[Anzeige] Wie aus dem Nichts kommend, tauchte in den letzten vier Monaten der Kufsteinerland Radmarathon am Radsporthorizont auf. Ohne lang rumzumachen, hatten sich die Organisatoren kurzerhand dazu entschieden, auch ohne größere Bewerbung, den Radmarathon am zweiten Septemberwochenende an den Start zu bringen. Ich war einer von knapp 500 Teilnehmern und durfte bei der Premierenausgabe entsprechend mit dabei sein. Warum sich eine Reise nach Kufstein im September 2017 lohnt? Lest selbst…
„Wenn du kurz vorm Ziel attackierst Daniel, dann muss das „POOOW“ machen, und nicht „Pffff“!!“ Mein Trainingspartner und Ex-KT-Profi Jonas Leefmann gab mir vor ein paar Wochen den einen oder anderen Tipp im Rahmen einer der „brutalen“ Trainingssessions. „Hmm, hmm, hast Recht Jonas!“ Ich versuchte zwar irgendwie zuzuhören, war aber schon in Gedanken daheim über der Kloschüssel beim Übergeben. Ausfahrten mit Jonas tun weh, bringen einen aber weiter!
Am vergangenen Sonntag, gut fünf Kilometer vor dem Ziel (Strava Link), hatte ich Jonas „Pooow“ (Youtube Link; Sekunde 10) dann wieder im Kopf. Es waren die letzten Kilometer bei der Premiere des Kufsteinerland Radmarathons. Ein schöner wie harter Kurs. Und hier ist sie wieder: Eine dieser Gruppen von total kaputten Typen, die einfach nur noch froh sind, am Leben zu sein. Klingt nach einer abgehalfterten Rockband – in unserem Fall war es aber eine der typischen Zweckgemeinschaften innerhalb eines Radrennens. Jungs, die sich zusammentun, um möglichst kraftsparend ins Ziel zu kommen. Um möglichst irgendwie ins Ziel zu kommen!
Und einer von ihnen, das war ich. Gestatten Müller, Typ Diesel-Lok. Auf Zielsprints habe ich keinen Bock, lieber versuche ich ein paar km vor dem Ziel noch einmal den Gashebel aufzudrehen und die Party in Gang zu bringen.
So wie jetzt.
Es war bei weitem kein „Poow“, wahrscheinlich noch nicht mal ein laues Lüftchen. Es reichte aber, um acht Gesichter in schmerzverzerrte Fratzen zu verwandeln. Knapp 500 Watt zeigte mir das Stages Powermeter für ein paar Sekunden an. Nach knapp 130 km und 1.900 Höhenmetern bei einer ø Leistung von knapp 230 Watt tat diese Zahl allen weh. Mir inklusive.
Alle alle!
Einer der Jungs versuchte zwar nochmal, sich an mich „heranzurobben“, nach gefühlt einer Minute hartem Kampf musste er aber das Handtuch schmeißen und ließ sich wieder in die Gruppe zurückfallen. Sein Gesicht habe ich heute noch vor Augen – eine Art Skalp, das mich in den nächsten zwei Wochen bis zum King of the Lake weiter motivieren wird. Klingt böse, diejenigen unter Euch, die selbst Rennen fahren, wissen was ich meine.
Das Biest war bezwungen und ich schaffte es unter dem gesteckten Ziel von 4:00 Stunden ins Ziel nach Ebbs einzufahren. Wieder einer der Tage, an denen es einen unglaublichen Spaß gemacht hat, ein Radrennen zu fahren.
Wenige Minuten später kommen die Jungs von eben ins Ziel. Wir klatschen uns alle ab, müssen aber auch über unsere eigene Beklopptheit schmunzeln.
So muss das sein!
Perfektes Wochenende im Kufsteinerland
Auf Einladung des lokalen Tourismusverbandes reisten meine Frau und ich schon am Freitagnachmittag ins Kufsteinerland und durften ein Wochenende lang die Vorzüge dieser wunderbaren Region im Norden Tirols, etwa 30 km von Kitzbühel entfernt, genießen.
Noch nicht einmal 100 km südöstlich von München gelegen, ist man je nach Verkehrssituation auf der A8, in spätestens eineinhalb Stunden in einem wahren Paradies. Eine Landschaft, der sich keiner verschließen kann, der so wie ich auf viel Grün steht. Ab und zu gibt es auch mal etwas Grau. Das kommt aber nicht vom Beton der Hochhäuser aus der Stadt – das Grau hier ist das schöne Grau: das der Berge!
Tirolerisch traditionell wurde das Wochenende in geselliger Runde auf der Aschinger Alm eingeläutet. In etwa 1.000 Meter über Null durften wir aus der hauseigenen Käserei naschen, leckeren Wein schlabbern und auf die traumhafte Landschaft glotzen.
Zeit, du darfst genau jetzt stehen bleiben!
Leider ging auch mal wieder diese Zeit vorbei, am nächsten Tag wartete ein Novum für mich: meine erste Yoga-Stunde. Wie es sich für diese Region gehört, nicht in einem muffigen Studio – es ging am Samstagmorgen per Lift mitten rein ins Kaisergebirge auf erneut 1.000 Meter über Null. Die Yogapremiere fand also mitten in den Bergen statt.
Geht sicherlich schlechter im Leben.
Samstag: Yoga am Berg, Federspiel & Co.
Es geht aber auch sicherlich besser im Leben! Gut dreißig Minuten hatte ich es am Samstagmorgen ausgehalten, dann brannten mir die Beine, Knie, Rücken, einfach alles!
Ich war fix und alle!
Wie ein toter Fisch hing ich auf der Matte und versuchte verzweifelt die steifen Gliedmaßen zu indischen Fachbegriffen in der Gegend rumzumanövrieren. Wie die Deutsche Fußballnationalmannschaft im Tonstudio vor der WM 1990, wie ein Kühlschrankverkäufer am Nordpol – ich kam mir etwas fehl am Platze vor. Eigentlich sehr schade, ist doch Yoga eine sehr schöne Kombination, um Geist und Körper in Form zu bringen. Aber wer weiß, vielleicht nehme ich das ja später nochmal in Angriff.
Warum nach der Ausfahrt dehnen, wenn man doch direkt das Bier trinken kann?
Wie auch immer, mein Fokus galt der anstehenden Ausfahrt mit MTB-Weltmeister Daniel Federspiel (wurde 7. beim Ötzi 2016 mit 7:08 Stunden) Andi Traxl & Co: Es wurde ein Teil der Radmarathonstrecke besichtigt. Anschließend stand Kaffee und Kuchen auf dem Plan.
Entspannungsrunde zum Thiersee
Schnell war mir klar: Der Kufsteinerland Radmarathon ist für mich eine Nummer zu krass, um weiter vorne mitzufahren. Sei es das Teilnehmerfeld oder aber auch die Topographie. Zwar ist das Profil eher wellig, dafür sind die einzelnen Wellen aber etwas zu lang und steil. Bereits der erste Anstieg unserer Kaffeefahrt, gleichzeitig auch der erste Anstieg im Rennen, hatte gute 180 hm. Bei all dem, was da hintenraus noch kommt, eine weise Entscheidung am Sonntag mal schön piano zu machen.
Somit hatte sich die Kaffeefahrt auch schon gelohnt.
Die Ausfahrt selbst war eine sehr entspannte Angelegenheit, mein einziges Problem war, dass mir Coach Philipp Diegner für den Tag noch etwas „Anritzen“ verordnet hatte. Und eins ist klar: ich werde nicht wie so ein Vollhonk an Traxl, Federspiel und Co. da mit zwei Intervallen je eine Minute vorbeiziehen, während sie noch den Kuchen in den Mundwinkeln haben. Entsprechend ließ ich mich ein paar Mal zurückfallen, um hinter der Gruppe 2-3 Mal still und heimlich auszuflippen.
Das war mal kurz peinlich. Aber pssst, keinem sagen…
Renntipp für 2017: Kufsteinerland Radmarathon
Eine Zahl, die ich nicht müde werde hervorzuheben: Der Kufsteinerland Radmarathon fing um 9 Uhr an!!! Nein, nicht 6 Uhr morgens, auch nicht 7 Uhr – ganz entspannte 9 Uhr!!! Oder wie der Tiroler sagt: Richtig läääässig!
Eigentlich könnte ich den Artikel jetzt schon beenden, mir persönlich würde das ja fast schon reichen, um da nochmal teilzunehmen. Sofern das Rennen in 2017 wieder um 9 Uhr startet.
Diese Parameter machen das Rennen zusätzlich interessant:
Topographie
- Topographie auch für Fahrer geeignet, die etwas schwerer sind
- Ein ewiges Auf und Ab – keine Endlosberge, die man mit Normalgewicht nicht bezwingen könnte
- Die Rund um Köln und GFNY Deutschland Rennen lagen mir zwar etwas mehr, da die Anstiege nicht so lang waren, der Kufsteinerland Radmarathon ging für mich gerade noch so, um im vorderen Drittel einzulaufen
- Scharfrichter des Rennens ist sicherlich der biestige Anstieg nach Brandenberg
- 396 hm mit im Schnitt 10% (!!) gilt es über 3,8 km zu bezwingen
- Topfahrer Maximilian Kuen brauchte für diesen Anstieg 14:10 Minuten (ø 376 Watt, 162HF) – bei mir waren es schon 17:51 Minuten (ø 313 Watt, 179HF)
- Wenn dieser Halunke bezwungen ist, wird es wieder „ardenniger“ – drei Anstiege mit max. 150 hm am Stück warten auf Euch
- Da das Rennen vorab recht hart gefahren wird, tun diese „Buckel“ aber verdammt weh!
Landschaft/Region
- Wie die meisten Rennen in Österreich: Ein einziges Gedicht!! Landschaftlich einfach nicht zu toppen für all diejenigen, die auf Berge, Seen und Flüsse stehen. Also fast alle!
- Start/Zielort ist Ebbs, knapp 8 km von Kufstein entfernt
- Das Rennen ist vor allem für alle Süddeutschen geeignet, ist Kufstein doch der grenznahste Ort, wenn man per A8 in den Süden fährt
Organisation
- Sehr familiäre Veranstaltung, was auch hoffentlich im nächsten Jahr (Termin: 10.9.2017) so bleibt, wenn dann deutlich mehr Teilnehmer an den Start gehen werden
- Zwei Runden (132 km, 63 km) bieten ambitionierten und Genussfahrern jeweils eine Option – die beiden Gruppen fuhren nacheinander; dadurch kein Chaos!!
- Wer kann, sollte sich im Postwirt Hotel einquartieren: Start/Ziel findet direkt am Hotel statt. Somit kein Stress bei der Anfahrt
- Obacht: Der Radmarathon findet wie die meisten Radmarathons in Österreich auf nicht abgesperrten Straßen statt. Wir hatten in unseren Gruppen jetzt keinen Stress mit Autos – Augen auf empfiehlt sich aber in jedem Fall
- Kritische Kreuzungen wurden für die Fahrer hervorragend gesperrt
Rennanalyse Kufsteinerland Radmarathon
(von Philipp Diegner)
Diesmal keine gezielte Vorbereitung auf den Wettkampf, da der Kufsteinerland Radmarathon relativ spontan in den Kalender aufgenommen wurde. Dennoch zeigte Daniel eine starke Leistung, Rang 7 in seiner Altersklasse und Gesamt um die Top-30. Die steilen Anstiege bereiteten ihm keine großen Probleme. Selbst die brutale 3.8 km lange, 9,5% steile Rampe zum Brandenberg erklomm er mit 313W in unter 18min.
Positives Fazit: Aus dem Kufsteinerland Radmarathon lässt sich mitnehmen, dass Daniel ein Fitnessniveau erreicht hat, bei dem er solche Rennen ohne große Vorbereitung angehen und dennoch eine sehr solide Leistung abliefern kann. Auch seine Toleranz für lange, intensive Belastungen hat sich weiter gesteigert. So konnte er diesmal trotz größerem Intensitätsfaktor (ca. 0.83) als noch beim GNFY auf den letzten 5 km attackieren und seiner Gruppe mit über 300W und 42.5km/h davoneilen.
Die wiederholten Intervalltrainings mit langen Belastungen um die Schwelle haben seine muskuläre Ausdauer in neue Dimensionen gehoben. Die Gefahr, in harten Rennen/Einheiten zu „explodieren“ wie bei Rund um Köln, konnten wir in den letzten 2-3 Monaten minimieren.
Ausblick: King of the Lake
Für die heiße Phase vor dem King of the Lake liegt der Fokus nun vollständig auf der 45-60-min.-Leistung, um Daniel perfekt auf die Anforderungen des Zeitfahrens vorzubereiten.