Das war’s schon wieder. Schneller als uns lieb ist, neigt sich das Radsportjahr 2016 dem Ende entgegen. Und was bleibt am Ende hängen? Ich habe mit sechs Menschen aus der Welt des Radsports – vom Profi bis zum Jedermann – gesprochen, bei welchen Ereignissen wird ihnen warm ums Herz, und auf welche Dinge können sie ihn 2017 getrost verzichten? Und sieh mal einer an, ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Überschneidungen gibt…
Was für eine schöne Erinnerung: Die ersten Sonnenstrahlen im Februar auf Mallorca. Nach den kalten Wochen zuvor eine echte Wohltat. Ein bisschen Frühlingsgefühl, ein bisschen Vorfreude auf die kommende Saison. Deutlich heißer werden die Gedanken schon bei meiner Auffahrt zum Mt. Wilson im Hinterland von Los Angeles Anfang Juni. Gute 32 Grad und ich fahre mit der ollen Möhre diesen Wahnsinnsanstieg hoch. Ich muss mich kneifen. Zu schön, um wahr zu sein.
Auf den Boden der Tatsachen kam ich schneller zurück als mir lieb war, und zwar bei meinem grandiosen Flop von Rund um Köln. Zu viele Kilos und zu wenig trainiert. Ich musste leiden, und das vollkommen zurecht. Dieses Mal aber im Hinterland von Bensberg. Leiden musste vor allem auch mein französischer Kollege Laurent im Juli beim Privatjet-Flug von Barcelona in den kleinen Bergstaat zur Königsetappe der Tour de France. Der Ort, an dem Jan Ullrich 1997 Geschichte schrieb. Warm ums Sportlerherz wird mir wieder, wenn ich an die Rennen beim GFNY Deutschland, den Arlberg Giro oder den Kufsteiner Radmarathon denke – eine kleine Breakdance-Einlage macht mein wichtigster Muskel sogar beim Gedanken an den King of the Lake. Mein wahrscheinlich bester Auftritt auf einem Gefährt mit zwei Rädern. Toll, wenn all das Training funktioniert. Ein großes Dankeschön gebührt Philipp Diegner für die super Unterstützung in 2016.
Das war in aller Kürze mein Radsportjahr 2016. Bestimmt werde ich zu späterem Zeitpunkt noch einmal etwas detaillierter auf meine Tops & Flops in 2016 eingehen und einen Ausblick ins kommende Jahr wagen. Mich interessiert aber vor allem: Was hat EUCH in diesem Jahr bewegt? Was hat gefallen und was war einfach nur mies? Auf welche Dinge könnt ihr in 2017 verzichten?
Ich freue mich sehr, Euch diese illustre Runde vorzustellen – vom Profi über den Chefredakteur bis hin zum Jedermann –, sechs Personen, denen ich allesamt die selbe Frage gestellt habe:
Nenne mir deine 3 Tops & Flops 2016?
Mal gucken, was dabei rausgekommen ist…
"Bitte schaut euch doch einmal Bernds Trainingspensum auf Strava an. Allein die maximale Sauerstoffaufnahme ist zu rund 50 Prozent genetisch bedingt."
In seinen Tops & Flops 2016 spricht David Binnig u.a. über seine Lieblings-Alpentour, die sensationelle Verpflichtung von Peter Sagan für das Team BORA-hansgrohe – ein Meilenstein für den deutschen Radsport, den Maratona dles Dolomites, die kräftezehrenden Dopingdiskussion um Bernd Hornetz und die Rad-WM in Katar…
"Als mein Teamkollege Peter Sagan die Flandernrundfahrt gewann. Ein Teil von diesem historischen Erfolg zu sein, war einfach toll!"
Michael Gogl, Rennradprofi
In 2016 bleibt Michael Gogl vor allem die Vuelta a España in Erinnerung, bei der fast einen Etappensieg erringen konnte. Das Bierchen im Bus, nach Peter Sagans Sieg bei der Flandernrunfahrt, wird er ebenfalls in bester Erinnerung behalten – ganz im Gegensatz zur Slovenien-Rundfahrt, bei der so gut wie alles schief gegangen ist, was schief gehen konnte…
"Genervt hat mich das Theater um die Scheibenbremse am Rennrad. Ich denke nicht, dass eine seit Jahren am Rad bewährte Technologie pauschal vom Rennrad ferngehalten werden sollte."
Richtig klasse fand Moritz Pfeiffer u.a. die spannenden Rennverläufe beim Giro und der Vuelta. Die Genesungen von John Degenkolb und Trixi Worrack lassen auf den ein oder anderen deutschen Moment in 2017 hoffen. Regelrecht genervt hat den sympathischen Tübinger das nicht enden wollende Theater um die Scheibenbremsen. Was gar nicht ging, waren die zahlreichen Unfälle mit Begleitfahrzeugen…
"Ganz subjektiv erinnern mich die Vorgänge beim britischen Profiteam – und im britischen Radsportboom – schon seit langer Zeit an das, was wir in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit erlebt haben."
Tim Farin, freier Journalist aus Köln
(u.a. für TOUR, FAZ und velobiz.de)
In seinem Jahresrückblick schwärmt Tim Farin von der Radcross-WM in Zolder, ein absoluter Hingucker voller dramatischer Wendungen. Die letzten Tage des Giros, bestimmt durch die packenden Duelle in den westlichen Alpen, bleiben Farin ebenfalls in bester Erinnerung. Was ihn jedoch aktuell umtreibt, sind v.a. die aktuellen Entwicklungen um das Team Sky…
"Da kann doch tatsächlich der Vizepräsident eines deutschen Spitzenverbandes des Sports wiederholt fremdenfeindliche Postings auf seinem privaten Facebook-Account teilen, ohne dass es jemanden juckt!"
Claude Walter, Blogger Cyclingclaude.de
Um ein offenes Wort ist Claude nicht verlegen. Einer der Gründe, warum ich ihn für diesen Jahresrückblick angesprochen habe. So resümiert er eindrucksvoll über die Causa Streng – seines Zeichens Vizepräsident des BDR – ein tatsächlich skandalöser Fall, der sich da in den letzten Wochen ereignete. Das Geeiere um das Thema Scheibenbremsen lässt bei Claude ebenfalls den Kamm anschwellen. Ein Grinsen hingegen zauberte mal wieder die epische Vätternrundan auf sein Gesicht, und manchmal auch mein Blog, den er scheinbar sehr gerne liest…
"Spaßbefreite Fanatiker ohne Respekt und Rücksicht, die sich selbst und alles viel zu ernst nehmen. Das Leben entscheidet sich nicht an einem Renntag. Ein bisschen mehr Gelassenheit täte allen gut."
Thomas Plep, Guilty76
Dass Thomas als Guilty76-Member nicht nur abseits der Rennstrecke seinen Spaß haben kann, ist klar – schließlich prüft Präses Florian Jöckel seine Crew-Members auf notwendige Sozial- und Rock-’n‘-Roll-Verträglichkeit. Dass Thomas aber auch bei den Rennen richtig reintreten kann, zeigte er in 2016 mit seinen top Platzierungen u.a. beim Arlberg Giro, dem Ötzi oder auch beim RiderMan. Entsprechend zufrieden zeigt er sich mit seiner 2016er Saison. Was ihm aber gehörig auf die Nüsse geht, sind spaßbefreite Jedermänner, die fahren als gäbe es kein Morgen – und natürlich die sinnlosen Dopingfälle im Jedermannbereich…