Dokumentationen über Lance Armstrong und weitere Fahrer der „dunklen Doping Generation“ aus den 90ern und Nullern sind rar. Nach wie vor halten sich viele Protagonisten der damaligen Zeit an das ungeschriebene Gesetz der Omertà: Das Schweigegelübde im Radsport.
Anfang Juli erschien im WDR aber eine Dokumentation von Alex Holmes, die das „System Lance Armstrong“detailliert aufzeigt: „Ausgebremst – Die Lance Armstrong Story“. Ob ehemalige Teamgefährten und deren Ehefrauen, Manager von großen Firmen, Ärzte oder ehemalige Tour de France Gewinner wie Greg LeMond – Lance Armstrong hatte zu jeder Zeit alles unter Kontrolle. Wer aus der Reihe tanzte, wurde kompromisslos „ausradiert“.
Wie viele Millionen andere auf der Welt war ich in den 90ern und bis Mitte der Nuller ein großer Fan von Lance Armstrong – der „Hollywood Story“ vom fast toten Krebspatienten hin zum 7-fachen Gewinner der Tour de France konnte sich keiner entziehen. Entsprechend hatte ich auch sein Anfang des Jahrtausends erschienenes Buch „Tour des Lebens“ förmlich verschlungen. Herrlich, was man alles mit reiner Willenskraft und hartem Training schaffen kann – wer daran zweifelte wurde in aller Öffentlichkeit an den Pranger gestellt, mit Teer übergossen und mit Federn beworfen (siehe öffentliche Vernichtung von Paul Kimmage bei der California Tour 2009).
Alex Holmes hatte nun offenbar genug packendes Material zusammen und zeichnet in der gut 97-minütigen Dokumentation ein düsteres Bild der ehemaligen Radsport Ikone auf.
Die „Highlights“ der Lance Armstrong Doku in der Übersicht:
- Lance Armstrong gewinnt seine ersten Rennen und Etappen mit Anfang 20 – die gegnerischen Fahrer sind teilweise „geschmiert“ und verlieren absichtlich
- Wie Armstrong plötzlich keine Chancen mehr gegen Indurain und weitere Spanier hatte (welche offensichtlich gedopt hatten)
- Lance Armstrong sucht den Kontakt zu Dr. Ferrari auf – der Beginn des EPO Dopings
- Die furchtbare Krebszeit – eine Folge des Dopings?
- Der Neuanfang mit dem US Postal Team
- Wie das Team dann gedopt hatte – zuerst via EPO im Tourbus, dann mittels Bluttransfusionen
- Lance Armstrongs PR-Maschinerie, um seine vermeintliche Unschuld zu versichern
- Seinen Krieg gegen Greg LeMond und wie er ihn „vernichtet“ hat für einige Jahre
- Wie er seine ehemaligen Teamkollegen fallen lässt. Der größte Fehler war die Verbannung von Floyd Landis
- Der Prozess gegen ihn und wie er versucht durch „Einschüchtern“ Zeugen zu „kaufen“
- Nachdem er von der UCI alle 7 Tour de France Titel aberkannt bekommt, lassen ihn seine Sponsoren fallen wie z.B: Nike, Giro, Trek, Anheuser-Busch…
https://www.youtube.com/watch?v=h9f8MtOrMxc
(Das Video ist nur in Englisch verfügbar, die dt. Version wurde bei Youtube entfernt)
Update: Leider wurde das Video zwischenzeitlich wieder von Youtube entfernt! Ich empfehle aus aktuellem Anlass meine Rezension zum Film „The Program“ hier anzuschauen!!
Fazit:
Absolut sehenswerte Dokumentation, welche vor allem durch die glaubwürdigen Zeugen besticht. Die 97 Minuten zeigen auf schockierende Weise, wie Lance Armstrong ohne Rücksicht auf Verluste sein „System“ durchdrückt – Menschen und deren Schicksale scheinen ihm egal zu sein. Empfindet der Mann irgendein Ehrgefühl? Wenn man sich vor Augen hält, dass er jüngst an einer Charity Veranstaltung im Rahmen der Tour de France 2015 teilgenommen hat, ist die Antwort darauf: Eher nein.
Was mich ebenfalls konsterniert ist das zweifelhafte Verhalten vieler Sponsoren und der Offiziellen. Lance Armstrong war einfach zu gut für das Rennradgeschäft – so lange es keinen zu großen „Aufriss“ gab, hat man schützend die Hand über ihn gehalten.
Was ist Eure Meinung zu dem Thema? Ich freue mich auf Eure Feedbacks in den Kommentaren unten.