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Kantes Kolumne: Die Freuden des kleinen Mannes!

by Daniel

Kante ist wieder da: Nach monatelangem Online-Zölibat meldet sich der Mann, der so aussieht wie er heißt zurück: Kante Kowalskyie beschreibt in seiner neuen Kolumne, anhand des eigenen Beispiels, Hobbyfahrer, die denken es wäre eine schlaue Idee, sich im Trainingslager auf Mallorca mit dem Guide zu messen. Das Ganze wie immer mit einem zwinkernden Auge. Moment mal: Ist es noch ein Zwinkern oder schon ein Tick?

kante-kolumne-800Von Kante Kowalskyie

„26B, was ist das für eine Nummer? Eine Startnummer vom letzte Rennen?“ Jeder normale Mensch würde eine einfache und vernünftige Antwort geben. Aber nicht Kante. Nein. Für Kante ist das die Gelegenheit mal wieder einen Fremden auszutesten und vielleicht an seine Grenzen zu bringen. Aber der Reihe nach.

Tatort: Hürzeler-Ausfahrt auf Mallorca

Ich bin mal wieder auf Mallorca, wie jeden Frühling. Diesmal leider alleine. Will mal wieder keiner mit mir fahren. Egal. Suche ich mir halt neue „Freunde“ beim Hürzeler in der Truppe. Die müssen mich mögen – ist ja schließlich ihr Job. Beim Hürzeler treffen sich wie jedes Jahr im Frühjahr die ganzen überambitionierten Trainingsweltmeister bei den Ausfahrten zum Leistungsvergleich in der „Loserklasse“. Ich gehöre da dieses Mal wohl auch dazu. Wird schon werden denke ich mir, bin ja schließlich ein Sympathieträger vor dem Herrn. Also schön im Hotel bei der Radstation an der „Playa de Materialschlacht“ ein Ticket gelöst, rein in den Shop und am Orgaboard die Uhrzeit gecheckt, kurz noch die potentielle Konkurrenz beäugt und dann ab ins Hotel: Ausruhen und „aufcarben“ für den nächsten Tag – ich will ja gewinnen. Es geht ja schließlich immer um alles. Aber in Wirklichkeit um Nichts.

Der nächste Tag: Krieg! Ich bin bereit. Gut gepennt, gut gefrühstückt, das Bike (natürlich mein eigenes mitgebracht) im tipptopp Zustand, und ab zum Treffpunkt. Ich bin viel zu früh dran, aber dennoch nicht der Erste, da sehe ich schon die ersten 20.000€ in der Sonne neben den rasierten Haxn glänzen. Sind bestimmt schon ne Stunde da und nerden sich über den heißesten Scheiß auf dem Rennradmarkt tot. Leck mich, hab ich da Bock drauf. „Moin“, mehr hau ich nicht raus. Der Tag ist ja noch jung. Warten wir mal ab. Habe demonstrativ Kopfhörer drin.

Beuteschema: Guide

Da kommt auch schon der Guide: Der Guide – eine ganz spezielle Spezies unter den Rennradfahrern. Meistens sehr nett (muss ja, sonst nix lange Job behalten), gut in Form (zumindest am Anfang der Saison, dann permanent übertrainiert und kaputt) und natürlich Schweizer (zumindest beim Hürzeler). Kurzes Geplänkel, noch auf die anderen Superhelden gewartet und los geht es. Easy einrollen. Ich reihe mich hinten ein. Angesagt war die Nummer zwar als moderate Tour: 26-28er Schnitt bei 115 km mit 750 hm. Da kann man aber doch ein wenig Spaß haben, oder? Na klar.

Das schöne bei den Guides ist ja, dass sie auch „nur“ Radfahrer sind und dementsprechend auch eine gehörige Portion Egozentrik bei ihnen zuhause ist. Der Guide sieht meine Nummer am Helm: „26B, was ist das für eine Nummer? Eine Startnummer vom letzte Rennen?“ Nee, meine Blutgruppe du Dödel. Weiter gehts mit Schweizer Akzent: „Färscht du Rännän, oder? Ich war mal Profi in der Schwizz.“ Stark, denke ich mir – und jetzt musst hier auf Malle für Scheißkohle, bei jedem Wetter den Führer für mich und die Kuchentruppe hier machen. Mama und Papa sind bestimmt stolz auf Ihren Uri oder Urs oder wie auch immer du heißt.

Auf jeden Fall hatte ich nach dieser kurzen aber intensiven Unterhaltung den Entschluss gefasst, den Typen mal zu testen. Bin zwar weder mal Profi gewesen noch kann ich überhaupt irgendwas an Leistung auf dem Rennrad vorweisen, aber ich habe Eier – und wenn es sein muss, gehe ich dahin, wo es weh tut: Auch gerne bei mir selbst. Jetzt fahre ich vorne neben dem Guide. Hab mich unbemerkt an den anderen „Rennradrudis“ vorbeigemogelt. Ein seichtes Gespräch mit dem Uri/Urs und langsam das Tempo erhöhen. Läuft alles nach Plan. Die ersten Hintermänner werden unruhig. Sorry Freunde, wird langsam zum Sport die Nummer hier! Scheiße, oder?

Der Guide wird nicht müde, mir von seiner steilen aber sehr erfolglosen Karriere als Wasserträger von Fabian Cancellara zu referieren. Dann macht er einen RIESENFEHLER!! Er erzählt mir, dass er schon seit Januar auf der Insel ist und 6 mal die Woche im Schnitt fünf Stunden pro Tag in die Pedale tritt – die Helden in Spandex aus aller Herren Länder über die selbige scheucht. Ich bin auf einmal wie im Blutrausch: Schwäche! Ich kann sie riechen. Meine Chance. Der Typ ist fällig.

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Motivation? Übermotivation

Nächster Anstieg. Ich schau nach links. Der Typ schaut mich an, denkt sich wahrscheinlich: Bitte nicht schon wieder…, und los geht es: Attacke! Einige Zeit sind wir gleichauf, die Kuchenfresser hinter uns schauen doof aus der Wäsche, sind aber noch im Winterschlafmodus. Also nur wir zwei: Du und ich, denke ich – und da kommt es: Das Laktat! Bei ihm. Er wird langsamer. Da rächen sich nun die letzten Monate Maloche für den Schweizer Fahrradriesen. Ich sehe in sein Gesicht: Absolute Leere! Ich trete gefühlt eine Million Watt im Wiegetritt und bin an der Kuppe der Steigung angekommen. Völlig außer Atem aber stolz wie Otze. Das war mein persönliches Alp d`Huez, und ich fühle mich wie Pantani – nur mit Helm und Startnummer und ohne Kopftuch und so.

Ein wenig später – in meiner Wahrnehmung natürlich Stunden – kommt dann auch der Guide, total am Ende, mit hochrotem Kopf oben bei mir an. Er atmet schwer und faselt irgendwas von „zu spät geschalten“ oder so. Zu spät geschalten? Du hast es einfach nicht kapiert: Wir Pedalierhelden kommen doch nur auf die Insel, um so Jungs wie Dich kaputt zu fahren. Da fiebern wir den ganzen langen Spinningwinter mit DJ Torsten drauf hin. Du bist völlig leergekurbelt und ich voller Grundlage und guter Dinge. Klar geht das in die Hose, du „Ricolalutscher“.

Kleiner Tipp: Öfter mal das Ego zuhause lassen, dann wird man auch nicht von jedem Dödel mit ausgeblichener Startnummer am Helm in die Laktathölle geschickt.

Es geht doch nicht immer um alles!

Euer Kante

P.S.: Im Anschluss an diesen Artikel, hatte der Autor, nach einer zweiwöchigen Regenerationswoche -intensiv-, wieder elf Monate Zeit, sich mit vollem Trainingseifer auf seinen Saisonhöhepunkt vorzubereiten: Für genau diesen einen Moment auf Mallorca.

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