Tops 2016: Gerne wieder in 2017…
1) Die „RennRad-Alpentour“. Vor zwei Jahren waren ein Freund, wir kennen uns aus dem Radverein und waren im selben Bundesligateam, und ich zum ersten Mal zusammen in den Alpen unterwegs. Wir wollten so viele Pässe wie möglich fahren. Später habe ich daraus eine Reportage gemacht. Damals waren es drei Tage auf dem Rad, im Jahr danach fünf, in diesem Jahr neun. Rucksack auf, losfahren, von München nach München, über das Tannheimer Tal, Nauders, die Südtiroler Weinstraße, Cortina, durch die Dolomiten, übers Timmelsjoch zurück.
2) Die Entwicklung des Radsports in Deutschland: Der Superstar schlechthin fährt 2017 für ein deutsches Team, Peter Sagan. Es gibt mit Bora-Hansgrohe und Katusha-Alpecin potenzielle Arbeitgeber für deutsche Talente. Die Tour de France wird in Düsseldorf gestartet, die Deutschlandtour wird wiederbelebt, bei der WM lag Deutschland im Medaillenspiegel vorne. Mit Schachmann, Ackermann, Mathis kommt die nächste Generation nach oben. Kämna, Herklotz, Walscheid sind es schon. Das alles ist viel positiver als man es vor ein paar Jahren noch für möglich gehalten hätte. Dass die Bayernrundfahrt aber noch einmal ausfallen wird, ist traurig.
3) Events wie der Maratona dles Dolomites: Perfekt organisiert, eine wunderschöne Strecke, eine bombastische Atmosphäre, im Ziel Pasta al dente, Radsport wie er sein soll. Und – ich bin so frech und besetze dieses Drittens doppelt und mache gleichzeitig dreist Werbung: Wir haben die neue gratis RennRad-App für Smartphones und Tablets auf den Markt gebracht. Es war sehr viel Arbeit – aber sie hat sich gelohnt.
Flops 2016: Bitte nicht nochmal in 2017…
1) Einige Entwicklungen in Politik und Gesellschaft. Klar ist, dass der Radverkehr gefördert werden muss. Aus Umweltschutz-, städtischen Verkehrsinfarkt- und finanziellen Gründen. Es wird generell viel verkündet – aber viel zu wenig gemacht. Das fängt bei dem unglaublich geringen Stellenwert des Schulsports an, geht über die geringe und bürokratische Sportförderung bis zur Radinfrastruktur, die in den meisten Regionen immer noch Lichtjahre von der in Städten wie Kopenhagen entfernt ist. Und dann gibt es da noch Urteile wie das, bei dem zwei junge Männer, die ein Autorennen gegeneinander gefahren sind und dabei eine Radfahrerin getötet haben, zu Bewährungsstrafen und Sozialstunden verurteilt wurden. So etwas kann ich nicht verstehen.
Bitte schaut euch doch einmal Bernds Trainingspensum auf Strava an – und Talent. Allein die maximale Sauerstoffaufnahme ist zu rund 50 Prozent genetisch bedingt.
2) Bernd Hornetz hat in diesem Jahr den Ötztaler Radmarathon gewonnen. In neuer Rekordzeit. Bernd ist 48 Jahr alt und hat einen normalen Job. Was nach seinem Sieg passiert ist, wurde ja auch auf speed-ville.de thematisiert: Er wurde massiv angegriffen. So eine Leistung ist ohne Doping unmöglich – haben ihm viele Leute vorgeworfen. Das finde ich schade. Ja, auch bei Radmarathons und unter Hobbysportlern wird gedopt. Ja, es braucht mehr Dopingkontrollen. Nein, ich würde für niemanden die Hand ins Feuer legen. Aber: Ein Generalverdacht lässt langfristig die ganze Sportart erodieren. Man kann sich entscheiden, an was man als erstes denkt, wenn man außergewöhnliche Leistungen sieht: An Betrug oder an ein Zusammenspiel aus hartem, langjährigem Training – bitte schaut euch doch einmal Bernds Trainingspensum auf Strava an – und Talent. Allein die maximale Sauerstoffaufnahme ist zu rund 50 Prozent genetisch bedingt. Wenn ein Real-, Barca- oder Bayern-Spieler zehn Tage nach einer schweren Verletzung wieder auf dem Platz steht oder nach 60 Saisonspielen in der 120. Minute des Champions-League-Finales bei seinem 60. Zehn-Meter-Sprint noch genauso schnell ist wie bei seinem ersten, sagt niemand: Das geht nur mit Doping. Wobei klar ist, dass Doping im Spitzensport systemimmanent ist. Genauso wie die „Selbstoptimierung“ um jeden Preis zu den Auswüchsen einer Leistungsgesellschaft gehört. Ja, ich weiß, was Whataboutism ist.
3) Die Rad-WM in Katar. Ich war nicht dort, aber eine RennRad-Kollegin. Ich bin generell kein Fan flacher Kurse, wobei klar ist, dass es auch ab und zu WM-Strecken für die Sprinter braucht. Aber was nicht geht, weil es einfach Teil der Radkultur ist: Dass so ein wichtiger Event in einer Nicht-Atmosphäre stattfindet. Es gab keine WM-Stimmung, keine Fans, keine Anfeuerungen. Das ist schade für die Athleten – und für den ganzen Radsport. Das Profi-Rennen an sich war dann immerhin spannender als erwartet, auch wenn es für die deutschen Fahrer leider ohne Medaille endete.