Du kennst mein kostenloses Interview-Sessions-Magazin noch nicht? Denjenigen unter Euch, die die erste Ausgabe verpasst haben, stelle ich in den nächsten Wochen die Highlights der Novemberausgabe vor. Anfangen möchte ich mit meinem Interview mit Othmar Peer – langjähriger Moderator des Ötztaler Radmarathons.
Othmar war seit der Erstausgabe bis inklusive letztes Jahr die Stimme des Ötztaler Radmarathons – der wohl prestigeträchtigste Radmarathon im Alpenraum. In einem sehr intensiven und offenen Interview sprachen wir über das Erfolgsrezept des Ötztalers, die Radmarathon-Szene in Österreich und natürlich wurde auch über fehlgeleitete Jedermänner diskutiert, die meinen, bei einem Hobbyrennen dopen zu müssen.
Hinweis: Das komplette Interview kannst du gratis in meinem Interview-Sessions-Magazin lesen.
Othmar, was macht für Dich die Faszination Radsport aus?
Die Faszination Radsport ist schwer zu erklären. Man kommt mit dem Rad in Regionen, in die man zu Fuß eben nicht hinkommt – ein großer Reiz.
Der Radsport ist trotz aller negativen Facetten weiterhin faszinierend für mich. Da bin ich schon oft mit Scheuklappen unterwegs – ich blende auch mal alles Negative um mich herum aus, was Du Daniel ja eigentlich nicht machst. Du bist ja schon ein kritischerer Zeitgeist. (schmunzelt)
Findest Du?
Ja, klar. Ich verfolge ja, was Du schreibst. Das gefällt mir.
Man sollte meines Erachtens aber schon kritisch sein und vor allem bleiben.
Du verurteilst schon eher pauschal, was aber auch richtig ist bei den aktuellen Entwicklungen.
Das Thema Doping ist sowieso sehr schwer zu begreifen. Im Profibereich könnte man es ja noch verstehen – da geht es um sehr viel Geld. Wenn Du als Athlet Deine Leistung nicht bringst, dann bist Du raus und musst oftmals zurück ins Nichts. Ich unterstütze es natürlich nicht, kann aber verstehen, wenn der eine oder andere nachhilft, weil seine Existenz eben gefährdet ist. Aber bei Jedermann-Radmarathons, wo es um wirklich nichts geht, kann das ich natürlich nicht verstehen.
Das bringt mich zur Frage: Worum geht’s denn bei den Radmarathons? Der eine oder andere nutzt die Rennen ja sicherlich auch für Marketingzwecke.
Da hast Du vollkommen recht. Das Ganze ist einfach sehr unappetitlich und vor allem unfair. Ich will es auch oftmals gar nicht wahrhaben, dass es wirklich so „ausgeartet“ ist. Und kannst Du Dir auch vorstellen warum?
Nein, was meinst Du?
Ich bin daran leider mit schuld. Wie Du weißt, habe ich den Ötztaler Radmarathon mitgestaltet. Und am Anfang des Radmarathons habe ich das gemacht, was heute eher verpönt ist: Ich habe Profis für die Rennen verpflichtet.
Da wir das Rennen groß machen wollten, mussten wir bekannte Aushängeschilder verpflichten. Wir haben damals Sponsoren organisiert, wie z.B. das Casino in Seefeld, die uns Einiges an Geldern bereitgestellt haben. Mit diesem Geld haben wir dann bekannte Profis eingekauft – vor allem welche, die international bekannt waren.
Das kann ich nachvollziehen – große Namen ziehen natürlich immer.
Mit unseren lokalen Größen von damals, wäre es schwer gewesen, das Rennen international bekannt zu machen. Und sehr stark geholfen, hat uns damals natürlich auch das TOUR-Magazin – das muss ich schon sagen.
Inwiefern?
Bei der zweiten Auflage des Ötztaler Radmarathons war der damalige Chefredakteur da: Carlson Reinhard – er hat dann netterweise einen siebenseitigen Bericht über das Event geschrieben. Sieben Seiten!
Und von da an ist die Geschichte richtig steil gegangen – quasi ein Selbstläufer geworden. Die deutschen Teilnehmer haben uns vor allem nach vorne gebracht. Der Deutsche ist ja sowieso ein großer Fan der Berge. Der möchte nicht über so ein paar Hügel fahren – der will immer über die richtig großen Berge fahren – die Rennen müssen auch immer über 200 km sein. Sonst ist es für ihn kein Radmarathon. (lacht)
Da fühle ich mich tatsächlich angesprochen.
Zu Hause kann er dann stolz sagen, dass er das Timmelsjoch, den Jaufenpass oder zum Beispiel das Stilfser Joch geschafft hat. Und in dieser Zeit sind tatsächlich die Deutschen massenhaft zu uns gekommen. Und die Deutschen sind so wichtig!
Ich bin ja nicht nur beim Ötztaler dabei – ich moderiere ja noch andere Radevents hier in Österreich, wie den Kärnten Radmarathon, Neusiedlersee etc.
Die kommen leider alle nicht weiter, weil sie kaum Deutsche ansprechen. Und das ist jammerschade: Der Kärnten Radmarathon ist zum Beispiel einer der schönsten Radmarathons in ganz Österreich.
Landschaftlich ein absoluter Traum – er ist 106 km lang, Du fährst auf zwei 2.000 Meter hohe Berge, hast wunderschöne Straßen – mit das schönste, was ich kenne. Aber er wird leider nicht so angenommen wie gewünscht! Das Gleiche gilt für den Alpen-Adria-Radmarathon. Der hat 600-700 Teilnehmer. Auch die Dolomitenrundfahrt stagniert. Das sind Events mit maximal 1.000 Teilnehmern.
Gibt’s denn ein Event, das in Österreich ähnlich erfolgreich ist, wie der Ötztaler?
Ein ähnliches Wachstum wie der Ötztaler hatte auch der Dreiländergiro. Dieser ist 93 gestartet – der damalige Veranstalter hat das sehr clever gemacht: Er wollte gleich von Anfang an die richtigen Leute dabei haben – er hat zum Beispiel Helmut Maier geholt und mich auch. Ich habe ihm dann die Profis mitgebracht. Also ein super Setting. Zudem hatte er das Riesenglück auf seiner Runde das Stilfser Joch zu haben – und dieser Anstieg zieht die Fahrer magisch an!
Der Dreiländergiro hatte seit der ersten Auflage über 1.000 Teilnehmer. Und dem Organisator war von Anfang an sehr wichtig, nicht die gleichen Fehler wie wir beim Ötztaler zu machen – und damals war die Organisation beim Ötztaler zugegebenermaßen noch eher durchwachsen. Die Leute sind quasi verhungert bei den Labestationen – wir waren schlichtweg überfordert mit dieser explosionsartigen Entwicklung. Damals hat meine Frau sogar geholfen, das Essen aus den Hotels zu holen, um es zu den Labestationen zu bringen, damit die hinteren Fahrer noch etwas zu essen bekommen. Sehr dilettantisch damals. (schmunzelt)
Wie fällt Dein Fazit für die Rennrad-Saison 2015 im Jedermannbereich aus
Die großen Events sind weiterhin groß und die kleinen kämpfen nach wie vor ums Überleben. Wenn bei den Kleinen nicht die Tourismusverbände dahinter wären und die Events stützen würden, hätte schon längst einer der kleinen Veranstalter die Flinte ins Korn geschmissen.
Im Osten Österreichs gibt es das eine oder andere Event mit 300-400 Teilnehmern. Bei der Anzahl an Teilnehmern kann man einfach nichts verdienen. Man hat nahezu die gleiche Arbeit wie bei 2.000 Teilnehmern: Vorbereitung, Streckensperrung, Mitarbeiter – es ist ja der gleiche Job.
Und bei manch kleinen Events kommt dann auch noch Pech dazu – wie zum Beispiel beim Achensee-Radmarathon.
Die Veranstalter hatten tatsächlich immer Pech mit dem Wetter gehabt – der Termin birgt natürlich das eine oder andere Risiko. Ein gleiches Problem hat auch der Kärnten Radmarathon – dieser fand auch im Mai statt. Mittlerweile ist man aber auf Anfang Juli ausgewichen. An der Teilnehmerzahl hat sich jedoch nichts geändert. Die Leute sind dort permanent im Schnee gefahren. Der Veranstalter hat dann versucht, die Strecke anzupassen – es wurde quasi im Kreis gefahren, um nicht zu sehr in die Höhen zu kommen. Das Ganze hatte dann eher einen Radrennen-Charakter – weniger Radmarathon-Feeling.
Und das ist beim Achensee-Radmarathon ja noch komplizierter – hier kommt noch die restriktive Haltung der Bayern bei der der Streckenführung hinzu. Das ganze Rennen ist leider nur noch „Stückwerk“. Auch von der heimischen Behörde wird vorgegeben, dass man vom Start bis hinunter ins Inntal neutralisiert fahren muss – hier kann man die ersten 50 Kilometer schon vergessen. Zudem hat man „nur“ eine Rennstrecke vom Inntal bis nach Telfs, dann kommt die Steigung und der Fall ist erledigt. Wobei der Veranstalter mir mitgeteilt hat, dass es im kommenden Jahr eine durchaus runde Sache werden soll. Sonst hat das Rennen ja leider auch keine Überlebenschance – wer mag schon das Radl ewig neutralisiert fahren und danach durchs Karwendelgebirge spazieren fahren..
Das war ein Auszug des Interviews mit Othmar Peer – hier gelangst du zum kompletten Interview: