Wir kennen ihn alle aus dem TV und den diversesten Publikationen: Prof. Dr. Ingo Froböse – der Experte in Deutschland rund um die Themen: Sport, Training und Ernährung. Seine offiziellen Titel an der Deutschen Sporthochschule in Köln sind Leiter des „Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung“ sowie Leiter des „Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation“.
Dass Hr. Froböse in den 80ern selber ein Top-Sportler (deutscher Vizemeister im 100 Meter Sprint) war, wissen zwar die wenigsten heute noch, seine persönliche Bestzeit über 100 m von 10,1 Sekunden (handgestoppt) kann sich aber ohne Frage sehen lassen.
Hr. Froböse ist mir selber immer wieder beim ARD-Frühstücksfernsehen aufgefallen, wo er der deutschen Allgemeinheit zur frühen Stunde in allerbester Laune und hochkompetent Tipps zum effizienten Training und der richtigen Ernährung gibt.
Der weiß wovon er spricht! Mit ihm würde ich doch sehr gerne mal ein Interview für meinen Rennrad-Blog führen, dachte ich mir ganz nonchalant – da können wir schließlich alle noch was lernen ;-)
Ich freue mich sehr, dass Hr. Froböse meiner Anfrage spontan zugestimmt hat und mir für ein paar Fragen zur Verfügung steht.
Speed-Ville.de: Hallo Hr. Froböse – vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Sie waren früher selber Leistungssportler. Wie viel Sport machen Sie eigentlich heute noch selber? Wie halten Sie sich fit?
Der Sport ist und bleibt mein ständiger Begleiter. Ich trainiere regelmäßig an 5-6 Tagen der Woche. Im Alltag besteht mein Training aus einer einstündigen Joggingeinheit an 4-5 Tagen der Woche und ich mache fast täglich Gymnastik. Im Urlaub bin ich vorzugsweise mit dem Rennrad oder MTB in den Bergen unterwegs.
Speed-Ville.de: Die Leser meines Rennrad-Blogs sind zum größten Teil Hobbysportler. Menschen, die neben Beruf und Familie, im Jahr Tausende von Kilometern Rennradfahren und somit wahnsinnig viel Zeit investieren. Um auf dem effizientesten Weg optimale Performance zu erreichen: wie viel Training empfehlen Sie pro Woche um maximale Ausdauer zu trainieren? In welchen Umfängen?
4-5 Einheiten pro Woche auf dem Rad sollten es schon sein bei einer Dauer von mindestens 2 Stunden pro Trainingseinheit. Eine Einheit pro Woche sollte dabei sogar über etwa 4 Stunden gehen. Ebenfalls ein sehr wichtiges, aber häufig vernachlässigtes Trainingselement ist die Muskelkräftigung. So sollten an 2-3 Tagen der Woche zusätzlich Kräftigungsübungen (Ganzkörper) durchgeführt werden um dem Körper mehr Leistung zu verpassen und aber auch um die passiven Strukturen, wie Gelenke, Knorpel und Knochen zu stabilisieren und zu entlasten.
Speed-Ville.de: Im September 2014 veröffentlichten Sie Ihr Buch: „Das Muskel-Workout: Über 100 hocheffiziente Übungen ohne Geräte“. Was war Ihre Motivation, dieses Buch zu schreiben? Trainieren die meisten mit Fremdgewichten etwa falsch oder ist Training mit dem eigenen Körpergewicht gar effizienter?
Gewichtstraining ist besonders geeignet für Anfänger um erste kontrollierte Reize zu setzen und für Fortgeschrittene, wenn sie spezielle Muskeln trainieren wollen.
Training ohne Geräte ist besonders für Fortgeschrittene, die ihren Körper kennen und ohne viel Aufwand Effekte erzielen wollen.
Speed-Ville.de: Gibt es Übungen aus dem Buch, welche man als Rennrad-Hobbysportler auch im Alltag, wie z.B. im Büro machen kann? Übungen zur Stabilisierung der Rumpfmuskulatur im Büro. Geht das?
Wenn Sie im Büro ein Stück freie Fläche neben dem Schreibtisch haben, auf der Sie in Liege- oder Seitstützposition gehen können, dann sind nahezu alle Übungen des Buches zur Rumpfstabilisation dort durchzuführen. Denn das beste Trainingsgerät der Welt bringen Sie automatisch jeden Tag aufs neue mit ins Büro – ihren eigenen Körper. Sie müssen es nur noch nutzen. Es ist sogar sehr zu empfehlen, so oft wie möglich ein paar bewegte Pausen in den Arbeitsalltag im Büro einzubauen. Denn langes Sitzen lässt den Stoffwechsel einschlafen und ist für sämtliche Strukturen des Körpers schädlich. Also lassen Sie sich nicht lumpen und legen Sie los. Vielleicht können Sie ja den ein oder anderen Kollegen mit begeistern. Gut geeignet ist zum Beispiel der seitliche Unterarmstütz: Gehen Sie dazu in die Seitlage mit gestreckten Beinen und stützen Sie sich mit der Hand bei fast gestrecktem Arm auf den Boden ab, der obere Arm stützt in der Taille. Heben Sie nun die Hüfte und strecken Sie die beiden Beine so, dass ihr gesamter Körper eine Linie bildet wie ein Brett. Grätschen Sie nun das obere Bein ab und halten Sie diese Position für etwa 30 Sekunden. Wechseln Sie im Anschluss die Seite.
Eine andere gute Übung ist das Wechselbrett. Gehen Sie dazu in die Liegestützposition und beugen Sie die Ellbogen leicht an. Nun gehen Sie in den Unterarmstütz und im Anschluss wieder in die klassische Liegestützposition zurück. Versuchen Sie einen fließenden Wechsel der Positionen zu erreichen und führen Sie die Übung so lange durch, bis Sie ein deutliches Brennen in der Muskulatur spüren.
Speed-Ville.de: Können Sie Training mit einem „Schlingensystem“ empfehlen? Oder was sind Ihre Empfehlungen bzgl. Equipment, um die Übungen mit Eigengewicht durchzuführen?
Sling Training ist hocheffektiv, aber meiner Meinung nach recht schwierig für Anfänger umzusetzen, da eine sehr große Körperspannung Voraussetzung für das Training ist. Wird die Körpermitte während den Übungen nicht ausreichend stabilisiert, kann das Training am Slingtrainer sogar eher schädlich als nützlich sein und die Gelenke stark belasten. Ich persönlich bin ein großer Fan vom Gymstick und vom Training auf der Matte.
Speed-Ville.de: Bleiben wir beim Rennradfahrer: Was sind die typischen Muster des „falschen Trainings“ der Rennradfahrer, welche Sie in der Praxis beobachten konnten? Sind die meisten obenrum bzw. am Rumpf „untertrainiert“, dafür aber Hauptsache dicke Oberschenkel?
Das lässt sich leider wirklich immer häufiger beobachten. Der Hype um immer weniger Körpergewicht gefällt mir gar nicht. Die Ausdauer sollte beim Rennradfahrer zwar im Mittelpunkt stehen, aber ohne Muskeln und Stabilisation können die PS nicht auf die Straße gebracht werden! Außerdem sollten wir auch an unsere Gesundheit denken. Ohne schützende und stabilisierende Muskulatur kann das Training zur hohen Belastung für Gelenke und Knorpel werden. Gerade die gebeugte und nach vorn geneigte Haltung auf dem Rennrad ist alles andere als rückenschonend. Wer dann die Muskulatur in der oberen Extremität vernachlässigt, wird bald mit anderen Problemen zu kämpfen haben. Ein Ausgleichstraining ist also von zentraler Bedeutung!
Speed-Ville.de: Viele von uns Rennrad-Hobbyfahrern trainieren jetzt gezielt auf die ersten Radmarathons hin. Der Winter neigt sich dem Ende entgegen, die Motivation steigt wieder. Um einem „Übertraining“ vorzubeugen – wie kann ich denn erkennen, dass ich Gefahr laufe „überzutrainieren“?
Der zuverlässigste Parameter ist hier der Puls: liegt der Ruhepuls morgens 4-6 Schläge höher als der normale Wert, dann sollten Sie ihr Training dringend etwas „herunterfahren“. Gönnen Sie Ihrem Körper die Regenerationszeit, die er braucht. Das bedeutet, dass nach einem aeroben Ausdauertraining etwa 24-36 h bis zur nächsten Trainingseinheit gewartet werden sollte, denn nur dann kann eine vollständige Regeneration stattgefunden haben. 2 Ausdauereinheiten am Tag sind also deutlich zu viel.
Speed-Ville.de: Im April/Mai starten die ersten Radmarathons der Saison 2015. Die Karnevalszeit mit all den Verlockungen ist passé. Wie holen wir in den nächsten 4-8 Wochen noch das Maximum an Fitness und Fettabbau raus? Können Sie uns ein „Programm“ empfehlen?
Das hochintensive Intervalltraining (HIT) ist gerade in den letzten vier Wochen vor dem Wettkampf ideal geeignet um die Leistungsfähigkeit noch einmal zu „pushen“. Denn bei diesem anspruchsvollen Training werden die Energiedepots des Körpers völlig ausgeschöpft. Je öfter er mehr Energie verbraucht, desto größer wird auch seine Fähigkeit Energie zu speichern. Das ist gerade im Wettkampf ein großer Vorteil und wird Ihnen die nötige Härte für den Wettkampf bieten. Die letzten sieben Tage vor dem Wettkampf sollten Sie allerdings pausieren um die Energiedepots nicht gänzlich zu leeren.
Speed-Ville.de: Wie man zu welcher Zeit der Saison grundsätzlich trainieren soll, ist den meisten klar, was ich so mitbekomme. Wie man sich aber vernünftig ernährt in den Regenerationsphasen bzw. an Tagen von intensivem Training wissen meines Erachtens die wenigsten. Mich eingeschlossen. Können Sie uns pauschal ein paar Tipps geben?
Besonders wichtig ist es in regelmäßigen Abständen zu essen und das nach einem biorhythmischen Schema. Das bedeutet dem Körper zu jeder Tageszeit die Nährstoffe zu bieten, die er gerade benötigt. Morgens sind das vor allem Kohlehydrate, um den Tag über mit ausreichend Energie versorgt zu sein; Mittags sollte man sich vitalstoff- und vitaminreich ernähren, also ist hier ein bunter Mix aus allem gefragt und abends sollten wir unserem Körper genügend Baustoffe für die Regeneration in der Nacht liefern- also viel Eiweiß. Das gilt auch immer für die Zeit direkt nach dem Training. Innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Trainingseinheit sollten Sie Ihrem Körper genügend Eiweiß liefern.
Vielen Dank Hr. Froböse für das sehr informative Interview. Da sind einige sehr gute Tipps für uns Jedermann-Fahrer dabei. Ich wünsche Ihnen in 2015 weiterhin alles Gute.
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