungen zu sportlichen Leistungsfähigkeiten, Trainingsempfehlungen etc. wurden häufig lediglich an Männern gemacht. Fraglich ist, ob die Ergebnisse sich auch eins zu eins auf Frauen überragen lassen.
Einige Betrachtungen wurden jedoch für die Geschlechter differenziert betrachtet und sollen hier benannt werden!
Entscheidend für die Leistung: Testosteron
Bereits im letzten Artikel (siehe Link) wurde das Hormon Testosteron erwähnt. Für das Muskelwachstum ist Testosteron unter anderem entscheidend.
Kraftsportler konstruieren daher beim Bodybuilding bereits unterschiedliche Trainingspläne für Männer und Frauen mit zum Beispiel unterschiedlichen Wiederholungszahlen oder Wahl des relativen Gewichts.
Kaum spezifische Trainingspläne für Frauen
Im Ausdauersport haben solche Differenzierungen in Trainingsplänen noch nicht Einzug gehalten. Frauen mit höherem Testosteronspiegel hatten in diversen wissenschaftlichen Untersuchungen zur sportlichen Leistung Vorteile gegenüber ihren Konkurrentinnen mit geringerem Testosteronlevel.
Auch der weibliche Zyklus beeinflusst die Hormone und so die sportliche Leistung nicht unwesentlich.
Das Immunsystem leidet in der Lutealphase stärker unter dem Stress durch Trainingseinheiten, weshalb hier während und/oder nach dem Training die Gabe von Kohlenhydraten zu empfehlen ist, um den Cortisolspiegel durch eine Insulinausschüttung zu senken und das Immunsystem zu entlasten.
Weitere wesentliche Differenzierung durch Hämoglobin
Einer der herausstechendsten Unterschiede zwischen den Geschlechtern ist wohl die geringere Masse an Hämoglobin im Blut von Frauen zusammen mit der geringeren absoluten Blutmenge.
Dies bedeutet eine geringere Kapazität bei Frauen, um Sauerstoff über das Blut zu Organen und Muskeln zu transportieren. Frauen besitzen 10-12 Prozent weniger Hämoglobin pro Kilo Körpergewicht als Männer.
Für eine Studie wurden männlichen Radfahrern rund ein Liter Blut entnommen, um ihr Hämoglobinlevel an das der an der Studie teilnehmenden Radfahrerinnen anzugleichen.
Vor der Entnahme, und drei Tage später, gab es einige Test, wie einen VO2max-Test.
Im Vergleich zu den Ergebnissen der Tests vor der Blutentnahme, lag der VO2max-Wert der Männer nachher um 7 Prozent niedriger. So dass das Hämoglobin für die Hälfte der Unterschiede zwischen den Geschlechtern verantwortlich gemacht werden kann.
Carboloading schlechter anwendbar für Frauen
Eine Studie zeigte, dass bei Ausdauertraining mit einer Intensität etwas unter der individuellen anaeroben Schwelle Männer und Frauen einen gleich hohen relativen Anteil von Kohlenhydraten zur Energiegewinnung verwendeten.
Unterschiede zeigten sich allerdings woher die Kohlenhydrate stammten. Während Männer noch zu einem Großteil auf Muskelglycogen zurückgriffen, wurde bei Frauen vor allem im Blut befindliche Glucose verbrannt.
Die Fähigkeit von Frauen hinsichtlich Carboloading schien basierend auf Studien schlechter zu sein als die von Männern.
Es stellte sich aber durch neue Erkenntnisse heraus, dass dies nur dann der Fall war, wenn man die Menge der Kohlenhydrate für das Carboloading auf das absolute Köpergewicht bezog.
Sobald Frauen die gleiche Menge Kohlenhydrate pro „fettfreier“ Körpermasse zu sich nahmen, gab es keine Unterschiede mehr.
Für Frauen würde dies eine höhere relative Menge an Kohlenhydraten gemessen am Körpergewicht in der Praxis bedeuten.
In ihrer zweiten Kolumne spricht Lisa über den Mann als Dopingmittel für viele Frauen…
2) Der Mann als Dopingmittel
Das Thema Doping im Radsport nervt, glaube ich, alle Radsportler und trotzdem sollte darauf hingewiesen werden, dass es für Frauen Wege in der Grauzone und noch andere illegale Wege gibt zu besch* – und dass diese vor allem auch genutzt werden!
Da kann man dann beobachten, dass Frauen in Rennen an Pässen von Männern geschoben werden oder wie Männer ihren Frauen durch Windschatten legal zum Sieg verhelfen.
Bei größeren Bergrennen wie zum Beispiel dem Ötztaler werden die Helfer der Rennleitung dazu angehalten, zu gucken, ob Frauen von männlichen Teamkollegen geschoben werden.
Windschatten geben, ist zwar legal, aber unfair
Windschattenfahren ist natürlich legal und dennoch unfair, wenn Frauen ihren persönlichen Windschatten dabeihaben, der auch offiziell am Rennen teilnimmt.
Gut zu sehen ist das dann in der Ergebnisliste, wenn der Mann der jeweiligen Dame zeitgleich im Ziel eintrifft und auch die offiziellen Fotos der Sportfotografen sind sehr aufschlussreich.
Aber wie gesagt, das ist legal. Es gibt aber auch illegale Varianten.
Unfaires Pärchen bei Rad am Ring
Ich selbst bin auf das Thema in meinem ersten Rennen gestoßen.
Rad am Ring, Jedermann 150 km.
Es sind 6 Runden zu fahren und in den letzten 2,5 Runden hatte ich dann auf dem Kurs immer ein Pärchen um mich herum: Er vorne weg und sie in seinem Windschatten hinterher.
Der Kurs hat eine längere Abfahrt und eine Gerade, ansonsten besteht er aus welligem Gelände mit teils steilen Anstiegen.
Auf den Flachstücken haben mich beide überholt und am Anstieg habe ich beide zurücküberholt, da kein Windschattenfahren mehr möglich war.
Das ging dann über eine Stunde so, bis beide in der letzten Runde an eine Verpflegungsstelle gefahren sind, weil sie sich bei ihm – für mich hörbar – beklagte, dass sie nicht mehr könne.
Ich hab dann beide nach dem Rennen bei der Siegerehrung wiedergesehen. Überraschenderweise fuhr er das kürzere 75-km-Rennen mit nur 3 Runden.
Windschatten gegeben ohne Startnummer
Er ist offensichtlich nach seinem Rennen unerlaubterweise auf der Strecke OHNE Startnummer gegangen, um ihr Windschatten zu geben.
Laut Regularien ist das nicht erlaubt und führt zur Disqualifikation.
Und was nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern ein zukünftiges Thema werden kann:
Der Support eines Rennteilnehmers durch einen E-Bike-Fahrer, der außerhalb der Wertung auf der Strecke ist!
Habe ich beim Ötztaler gesehen und wurde mir auch schon von anderen Rennfahrern berichtet.
Bis zum nächsten Mal,
Lisa
Fotos: Coen van den Broek